Huawei und das Geheimnis der Nasenkamera
Was soll das denn sein? Diese Frage stellte ich mir, als ich kürzlich den Laptop von Kollegin Veronica sah. Ein Modell von Huawei. Hübsch, mit Macbook-Look. Aber mit einer Webcam aus der Hölle der Ingenieurskunst.
Man ist ja einiges gewohnt im Technik-Game: Neuerungen werden grossspurig angekündigt, erweisen sich kurz darauf jedoch als unnütz und verschwinden wieder. Huawei beweist jedoch bei der eigenwilligen Kamera, die in seinen Notebooks erstmals 2018 aufgetaucht ist, eine gewisse Standfestigkeit.
Die bei den Funktionstasten verbaute Webcam ist also nicht mehr der neueste Blödsinn. 2018 – das war eine andere Zeit. Vor Corona. Vor Lockdown und Homeoffice. Und damit auch vor dem grossen Durchbruch von Videokonferenzen. Durch sie wurden Webcams immer wichtiger. Plötzlich sassen viele mit ihren Laptops zuhause im Wohnzimmer oder am Esstisch. Wir begannen mit unseren Bildschirmen zu sprechen, respektive mit dem kleinen schwarzen Loch, hinter dem die Linse der Kamera steckt.
Die Suche nach dem besten Platz für die Kamera
Bei den meisten Laptops war und ist die Kamera oben im Rand platziert. Das kostet aber Platz. Daher haben Hersteller schon vor Jahren nach alternativen Wegen gesucht, um Displays mit noch dünneren Rändern herzustellen. Apple machte aus der Not eine Tugend und erschuf den Notch. Andere versuchten, das Kameramodul noch kleiner und kompakter zu bauen oder brachten es hinter das Display. Und bei Huawei, naja, da setzte man die Nosecam um.
Wenn im Display-Deckel kein Platz ist, so der logische Schluss, muss die Webcam eben woanders hin. Sie in die Reihe mit den Funktionstasten zu platzieren, finde ich ehrlich gesagt gar nicht so abwegig. Welche Funktionen all diese Tasten haben, weiss ich eh nicht genau.
Aber nur, weil man für etwas einen Ort gefunden hat, muss das noch kein guter sein. Ohne Frage, Ingenieurtechnisch ist das schon schön gemacht, wenn beim Drücken der Taste mal nicht irgendetwas auf dem Bildschirm passiert, sondern eine Kamera ausfährt. So kleine Federmechanismen, das muss erst einmal jemand konstruieren.
Wenn du das peinlichste Bild im Videocall hast
Gut, und dann ist sie also ausgefahren, die Kamera. Steht wie ein Pickel aus dem Keyboard heraus. Und es kommt der Moment, in dem du das erste Mal das schicke neue Huawei-Notebook hochfährst und einem Videocall beitrittst. Zuerst fällt dein Blick auf den Monitor, der all die anderen fröhlichen Gesichter zeigt. Und dann, ja dann siehst du rechts unten dich selbst. Gefilmt etwa in einem 45-Grad-Winkel von unten.
Ich lehne mich aus dem Fenster und nenne diesen Winkel: ungünstig. Niemand will von unten gefilmt oder fotografiert werden. Trotzdem habe ich auf der Seite eines auf Porträts spezialisierten Fotostudios folgendes gefunden:
Stimmt schon. Aber in dem steilen Winkel, in dem die Huawei-Kamera dich zeigt, wirkst du garantiert nicht «erhaben». Im schlimmsten Fall irritierst du die anderen, weil deine Popel oder Nasenhaare besser sichtbar sind als das schüttere Haupthaar. Und komm’ ja nicht auf die Idee, während eines Videocalls etwas auf dem Notebook zu tippen. Deine Finger werden riesig aussehen, so wie diese Sandwürmer aus «Dune». Danke an dieser Stelle an Veronica, deren Finger immerhin deutlich weniger wurmartig aussehen als meine.
Hat Huawei etwas gelernt? Nein, zunächst nicht. Die Nosecam ist auch in der Matebook-Serie von Ende 2021 verbaut. Erst beim MateBook X Pro von 2022 muss es den Entwicklern wie Schuppen von den Augen respektive Popel aus der Nase gefallen sein, und sie haben doch noch oben im Rand ein Plätzchen für die Kamera gefunden.
Kennst du andere Fehlleistungen der Ingenieurskunst aus der Technikwelt? So etwas wie die Maus von Apple, die man nur auf der Unterseite laden kann. Ich bin gespannt auf deinen Kommentar.
Titelfoto: Christian WalkerJournalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.