«Doppelnull» – Das Potenzial der Toilette nutzen
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«Doppelnull» – Das Potenzial der Toilette nutzen

Pia Seidel
27.6.2024

Das neue Toiletten-Design «Doppelnull» ist von einer zirkulären Sanitärversorgung inspiriert. Es ermutigt, Alltägliches als Teil eines Kreislaufs zu betrachten.

Generell reizt mich das, was ich nicht kenne – oder wenn das, was ich kenne, in neuem Licht erscheint. Zuletzt hat mich das Diplomprojekt «Doppelnull» von Delia Gregori und Julian Gisler aus der Fachrichtung Industriedesign an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) beeindruckt. Darin haben die Nachwuchstalente das Prinzip der Spültoilette hinterfragt. Sie haben menschliche Exkremente als wertvolle Ressource betrachtet und ihr Potenzial erkundet. Das Ergebnis? Eine umweltfreundliche Trenntoilette, die sich an einer Sanitärwende orientiert – und sich sehen lassen kann.

Fashion- statt Ökoästhetik

«Doppelnull» ist um einiges hübscher als die meisten Öko-Toiletten auf dem Markt. Wie aus einem Guss überzeugt sie mit ihrem zarten Fliederton sowie mit ihren Kurven.

«Doppelnull» ist ein Gegenentwurf zu herkömmlichen Spültoiletten.
«Doppelnull» ist ein Gegenentwurf zu herkömmlichen Spültoiletten.
Quelle: Pia Seidel

Die Recherchen des Duos haben ergeben, dass bestehende Trenn- und Trockentoiletten-Projekte im Bereich der zirkulären Sanitärlösungen derzeit auf eine kleine Zielgruppe – zum Beispiel Camping-Fans – ausgerichtet sind. «Mit einem ansprechenden und modernen Toilettendesign laden wir eine grössere Zielgruppe in der Schweiz dazu ein, sich die neuartige Toilette im eigenen Bad vorzustellen,» sagt Gregori. «In den Inszenierungen der Toilettennutzung bedienen wir uns einer trendigen Fashionästhetik. Auf diese Art und Weise möchten wir Akzeptanz für ein Tabuthema schaffen».

Der Entwurf punktet bei mir auch mit seiner Funktion. Denn «Doppelnull» kann in ein alternatives Sanitärsystem eingebettet werden und ist in unterschiedliche Komponenten aufgeteilt: In der Mitte befindet sich ein Tank für den Urin. Weiter unten ist ein mobiler Behälter für den Kot, der einem It-Bag gleicht und den sicheren, hygienischen Transport gewährleistet.

Wenn der unterste Behälter von «Doppelnull» voll ist, wird er zur Sammelstelle gebracht – ohne Fäkalkontakt.
Wenn der unterste Behälter von «Doppelnull» voll ist, wird er zur Sammelstelle gebracht – ohne Fäkalkontakt.
Quelle: Delia Gregori und Julian Gisler

«In unserer Recherche haben wir uns eine Trockentoilette gekauft und sie für eine Woche im Dachboden genutzt,» sagt Gregori. «Ausserdem haben wir uns mit unzähligen Toilettenmodellen sowie alternativen Sanitärsystemen befasst und mit Profis im Bereich Kanalisation, Klär- und Kompostierungsanlage ausgetauscht.» Ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus Interviews mit langjährigen Nutzenden von Trockentrenntoiletten aus dem Campingbereich sind in die Gestaltung von «Doppelnull» sowie in einem alternativen Sanitärsystem eingeflossen.

Ein Wandel im Schweizer Sanitärbereich

«Das lineare Schweizer Sanitärsystem ist ein Auslaufmodell», erklärt Gisler. «Es unterbricht den von der Natur vorgesehen Stoffkreislauf: Die dem Boden entzogenen Nährstoffe finden ihren Weg nicht auf natürliche Weise wieder zurück.» Der visionäre Toilettenwurf trenne hingegen Urin von Kot, um die verschiedenen Stoffe gezielter und mit weniger Energieaufwand zu Humuserde und Dünger für die Landwirtschaft zu verarbeiten. «Beispielsweise könnte die Schweizer Bevölkerung auf diese Weise den Phosphor- und Stickstoffbedarf in der Landwirtschaft nahezu selbständig decken.»

Das Prinzip von «Doppelnull» soll die Wiederverwertung von menschliche Exkrementen fördern.
Das Prinzip von «Doppelnull» soll die Wiederverwertung von menschliche Exkrementen fördern.
Quelle: Pia Seidel

Die Vision von «Doppelnull» soll den Diskurs anregen und ein Vorschlag sein, an den angeknüpft werden kann. Das Duo hält den Standort Schweiz dank des Fachwissens von Institutionen wie der EAWAG – ein Wasserforschungsinstitut der ETH-Hochschule – und Schweizer Sanitärfirmen wie Laufen und Geberit für gut gelegen. «Als nächsten Schritt möchten wir in Form von Workshops prüfen, was unsere Idee bewirkt und die Meinungen dokumentieren, um auf partizipative Weise unsere Sanitärvision weiterzuentwickeln.»

Vom 3. September bis 19. November kannst du dir selbst ein Bild vom Gegenentwurf für die Spültoilette machen. Dann wird das Diplomprojekt in der Zürcher Stadtgärtnerei ausgestellt.

Umfrage

Könntest du dir «Doppelnull» in deinem Bad vorstellen?

  • Ja
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  • Nein
    58%
  • Vielleicht in einer anderen Farbe.
    8%

Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

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Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit. 


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