«Du gewinnst hier nicht die Million» – und auch nicht den Innovationspreis
Stefan Raab ist zurück! Mit «Du gewinnst hier nicht die Million» versucht er, an alte Erfolge anzuknüpfen. Doch kann er die hohen Erwartungen erfüllen? Die erste Folge liefert eine gemischte Antwort: Raab zeigt sich in Topform, aber das neue Konzept hat Schwächen.
«Da bin ich wieder», trällert Stefan Raab, 57-jährig, bei seinem grossen TV-Comeback frisch fröhlich in die Kamera, «so einfach!»
Nun, ganz so einfach war es ja dann auch wieder nicht. Wäre es einfach gewesen, wäre Raabs neue Show, «Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab», bereits im linearen Fernsehen zu sehen. Stattdessen bleibt sie vorerst hinter einer Paywall bei RTL+ versteckt. Das bestätigte Elton wenige Stunden vor der Premiere in einer Instagram-Story.
«Es geht hier nicht ums Geld», erklärt Raabs ewiger Showpraktikant, «so viele neue Abos kann es gar nicht geben, wie RTL mit einem einzigen Werbespot im Jahr im TV verdienen würde.» Dann fügt er noch hinzu, dass sowieso keine guten Sendeplätze mehr verfügbar gewesen seien. Darum die Entscheidung, die Sendung in RTLs Streamingdienst aufzunehmen. «Ein Experiment», sagt er noch.
Mit anderen Worten: «Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab» könnte in ein paar Monaten doch noch im linearen TV laufen. Zumindest, wenn die Sendung gut ankommt. Und die Chancen stehen nicht schlecht. Dass ihr durchaus neugierig seid, ob Raab es noch drauf hat, habt ihr bei diesem Artikel ja bereits kundgetan. Aber extra für seine Sendung ein RTL+-Abo zu lösen, würde euch trotzdem zu weit gehen.
Deshalb habe ich es für euch getan.
Raabs neue Show: Na, was soll das wohl heissen?
«Meine Damen und Herren. Nun ist es soweit. Nach fast zehn Jahren Sommerpause kehrt er zurück, um Sie und sich selbst gut zu unterhalten», kündigt Manfred Winkens, auch bekannt als «die lustige Stimme von ‹TV Total›», den Gastgeber an. Raab betritt das Studio. Mit Häuserfassaden aus Backstein, Kiosk und Laden erinnert es an den Look einer amerikanischen Late-Night-Show. Raab trägt gewohnt Sneakers, blaue Jeans und ein hellblaues Hemd. Das Publikum steht – Standing Ovations.
Dann geht’s los: Raab singt seinen neuen Hit-Song «Pa aufs Maul». Im Studio spielen die Heavytones, Raabs alte Band aus «TV Total»-Zeiten. Eigentlich hätten sie auch bis Jahresende weiterhin bei «TV Total» gespielt. Aber ihr Auftritt bei Raabs Boxkampf vergangenen Samstag verärgerte die ProSieben-Chefetage so sehr, dass die Band per sofort freigestellt wurde.
Raab zeigt sich indes so mitreissend wie lange nicht mehr. Und routiniert. Im positiven Sinne. Als ob seine letzte Show nicht knapp zehn Jahre, sondern zehn Tage zurückliegen würde. Der Mann hat sichtlich Bock. Die ersten 30 Minuten sind ein Fest mit sensationeller Gag-Dichte. Aber auch eine Eins-zu-Eins-Kopie von «TV Total»: Raab rekapituliert darin die vergangene Woche. Besonders sein Boxkampf gegen Ex-Weltmeisterin Regina Halmich.
«Sie haben’s alle sicher mitbekommen. Ich hatte eine kleine Schlägerei», erzählt er dem Publikum. «Und Sie sind bestimmt genauso empört wie ich: Zum dritten Mal bin ich von den Kampfrichtern über den Tisch gezogen und um meinen Titel als Frauen-Weltmeisterin betrogen worden.»
Nicht fehlen dürfen natürlich seine Nippel-Einspieler – eigentlich Memes, bevor der Begriff dafür erfunden worden war. Nur hat er die Nippel durch sein neues Meme-Pad ersetzt: eine App auf seinem Smartphone. Das müsse schliesslich technisch mal ein bisschen weitergehen, sagt Raab, der sichtlich Freude am Einspielen von Kapitän Max Pargers – gespielt von Florian Silbereisen – fast schon lasziven «Hier spricht der Kapitän» aus «Das Traumschiff» hat.
Klar ist: Raab hat sich kein bisschen verändert. Seinem Humor, irgendwo zwischen Selbstbeweihräucherung und Schadenfreude, bleibt er treu. Wer Raab früher mochte, wird ihn immer noch lieben. Wer schon 2015 froh war, den gelernten Metzger nicht mehr am Fernseher sehen zu müssen, flucht. Auch das ist Teil der Faszination Raab.
«Viele Fragen sich ja, was ich für die Show bekomme. Ich kann’s Ihnen verraten: Zwölf Monate gratis RTL+-Max-Abo. Da habe ich die von RTL ganz schön abgezockt!»
Wäre die Sendung hier zu Ende – niemand hätte was vermisst. Ein motivierter Raab als Stand-Up-Comedian, der das TV-Geschehen verwurstelt, mag zwar kein bisschen innovativ sein, aber funktioniert halt immer noch verdammt gut.
Halbzeit zwei: Jetzt geht’s um die Million
Deutlich an Fahrt büsst dafür die zweite Hälfte ein. Denn die selbsternannte erste Entertainment-Quiz-Competition-Hybrid-Show der Welt hat ja noch «Quiz-Competition» im Namen.
Das geht so: Fünf Kandidatinnen und Kandidaten sitzen von Anfang an in der ersten Reihe am Buzzer. Nach 30 Minuten stellt Raab die erste Frage, die sich auf die vergangenen besagten 30 Minuten bezieht. Zum Beispiel, wie der Name des Influencers war, der zu Raabs Comeback meinte: «Geil, der lebt noch!»
Wer die Frage zuerst richtig beantwortet, kommt in den Quiz-Competition-Teil. Dabei müssen abwechslungsweise Fragen beantwortet und Spiele gegen Raab gespielt werden. Also eine Mischung aus «Wer wird Millionär» und «Schlag den Raab». Je weiter eine Kandidatin oder ein Kandidat kommt, desto höher der Gewinn – bis es im Finale um eine Million Euro geht. Es gibt allerdings keinen Joker; wer eine Frage falsch beantwortet oder ein Spiel gegen Raab verliert, fliegt aus der Sendung. Schlimmstenfalls mit leeren Händen. Dann geht das Ganze wieder von vorne los: Die vier verbliebenen Kandidatinnen und Kandidaten spielen um den nächsten Platz im Quiz-Competition-Teil.
Verglichen mit dem Feuerwerk der ersten dreissig Minuten fällt dieser Part etwas gar flach aus. Erstens, weil Raab kein begnadeter Quizmaster à la Günther Jauch ist. Raab fragt zwar zuerst schön brav Name, Beruf und Herkunft seines Gegenübers ab. Wirklich für sie interessieren tut er sich aber nicht. Interaktion gibt’s kaum. Das hat was von seinen letzten «TV Total»-Jahren.
Die Spiele selbst sind zwar «Schlag den Raab»-typisch herrlich absurd. Zum Beispiel müssen Raab und sein erster Gegner Tennisbälle aus etwa drei Metern Abstand so auf einen Bürostuhl werfen, dass sie dort liegen bleiben. Manchmal sind die Spiele aber auch etwas langatmig. Etwa, als es beim zweiten Kandidaten des Abends darum geht, wer schneller vier (!) Reifen eines Kleinwagens wechselt. Das Spiel dauerte mit Einführung und Erklärung durch Elton fast ganze 20 der insgesamt 90 Minuten. Zu viel.
König Lustig kehrt zurück – aber reicht das?
«Die Leute woll'n 'n kleines bisschen Show», singt Raab in seinem neuen Lied. Die haben sie gekriegt. Besonders anfangs tut Raab das, was er am besten kann: Stand-Up-Comedy. Dass er dabei «TV Total» fast schamlos kopiert, stört mich kein bisschen. Schliesslich hat er das Konzept einst selbst erfunden, perfektioniert und massgeblich mitgestaltet. Das ist seine Arena. Seine Manege.
Wo Raabs neue Show deutlich abfällt, ist im zweiten Teil. «Schlag den Raab» funktionierte als mehrstündige Event-Show am Samstagabend, weil das einzigartige Punktesystem es unvorhersehbar machte, wer am Schluss gewinnen würde. Sechs hintereinander verlorene Spiele konnten etwa durch ein, zwei im Anschluss gewonnene Spiele wieder aufgeholt werden. Hier hingegen bedeutet ein verlorenes Spiel das direkte Aus. In der Theorie ist das zwar die grössere Fallhöhe. Aber in der Praxis verpufft die Spannung, bevor sie sich überhaupt aufbauen kann.
Bleibt noch eine Frage: Braucht es das Comeback? Ich sag’s mal so: Raab verpasste den rechtzeitigen Absprung von der TV-Landschaft schon einmal. Seine letzten Jahre bei «TV Total» waren so schlecht, uninspiriert und sogar überroutiniert, dass sein Fernseh-Andenken Makel hinterliess. Bei RTL bekommt er jetzt die Chance, das alles mit einem letzten Hurra richtigzustellen – sofern er nicht erneut zu viel will.
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»