Hunde ausser Kontrolle: Experten suchen nach Ursachen des «Werwolfsyndroms»
Das «Werwolfsyndrom» hält Hundehalterinnen und -halter in Atem: In mehreren europäischen Ländern häufen sich Fälle von Vierbeinern mit neurologischen Anfällen. Expertinnen und Experten suchen nach der Ursache.
Eben war der Hund noch wie immer, doch plötzlich gerät er in Panik, wird aggressiv, heult, schreit oder erleidet gar einen epileptischen Anfall. Seit Dezember berichten Hundebesitzende in deutschen Tierkliniken gehäuft von solchen abrupten Verhaltensänderungen. Dies geschieht auch bei Tieren, die bis anhin völlig unauffällig gewesen waren.
Bislang wurden zwar erst 45 Fälle des «Werwolfsyndroms» deutschlandweit gemeldet – doch die Dunkelziffer wird massiv höher geschätzt. Und die Intensität ist hoch. «Die Anfälle sind wirklich extrem. Es wirkt, als hätten die Hunde Halluzinationen», sagt die Tiermedizinerin Nina Meyerhoff von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover gegenüber GMX. Einige Hunde geraten derart ausser Kontrolle, dass eine stationäre Aufnahme notwendig wird. Behandelt werden sie mit sedierenden, angstlösenden und teilweise auch Epilepsie-Medikamenten.
Möglicher Zusammenhang mit Rinderhaut-Knochen
Expertinnen und Experten rätseln über die Ursache. Impfungen sowie Zeckenmittel wurden ausgeschlossen. Eine Möglichkeit ist hingegen in den Fokus gerückt. Bei einigen betroffenen Hunden trat ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Rinderhaut-Knochen und den Symptomen auf.
Fachleute vermuten, dass diese während des Produktionsprozesses mit Giftstoffen wie Reinigungsmitteln oder Pilzgiften kontaminiert sein könnten. Produkte unterschiedlicher Hersteller, insbesondere aus China, werden geprüft. Auffällig ist, dass vor allem mittelgrosse bis grosse sowie jüngere Hunde betroffen sind, die häufiger Kauknochen erhalten als kleine und ältere. Oft sind auch mehrere Hunde desselben Haushalts betroffen.
Fälle in der Schweiz und weitere Untersuchungen
Fälle des «Werwolfsyndroms» wurden – in geringerem Ausmass als in Deutschland – bereits in anderen europäischen Ländern wie Belgien, den Niederlanden und der Schweiz gemeldet. Eine Nachfrage beim Universitären Tierspital Zürich zeigt, dass das Syndrom vereinzelt in Sprechstunden Thema war. Allerdings nicht in der Häufigkeit, wie in gewissen deutschen Bundesländern.
Frank Steffen, Leiter der Abteilung Neurologie, sagt: «Insgesamt haben wir sechs Fälle selber gesehen oder über konsultierende Tierärzte davon Kenntnis genommen. Bei vier Tieren scheint der Zusammenhang mit den Kauknochen recht sicher zu sein, bei zwei anderen zumindest sehr naheliegend.» Die Untersuchungen laufen weiterhin auf Hochtouren. Nachforschungen werden in verschiedene Richtungen angestellt, und diverse Futtermittel werden untersucht.
Darauf solltest du achten
Hundehalterinnen und -halter werden derweil aufgefordert, bei ersten Anzeichen eines Anfalls umgehend eine auf Neurologie spezialisierte Tierklinik aufzusuchen. Das können zum Beispiel sein:
- extreme Unruhe
- Panikattacken
- unkoordiniertes, orientierungsloses oder halluzinationsartiges Verhalten
- phasenweise stark gesteigerte Aktivität
- Heulen, Schreien
- Aggressivität
- Krämpfe, epileptische Anfälle
Bis die definitive Ursache geklärt ist, wird empfohlen, auf Rinderhaut-Knochen zu verzichten und stattdessen auf alternative Kauartikel auszuweichen.
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Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.