Burg Novelmore von Playmobil im Test: viel Spielspass mit Plastik-Rittern
Burgen und Ritter kommen nie aus der Mode. Die Novelmore-Burg von Playmobil transportiert die Faszination des Mittelalters in die Kinderzimmer des 21. Jahrhunderts.
Wir testen im Duo. Ich darf meine zweite Kindheit dank Job und Vaterrolle ausleben. Meine siebenjährige Tochter beäugt den Vater skeptisch, als der das zu testende Objekt mit nach Hause bringt: «Papa, das ist doch für Buben...» Aber sie macht mit, respektiert sie doch die berufliche Herausforderung und lässt mich nicht hängen.
Das Set von Playmobil wurde mir als Muster zur Verfügung gestellt. Es hat sich bereits als hilfreich erwiesen beim Test eines Adventskalenders. Dessen Teile waren nämlich Erweiterungen des Burg-Sets.
Die «Grosse Burg der Artefaktritter», wie das Teil offiziell heisst, gehört zur Spielwelt «Novelmore». Ein kurzer Abriss der Story: Die Ritter von Novelmore sind die Guten. Auf der anderen Seite die Bösen, Rebellen, die sich Burnham Raiders nennen. Die Rivalen streiten um die magische Rüstung Invincibus, die ihren Träger unbesiegbar macht. Auf der Novelmore-Burg wohnen König John und sein kluger Sohn Prinz Arwynn. Der hat eine Freundin, Gwynn, Undercover-Ritterin, und einen Freund, Dario, eine Mischung aus Daniel Düsentrieb und mittelalterlichem Elon Musk.
Zu dieser Rahmenhandlung gibt’s von Playmobil eine eigene Website, auf der die Nachwuchs-Ritter kleine Games und eine fast zwölfminütige Zusammenfassung der Novelmore-Geschichte finden. Wer sind die Bösen? Wie sind die Charaktere der Hauptfiguren? Wie sehen Schlachten und Kämpfe bei Rittern aus, wenn sie von animierten Plastikfiguren geschlagen werden? Spoiler: unblutig, aber durchaus nicht gewaltfrei. Mehr Bewegtbild-Material bietet der Youtube-Kanal.
Tag 1: Viel Plastik in Plastiksäcken
Wir machen uns ohne Vorwissen an den Aufbau der Burg. Im Karton befindet sich ein Sammelsurium von losen grösseren Plastikteilen, die teils mit Gummibändern zusammengehalten werden. Dazu gibt es kleinere Teile in 16 Plastiksäcke verpackt – ohne Nummerierung und für mich erkennbare Logik. Was ist der Plan von Playmobil? Alles aufreissen und auf dem Fussboden verteilen? Wir entscheiden uns dagegen und wollen immer nur die Teile aus der Plastikgefangenschaft befreien, die wir gemäss Anleitung für den jeweiligen Bauschritt benötigen. Am ersten Tag kommen wir mit dieser Methode bis zur Nummer 10. Von 45. Damit steht die Grundkonstruktion mit ihren beiden Stockwerken. Teamwork sei Dank. Die Tochter ist frustriert, weil ihre Fingerkraft noch nicht reicht, die Scharniere in die Burgmauern zu drücken, die anschliessend die Türen oder Gitterfenster halten. Das übernimmt der Papa. Ihr Job: die Teile finden, die verbaut werden wollen.
Tag 2: Die Baustelle wird grösser
Wir zügeln in ein Zimmer, das jetzt nur noch dem Burgenbau gewidmet ist. So langsam wird es uns zu mühsam, alle Plastiksäcke aufs Neue nach den benötigten Bauteilen zu durchsuchen. Etwa die Hälfte haben wir inzwischen aufgerissen und den Inhalt ziemlich wahllos auf dem Fussboden verteilt. Mal sehen, ob dies den Baufortschritt beschleunigt. Aber hey, warum stressen? An der Habsburg im Aargau wurde auch um die 270 Jahre gebaut. Ganz so lange dürfen wir als Vater-Tochter-Gespann gemäss der ehepartnerlichen Bauaufsicht aber den Fussboden sicher nicht mit unserer neuen Grossbaustelle blockieren. Also widmen wir uns weiter dem Rohbau und statten langsam den Innenbereich aus. Ein Ziehbrunnen wird installiert. Eine Falltür begeistert die Siebenjährige. Der Mechanismus, ausgelöst von einem Hebel, wird ausgiebig getestet. Ein Plastikhund fällt wieder und wieder ins Verlies.
Wir sind etwa mit der Hälfte der Anleitung durch und beschliessen, Feierabend zu machen. Beim Abendessen muss ich Auskunft geben, ob die Ritter ihre Burgen früher eigentlich selbst gebaut haben, also die Steine geschleppt haben. Ich verneine, was Nachfragen auslöst. Kurz bevor wir das Lehnswesen durchdrungen haben, ist zum Glück Schlafenszeit.
Tag 3: Allzeit zur Abwehr bereit
Beginnend mit Bauschritt 29, hier starten wir den dritten Tag, wird die Burg zur waffenstarrenden Festung aufgemöbelt. Die Zugbrücke wird installiert – eine wirklich durchdachte Konstruktion aus Hebel und Zahnrädern übrigens. Eine Bogenschuss-Anlage kommt auf einen Turm, der gleichzeitig aus Löchern durch Drehung Steinkugeln auf Angreifer vor den Mauern abwirft. Gegner in vermeintlich sicherer Distanz können dank zweier Holzkatapulte mit Steingeschossen attackiert werden. Und ganz oben gibt es noch zwei Kanonen, die Geschosse abfeuern, die aus irgendeinem Grund blau sind. Vielleicht sollen das Wasserwerfer sein …
Nur mit Mühe kann ich Fräulein Tochter von ihren Zielübungen abbringen. Aber ich muss. Schliesslich wartet noch die Innenausstattung der Burg als Aufgabe. Wer will schon in kahlen Mauern hausen? Wir hauchen der Burg Leben ein. Dabei helfen allerlei Gegenstände – von der Wachskerze über einen Amboss und ein Fernrohr bis hin zu einem Tisch fürs Ritteressen.
Und dann wird endlich gespielt. Die Tochter liebt Rollenspiele dieser Art, ich füge mich. Die vier Figuren im Set werden gerecht aufgeteilt. Ich muss mit der Zweimanntruppe aus Erfinder Dario Da Vanci (kein Tippfehler!) und einem Ritter versuchen, in die Burg einzudringen und den Schatz zu erobern. Immerhin bekomme ich noch einen Hund als tierische Unterstützung bei dem schwierigen Unterfangen. Geschickt können wir den Pfeilen noch ausweichen. Doch am Ende bin ich hoffnungslos unterlegen. Meine Figuren verschwinden durch die Falltür im Kerker und werden vom König und seinem mächtigen Schwert zurückgedrängt. Spass macht’s trotzdem. Damit zum …
… Fazit
Bei Playmobil geht es nicht um die Freude beim Aufbauen. Das musste ich mir als alter Lego-Spieler erst wieder in Erinnerung rufen. Der Aufbau ist hier das Notwendige, um nachher Spielspass zu haben. Anderes als bei Lego, wo du mit Hingabe baust, aber die fertigen Sets dann ja eigentlich kaum mehr «bespielt» werden können. In einem modernen Einfamilienhaus, das ich kürzlich gebaut habe, war im Wohnzimmer nur Platz für eine Lego-Figur. Aber ich schweife ab.
Auch bei Playmobil muss gebaut werden. Der Aufbau ist ohne einen Erwachsenen vermutlich für die meisten Achtjährigen nicht zu schaffen. Um Zwischenböden mit den Mauerteilen zu verzahnen und dann zusammenzuklicken, braucht es zum einen Geschick und grosse Hände und zum anderen auch noch etwas Kraft. Da müssen Papa und Mama den kleinen Burgbaumeisterinnen und -meistern helfen. Die Altersempfehlung «4 bis 10 Jahre» gilt daher wohl fürs spätere Spielen, nicht für den Zusammenbau.
Sobald die Burg steht, bietet sie viel Platz für Verfolgungsjagden auf dem Holzsteg hinter den Mauern, über Leitern und Treppen oder um die Burg herum. Es gibt zudem viele kleine liebenswerte Details wie den angebissenen Pouletschenkel oder die Laborfläschchen und die Lupe für Dario, den Erfinder. Oder die Schatztruhe mit den vielen kleinen Goldmünzen. Empfehlung: Schatzkiste nach Möglichkeit aus allzu wilden Kampfhandlungen heraushalten. Springt der Deckel dabei auf, verteilen sich die Münzen weitläufig auf dem Areal um die Burg und müssen mühsam wieder zusammengesucht werden.
Die Burg ist aufgebaut etwa 80 Zentimeter lang, 50 Zentimeter breit und fast 60 Zentimeter hoch, mit Fahnen gemessen sogar noch mehr. Und dabei muss es nicht bleiben, denn Playmobil bietet diverse Erweiterungen. Damit erreichst du dann fast Dimensionen wie bei der grössten Burg Europas, der Burg zu Burghausen in Bayern.
Ich finde, dass die Novelmore-Burg eine gelungene Ritter-Umsetzung ist. Sehr sauber verarbeitet und mit Liebe zum Detail entworfen. Die 140 Franken oder wechselkursbedingt etwas weniger Euro sind ihr Geld wert. Die multimediale Anreicherung bräuchte ich nicht. Aber Playmobil wird wissen, dass sie für manche Eltern Screen-gewöhnter Kinder ein zusätzliches Kauf-Argument ist. Übrigens nicht nur für Buben. Meine Tochter findet nämlich jetzt, dass Ritter unbedingt etwas für Mädchen sind.
Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.