Kakao macht schlau – aber nicht jeden
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Kakao macht schlau – aber nicht jeden

Anna Sandner
28.6.2023

Eine Studie sollte zeigen, ob Kakao gegen Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen hilft. Das Ergebnis: Tut er nicht. Dafür stießen die Forschenden auf einen anderen Effekt. Kakao verbessert die kognitive Leistungsfähigkeit – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Forschung ist ein mühsames Geschäft. Erst wird viel Zeit auf ein ausgefeiltes Studiendesign verwendet, Probanden rekrutiert, die Studie über Jahre durchgeführt, die Ergebnisse ausgewertet. Und dann? Zeigt sich nicht selten, dass die aufgestellte Hypothese nicht zu halten ist.

Kakao gegen Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

So in etwa erging es dem Lebensmittelhersteller Mars, der in der großangelegten «COcoa Supplement and Multivitamin Outcomes Study», kurz COSMOS-Web-Studie, prüfen ließ, ob Flavanolkapseln aus Kakaoextrakt Senioren vor Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bewahren können. Flavanol ist ein sekundärer Pflanzenstoff, dem gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben werden. Für die Studie wurden 21 000 Frauen ab 65 Jahren und Männer ab 60 Jahren nach dem Zufallsprinzip in eine Placebo- und eine Kakao-Gruppe eingeteilt. Nach vier Jahren Forschung sind die Ergebnisse ernüchternd: Die Einnahme von Flavanolen senkt weder das Risiko für Krebs- noch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Zulassung als Präparat zur Vorbeugung dieser Krankheiten wurde abgelehnt. Viel Arbeit für nichts, also?

Steigerung kognitiver Leistung bei Senioren

Nicht unbedingt, denn: Würden Forschende an diesem Punkt aufgeben, käme es wohl überhaupt selten zu neuen Erkenntnissen. Tritt die erwartete Wirkung nicht ein, können möglicherweise andere Effekte sichtbar werden. In diesem Fall gab es eine Substudie, in der rund 3500 der Probandinnen und Probanden auf eine Verbesserung ihrer kognitiven Leistung durch die Flavanolzufuhr untersucht wurden. Wenn Kakao schon nicht gegen Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen hilft, macht er vielleicht wenigstens schlau? Nein, auch hier reichten die Unterschiede im Vergleich zur Einnahme eines Placebos nicht für die Zulassung aus. Also doch alles umsonst?

Noch nicht. Wissenschaftliche Forschung kann bisweilen zur Detektivarbeit ausarten. Werden derart große Datenmengen wie bei der COSMOS-Studie erfasst, kann es sich lohnen, im Nachhinein nach Mustern in den Ergebnissen zu suchen. So können sich mögliche Zusammenhänge auftun, die nur mit Blick auf bestimmte Gruppen oder unter bestimmten Voraussetzungen sichtbar werden.

Wem Flavanole zuvor fehlen, dem kann Kakao helfen

Und so war es dann auch mit den Flavanolen: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler prüften die Daten darauf, wie hoch die Flavanolzufuhr der Probanden durch ihre übliche Ernährung ist. Und siehe da, hier wurden sie fündig. Betrachtet man nur die Gruppe derjenigen, die wenige Flavanole über ihre normale Nahrung aufnehmen, führte die Flavanolsubstitution bei dem durchgeführten Kognitionstest zu einer Verbesserung um 16 Prozent. Diese Kognitionssteigerung blieb auch in der Folge erhalten, wobei sie sich aber durch anhaltende Zufuhr nicht weiter steigern ließ.

Kakao kann demnach schlauer machen, aber eben nur diejenigen, die zuvor kaum Flavanole zu sich genommen haben. Dem Lebensmittelhersteller bringt allerdings auch diese Erkenntnis erstmal keine Zulassung. Da die Daten der randomisierten Studie nachträglich ausgewertet wurden, gilt die neuerliche Publikation nicht als nachgewiesener Nutzen. Um das zu erreichen, wäre eine komplett neue Studie nötig, in der Probanden mit Flavanolmangel randomisiert (also nach dem Zufallsprinzip) ein Placebo oder Flavanolkapseln erhalten.

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Es muss nicht unbedingt Kakao sein: Äpfel und Beeren helfen auch

Dass der Lebensmittelhersteller Mars die ganze Studie auf Kakao ausgerichtet hat, dürfte im Übrigen wohl eher an den eigenen Marktinteressen als am Kakao an sich liegen. Denn ausreichend Flavanole kannst du genauso über Äpfel, Beeren oder auch Weintrauben und schwarzen und grünen Tee zu dir nehmen. Eine gesunde Ernährung würde die Einnahme von Kapseln überflüssig machen.

Eine weitere Auswertung der COSMOS-Studie zeigte darüber hinaus, dass Multivitamine das Abnehmen der kognitiven Leistungsfähigkeit im Alter verlangsamen können. Dafür wurde den Teilnehmenden entweder ein Multivitaminpräparat oder ein Placebo verabreicht. Die Multivitamin-Gruppe schnitt bei dem Gedächtnistest signifikant besser ab als die Kontrollgruppe mit Placebo. Durch die Multivitamine ließen sich laut Forschenden etwa so viel wie drei Jahre altersbedingte Gedächtnisveränderung verhindern.

Titelfoto:pexels/Pixabay

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Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.


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