Ratgeber

Ameisen-Alarm: So bringst du die lästigen Insekten weg

Ameisen scheint es dieses Jahr in vielen Haushalten besonders gut zu gefallen. Hier erfährst du von der Schädlingsexpertin Gabi Müller, was hilft.

Plötzlich sind sie da: Kleine schwarze Punkte, die über deinen Boden wuseln. Ameisen können ärgerlich sein. Nun stell dir vor, sie würden das ganze Jahr über bei dir rumkrabbeln. Und das 25 Jahre lang. Horror? Nicht für Gabi Müller, die schon ein Vierteljahrhundert für die Schädlingspräventionsfachstelle der Stadt Zürich arbeitet – seit 18 Jahren als Leiterin.

Die Biologin wird von Zürcherinnen und Zürchern mehr als 200 Mal im Jahr wegen Ameisen kontaktiert. Entweder telefonisch, vor Ort oder per Briefpost – wenn sie ihr Insekten zur Bestimmung schicken. «Ameisen sind nach Wespen die zweithäufigsten Insekten, mit denen wir zu tun haben», sagt Gabi Müller.

Gabi Müller ist von Schädlingen fasziniert.
Gabi Müller ist von Schädlingen fasziniert.
Quelle: Stadt Zürich
So sieht die Verteilung der gemeldeten Tiere bei der Schädlingsprävention der Stadt Zürich von 2020 bis 2022 aus. Zu «Sonstige» gehören harmlose Irrgäste aus dem Freien. Bei den Schädlingen stehen Wespen auf Platz 1 und Ameisen auf Platz 2.
So sieht die Verteilung der gemeldeten Tiere bei der Schädlingsprävention der Stadt Zürich von 2020 bis 2022 aus. Zu «Sonstige» gehören harmlose Irrgäste aus dem Freien. Bei den Schädlingen stehen Wespen auf Platz 1 und Ameisen auf Platz 2.
Quelle: Stadt Zürich

Das Problem: Ameisen zu vertreiben, ist nicht einfach. Jede Ameisenart reagiert auf andere Mittel. Und manchmal ändert sich der Geschmack auch innerhalb einer Kolonie. War ein Köder also gerade noch beliebt, kann er einen Monat später schon gemieden werden. Was also tun?

Schritt 1: Die Bestimmung

«Der wichtigste erste Schritt ist es, die Ameisen nach einheimisch oder exotisch zu unterscheiden», erklärt Gabi Müller. Das geht so:

So sehen einheimische Ameisen aus

Ameisen, die bei uns beheimatet sind, sind meist zweifarbig: dunkel, rotbraun, dunkel. Die häufigsten Arten in der Schweiz heissen Lasius niger, Lasius emarginatus und Lasius brunneus. Sie tauchen auf Balkonen und im Hausinnern oft schon im Frühling auf, wenn es draussen noch zu wenig Nahrung gibt. So sehen sie aus:

Die Lasius emarginatus erkennst du an ihrem zweifarbigen Körper.
Die Lasius emarginatus erkennst du an ihrem zweifarbigen Körper.
Quelle: Stadt Zürich

Daran erkennst du exotische Ameisen

Ameisen, die nicht bei uns heimisch sind, sind oft kleiner und einfarbig. Sie sind nicht nur von Frühling bis Spätsommer aktiv, sondern im Hausinnern das ganze Jahr über. Besondere Vorsicht ist bei kleineren, bernsteinfarbenen Tierchen gefragt. Es könnte sich um Pharaoameisen handeln, die ganze Häuserblocks befallen können. Sie sehen so aus:

Das Gewand der Pharaoameisen ist königlich bernsteinfarben bis gold.
Das Gewand der Pharaoameisen ist königlich bernsteinfarben bis gold.
Quelle: Stadt Zürich

Die beissende Tapinoma nigerrimum ist besonders invasiv. In Winterthur haben dieses Jahr mehrere Kolonien ein grosses Gebiet besiedelt und müssen bekämpft werden. Besonders perfide ist, dass diese Art ähnlich wie die heimischen Lasius niger aussehen:

Die Tapinoma nigerrimum breitet sich rasend schnell aus und beisst gerne einmal zu.
Die Tapinoma nigerrimum breitet sich rasend schnell aus und beisst gerne einmal zu.
Quelle: Stadt Zürich

Zugegeben: Die genaue Bestimmung kann als Laie schwer sein. Hegst du den Verdacht, dass du eine exotische Ameisenart hast, ist schnelles Handeln wichtig. «Am besten lässt man die Ameisen durch Schädlingsbekämpfungsfirmen oder Naturmuseen bestimmen. Wichtig: Es sollte jemand mit einer eidgenössischen Fachbewilligung für Schädlingsbekämpfung sein», erklärt Gabi Müller.

Hegst du den Verdacht, dass du eine exotische Ameisenart hast, ist schnelles Handeln wichtig.

In den meisten Fällen ist ein Schädlingsbekämpfer jedoch nicht sofort nötig. «Entdeckt man im Frühling einheimische Ameisen, sollte man erst einmal abwarten», so Gabi Müller. «Gibt es draussen wieder Futter, sind sie oft so schnell verschwunden, wie sie gekommen sind.»

Manchmal bleiben sie aber auch.

Schritt 2: Die Bekämpfung

Beliebte Hausmittel aus dem Internet – die Expertin rät ab

Haben sich einheimsiche Ameisen bei dir einquartiert, gibt es eine Vielzahl Möglichkeiten, sie zu vertreiben. Im Internet werden zum Beispiel folgende Hausmittel angepriesen:

  • Backpulver mit Puderzucker
  • Zimt
  • Getrocknete Minze
  • Brennesseljauche
  • Essig
  • Spiritus mit Putzmittel

Gabi Müller ist skeptisch, wenn es um Hausmittel geht. Das könne zwar in Einzelfällen funktionieren, am effektivsten seien jedoch chemische Mittel.

Diese Chemie hilft

Auch bei den chemischen Mitteln gegen Ameisen ist die Auswahl gross:

Was hilft nun am besten, was gar nicht?

«Stellen abzudichten, hilft selten. Oft kommen die Ameisen trotzdem durch oder suchen sich einen Ort daneben», erklärt Gabi Müller. «Auch Spray nützt nicht viel.» Der Grund: Du tötest damit nur einzelne Arbeiterinnen. Nicht aber die Königin im Nest, die weiter Nachwuchs produziert. Ameisen vor einem Köder anzusprayen, kann sogar kontraproduktiv sein. Denn die toten Ameisen schrecken ihre Artgenossen von der Falle ab. Und genau der Ameisenköder ist laut Gabi Müller die einfachste und beste Lösung.

Ameisenköder sind die einfachste und beste Lösung.
Gabi Müller, Biologin und Schädlingsbekämpferin

Welcher Köder am effektivsten nützt, lässt sich nicht so einfach sagen. «Die Geschmäcker der Ameisen sind sehr individuell. Es gibt kein Allheilmittel. Was hilft, muss man selbst herausfinden.»

So findest du den besten Köder

Am besten kaufst du Ameisenköder unterschiedlicher Marken. Platziere diese überall dort, wo sich besonders viele Insekten tummeln. Beobachte, in welche Köder sie hineinkrabbeln. Hat es nach ein paar Tagen mehr Ameisen, umso besser. Dann ist der Köder gefragt. Das heisst aber auch, dass er schnell leer sein kann. Beobachte also weiter, wie oft er besucht wird. Nimmt die Anzahl Ameisen ab, lohnt es sich, ihn zu ersetzen (oft nach circa 14 Tagen). Das Gute daran: Du weisst nun, auf welche Marke du setzen musst.

Am besten kaufst du Ameisenköder unterschiedlicher Marken. Beobachte, in welche Köder sie hineinkrabbeln.

Das «Wundermittel»

Noch effektiver als der passende Köder ist laut Gabi Müller Ködergel. Dieses verwenden aber nur professionelle Schädlingsbekämpfer. Zum Beispiel auch, wenn sie exotische Ameisen (siehe oben) bekämpfen. Von ihnen gibt es nicht nur eine, sondern zahlreiche Königinnen, wodurch sie sich viel stärker bis invasiv ausbreiten.

Schritt 3: Die Prävention

Besser, als Ameisen zu töten, ist natürlich, sie fernzuhalten. Auch hier gibt es kein Allheilmittel. Gabi Müller hat jedoch folgende Tipps:

  • Verschliesse zuckerhaltige Lebensmittel gut und wische Flecken auf Oberflächen weg.
  • Entferne Blattläuse auf deinen Pflanzen. Ameisen ernähren sich liebend gerne von deren Ausscheidungen (Honigtau). Manchmal halten sie die Läuse – wie wir Kühe – in Gruppen, melken sie und verteidigen sie gegen Fressfeinde.
  • Halte einen Abstand zwischen Pflanzen und Hausfassade frei. Am besten einen circa 50 Zentimeter breiten Kiesstreifen, den du regelmässig jätest. So erschwerst du den Ameisen das Hochklettern.
  • Beobachte geschützte Orte wie Zugänge zu Isolationen oder Stellen aus Holz. Dort siedeln sich die Insekten besonders gerne an.

Keine Einfuhr von Exoten

Ein besonderes Anliegen ist es Gabi Müller, keine exotischen Ameisenarten einzuschleppen. Deshalb rät sie, möglichst keine Topfpflanzen aus dem Ausland mitzunehmen. «In der Erde von einem Olivenbäumchen aus dem Italienurlaub können Insekten stecken. Ich wurde in der Nordostschweiz sogar einmal wegen Bodentermiten gerufen, die vermutlich via Pflanzenerde in die Schweiz kamen», sagt Gabi Müller.

Die Einfuhr von Termiten kann wortwörtlich zu einem noch grösseren Problem werden.
Die Einfuhr von Termiten kann wortwörtlich zu einem noch grösseren Problem werden.
Quelle: Shutterstock/Witsawat.S

Das Einschleppen fremder Arten sieht die Biologin – nebst der Klimaerwärmung – als weiteren Grund dafür, dass die Zürcher Schädlingsprävention in den vergangenen drei Jahren immer häufiger wegen Ameisen kontaktiert wird. 2023 waren es bereits 195 Male. Die 207 Kontaktierungen vom letzten Jahr könnten also bald überschritten sein.

Bei der Schädlingsprävention der Stadt Zürich hat sich die jährliche Nachfrage nach Ameisen teilweise verdoppelt.

Trotzdem freut sich Gabi Müller, dass sich der Ruf der Insekten im Allgemeinen verbessert hat. «Früher wollten die Leute Wespen einfach eliminieren. Heute fragen sie immer häufiger nach einer Umquartierung.»

Die Ameise, eine Alleskönnerin

Zu Recht: Insekten sind wahre Tausendsassas. Ameisen bilden Humus und lockern die Erde auf, sie verbreiten Samen von Wildpflanzen, sie fressen Schädlinge und sind selbst wertvolle Tiernahrung.

Wenn dich die Ameisen also mal wieder wahnsinnig machen, denke dran: Ohne ihr Gewusel könnte unsere Welt bald stillstehen.

Wie bekämpfst du Ameisen? Lass es mich in einem Kommentar wissen.


Weitere Informationen auf den Merkblättern der Zürcher Schädlingspräventionsstelle:

Titelfoto: Shutterstock/Roberto Piras

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Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.

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