Dagsmejan-Gründer: «Anfangs wurden wir belächelt, heute wird versucht, uns zu kopieren»
Dagsmejan stellt Schlafbekleidung her, die den Schlafkomfort verbessert. Im Interview erklärt mir Co-Gründer Andreas Lenzhofer, warum er die Konkurrenz nicht fürchtet.
Ich treffe Andreas Lenzhofer im Büro von Dagsmejan in der Zürcher Fraumünsterstrasse. Fünfter Stock, ganz oben. Im gleichen Gebäude arbeiten Menschen, die aus Geld noch mehr Geld machen oder sich um den guten Ruf von Firmen und reichen Leuten kümmern. Bei Dagsmejan kümmern sie sich vor allem um eines: um guten Schlaf.
Die Büros der Firma sind gleichzeitig auch ein Showroom. In der Mitte des Raums steht ein Stehtisch, um diesen herum Hocker, und in dritter Reihe ein halbes Dutzend Kleiderständer mit den Pyjamas von Dagsmejan. Ich entdecke auch das Modell, das ich vor zwei Jahren testen durfte (hier der Testbericht).
Andreas, ich bin immer noch Fan von meinem Staycool-Pyjama. Er ist auch nach zwei Jahren noch mein Lieblingsteil.
Andreas: Danke, das freut mich natürlich riesig.
Wenn ich anderen von meiner Pyjama-Präferenz in Tropennächten erzähle, sind sie oft verwundert. Bei Hitze – und auch sonst – schlafen viele nackt. Ist das noch besser als ein Pyjama von Euch?
Da gibt es kein richtig und falsch. Der Pyjama ist für deinen Schlaf nur ein Faktor von vielen. Matratze, Decke, Bettbezug, Kissen, das Raumklima – all das ist wichtig, ob sich ein Mensch beim Schlafen wohlfühlt, letztendlich muss das ganze Schlafsystem für dich stimmig sein.
Reden wir über die Menschen, die nicht nackt schlafen. Für die macht Ihr Eure Schlafanzüge, oder?
Genau. Wir wollen die bequemste Schlafkleidung der Welt herstellen, Schlafbekleidung, die den Schlafkomfort verbessert.
Das wollen andere auch.
Klar, wir sind nicht die einzigen, die Pyjamas verkaufen. Aber wir unterscheiden uns doch ziemlich von den Mitbewerbern.
Inwiefern?
Wir sind auf dem Feld der Innovationen zuhause. Bei klassischen Herstellern besteht doch der grösste Teil der Neuheit darin, in einem Jahr Streifen und im nächsten Jahr vielleicht Blumenmuster auf Schlafanzüge zu drucken. Bei uns jedoch steht die Funktion im Zentrum und die Primärfunktion ist erstmals, dass die Schlafbekleidung uns helfen soll, besser zu schlafen. Darum arbeiten wir auch mit führenden Experten aus dem Bereich der Schlafforschung sowie Materialwissenschaften zusammen. Alle unsere Produkte werden nach wissenschaftlichen Kriterien getestet.
Dagsmejan-Kleidung ist dagegen eher zurückhaltend designt. Ich habe hier nur ein annähernd wildes Muster entdeckt.
Wir sind beim Design nordisch geprägt. Die Farben sind natürlich und zurückhaltend, Form und Funktion sollen in einem Stil von natürlicher Eleganz zusammenkommen und nicht vom Schlafen ablenken. Das passt gut zu unserem Grundsatz, dass wir ausschliesslich Naturmaterialien verwenden. Seit diesem Jahr bieten wir nun aber auch einige wildere Muster an, die Nachfrage ist gross.
Und wie produziert Ihr eure Produkte?
Wir haben den kompletten Herstellungsprozess in der eigenen Hand. Angefangen bei der Farm respektive den Plantagen, von denen wir die Fasern beziehen über das Stricken, Färben, Ausrüsten und Nähen – wir bestimmen jeden Schritt und alles ist nachverfolgbar. Nur so können wir Produkte herstellen, die wirklich unseren Anforderungen entsprechen und einen Unterschied zur Konkurrenz machen.
Mir fällt auf, dass andere Hersteller inzwischen zum Teil auch auf funktionelle Nachtwäsche setzen.
Ja, das sehen wir auch. Als wir neu gestartet sind, wurden wir in der Branche zuerst ignoriert und dann belächelt. Heute werden wir eher kopiert. Das ist doch ein schönes Kompliment.
Aber letztlich entsteht da doch auch wieder Konkurrenz.
Erstaunlicherweise haben viele der etablierten Anbieter erst durch uns verstanden, dass Schlafbekleidung auch helfen soll, besser zu schlafen und versuchen nun, auf diesen Zug aufzuspringen. Doch oft ist das nur eine Marketing-Geschichte, die wissenschafllichen Grundlagenarbeiten respektive. das rigorose Testen der Produkte fehlen in den meisten Fällen. Doch grundsätzlich stehen wir dieser Entwicklung positiv gegenüber – unsere Mission ist, das Bewusstsein für guten Schlaf in der Gesellschaft zu fördern und Alles, was diese Mission unterstützt, sehen wir grundsätzlich positiv.
Das ist der Moment unseres Gesprächs, wo ich nach «Nattrecover» fragen muss, der «Schlafbekleidung für optimale Muskelerholung». Das klingt schon ein wenig nach Marketing-Hokuspokus.
Ist es aber nicht. Es ist recht einfach.
Kannst Du das so erklären?
Ich versuche es, dazu muss ich etwas ausholen.
Gerne, ich habe Zeit.
Mit dieser Produktlinie wollen wir die positiven Effekte der Ferninfrarot-Strahlung nutzbar machen. Ferninfrarot-Strahlung ist ein Spektralbereich der Lichtwelle, welcher tief in das Bindegewebe und die Muskulatur eindringen und so die Blutzirkulation und somit die Sauerstoffversorgung anregen kann. Der Effekt dieser sogenannten Tiefenwärme ist sehr gut untersucht und wird zu therapeutischen Zwecken und auch im Spitzensport schon seit vielen Jahren eingesetzt.
Und diesen Effekt ermöglicht jetzt der neue Stoff?
Ja, mit dem neu entwickelten Nattrecover-Stoff nutzen wir die Wärmeabstrahlung des Körpers, denn unser Körper gibt zu jeder Tag- und Nachtzeit Wärme in Form von Wärmestrahlung ab. Im Stoff haben wir nun einen speziell entwickelten Mix von Mineralien eingearbeitet, welcher dieser Wärme-Abstrahlung aufnimmt, in Ferninfrarot-Strahlung umwandelt und auf den Körper zurückwirft, wo sie dann die lokale Durchblutung und die Sauerstoffversorgung der Zellen anregt. Im Fachjargon heisst das «mit Hilfe der resonanten Absorption der Ferninfrarot-Strahlung, die durch die Zellen im Körper gehen, entstehen Vibrations- und Rotationseffekte auf molekularer Ebene. Als Folge haben diese auf physiologischer Ebene eine Erweiterung der Kapillaren und eine verbesserte Mikrozirkulation zur Folge».
Damit ist ein Nattcover-Pyjama ja fast wie eine kleine Infrarot-Heizung.
Vom Prinzip her ja. Aber natürlich mit einem viel, viel kleineren Effekt im Vergleich, den wir wollen ja den Körper weiter in der idealen klimatischen Komfortzone halten.
Kann man das wissenschaftlich beweisen?
Die positiven gesundheitlichen Effekte der Ferninfrarot-Strahlung sind gut untersucht und in zahlreichen wissenschaftlichen Studien belegt worden. Der neu entwickelte Nattrecover-Stoff wurde durch ein unabhängiges Institut getestet, welches den Reflexionseffekt bestätigt hat. Wir sind allerdings kein Brand aus der Medizintechnik und haben darum auch keine klinischen Studien durchgeführt. Die vielen Top-Bewertungen dieser neuen Produktlinie bestätigen aber den positiven Effekt, insbesondere Spitzensportler berichten von deutlich verbesserten Erholungswerten.
Wie kommt Ihr überhaupt auf solche Ideen wie die, Mineralien auf den Stoff zu drucken, um die Wellenlänge von Wärmestrahlung zu verändern?
Wir bekommen viel Inspiration aus dem Sport und den Bedürfnissen von Sportlern und Sportlerinnen. Gerade auch im Spitzensport sind Training und Erholung gleichermassen wichtig – wozu eben insbesondere der Schlaf zählt. Und im Fall von Nattrecover fliessen zudem Erkenntnisse aus der Raumfahrt ins Produkt ein.
Aus der Raumfahrt?
Dort geht es immer darum, bei minimalem Gewicht maximale Funktionalität zu bekommen und jedes Gramm zählt. Darum werden Fern-Infrarot-Technologien auch in Raumanzügen verwendet, da mit dünneren Stoffen die gleiche Wärmedämmung erreicht werden kann wie ansonsten mit schwereren Geweben.
Vom Spitzensport bin ich so weit entfernt wie eine Schnecke vom Formel-1-Rennwagen. Warum sollte ich trotzdem Nattrecover tragen?
Weil Dir Dein Schlaf hoffentlich wichtig ist und Du ausprobieren willst, ihn zu verbessern. Du hast mit Staycool schon einen guten Anfang gemacht. Und uns fällt eben auch immer wieder Neues ein.
Andreas, danke für das Gespräch.
Titelfoto: Martin JungferJournalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.