Hintergrund
Was können OLED-TVs besser?
von David Lee
Die neuen LG-OLEDs erhalten mehr Prozessor-Power, mehr Bilder pro Sekunde und mehr Intelligenz. Ein Blick auf das neue Line-Up, das im Sommer rauskommt.
Gut gelaunt mache ich mich auf den Weg zu LGs Niederlassung in Dietikon. Ich wurde eingeladen, um mir ein erstes Bild der neuen OLEDs zu machen. Das finde ich super, denn wie ich selbst einst gesagt habe: «OLED ist der Hammer.»
Zugegeben, das mag vielleicht nicht die fachmännisch akkurateste Umschreibung für OLED sein. Denn es handelt sich um eine Bildschirm-Technologie, die vor ein paar Jahren noch als Zukunftsmusik galt. Aber mittlerweile leben wir in dieser Zukunft, und OLED-Fernseher erobern den Markt. Das hat Senior Editor David Lee bereits einmal rekonstruiert.
Und nun stehe ich da, beim OLED-Pionier, und schau mir an, was er dir dieses Jahr zu bieten hat.
Dann fasse ich einen Entschluss.
OLEDs haben gegenüber LCDs den Vorteil, dass die Leuchtdioden – auch Pixel genannt – von selber leuchten. Ohne Hintergrundbeleuchtung durch LEDs. Wo schwarz im Bild ist, siehst du tatsächlich schwarz, weil das entsprechende Pixel sich wie eine Lampe einfach abschaltet. Das wiederum bringt wahnsinnig gute Kontraste, die besser sind, je grösser der Unterschied zwischen dem dunkelsten und den hellsten Bildpunkt ist. Und je besser die Kontrastwerte, desto grösser das Farbspektrum des Bildschirms.
Viel Technik-Geschwurbel um dir zu sagen: OLED-Bildschirme liefern gute und kräftige Farben. Und deshalb sind sie so beliebt.
Letztes Jahr hat LG gehörig an der maximalen Helligkeit ihrer OLED-Displays geschraubt. Sie haben nämlich den Ruf, im Vergleich zu LCD-Bildschirmen in Sachen Helligkeit das Nachsehen zu haben. Dieses Jahr hat sich der südkoreanische TV-Hersteller auf den Bildprozessor und die Bildverarbeitung konzentriert. Zudem soll schon bald künstliche Intelligenz die Bedienung vereinfachen.
Bild-Prozessoren sind in erster Linie dazu da, Videosignale vom Tuner oder von Video-Eingangskanälen, zum Beispiel HDMI-Ports, zu berechnen und zu verbessern. Denn das beste OLED-Panel nützt dir nichts, wenn der Prozessor die Bilder nicht sauber aufbereiten kann.
Nicht, dass LG-Prozessoren bis anhin nichts getaugt hätten. Aber im Krieg der Prozessoren markiert Sony den Platzhirschen. Jedenfalls bis dato. Mit seinem im OLED A1 und OLED AF8 verbauten «X1 Extreme»-Prozessor gilt der japanische Hersteller vor allem in puncto Rauschunterdrückung als führend.
LG möchte mit dem «Alpha 9» nachziehen. Der neue Prozessor durchläuft laut offiziellen Angaben einen vierstufigen Prozess zur Rauschunterdrückung. Vorher waren es nur zwei. Die Bilder wirken dadurch klarer, und ein neuer Algorithmus reduziert Bildartefakte und lässt Konturen schärfer wirken. Zudem soll auch die Farbwiedergabe verbessert werden, was gerade bei Quellmaterial, dessen Qualität unter jener von Ultra HD liegt, gut zur Geltung kommt. Etwa bei normalen Live-TV-Übertragungen oder bei einer Blu-Ray.
Du siehst: Ein guter Prozessor wertet auch jenes Material auf, das nicht in UHD-Qualität vorliegt. Und das kommt mal vor. Darum ist der Prozessor mindestens so wichtig wie der Bildschirm selbst.
Der Alpha 9 bringt noch einen weiteren Vorteil mit sich, nämlich High Frame Rate (HFR). Im Kino besteht eine Filmsekunde üblicherweise aus 24 Einzelbildern – kurz: Frames. Weil 24 Frames pro Sekunde für das menschliche Auge nicht auseinander zu halten sind, nimmt es eine flüssige Bewegung wahr.
Von einer hohen Framerate – eben High Frame Rate – ist die Rede, wenn die Anzahl Frames oder Bilder pro Sekunde die üblichen 24 übersteigen. Flüssige Bewegungen wirken dadurch noch flüssiger. Das soll bei schnellen Actionszenen oder Sport-Sendungen zu weniger Schlieren und Rucklern führen. Prominentes Beispiel? Peter Jacksons «Hobbit»-Saga, die komplett mit 48 Bildern pro Sekunde gedreht wurde.
Der Alpha 9 geht über die 48 Frames pro Sekunde (FPS) hinaus. Er soll laut LG Inhalte mit einer Bildrate von rund 120 FPS verarbeiten können. Darüber hinaus rechnet er Nicht-HFR-Inhalte automatisch hoch. Ausser, dich stört der HFR-Effekt – von Gegnern auch Soap-Effekt geschimpft, weil brasilianische Daily Soaps so aussehen –, dann schaltest du die Option einfach aus.
Samsung hat mit seinem Smart-Home-Konzept in puncto Smart-TV vorgelegt, LG rüstet nach. Dank Integration des Google Assistant soll die künstliche Intelligenz vor allem bei der Steuerung des TVs via Sprachbefehlen helfen. Ein kleines Beispiel:
«Volume Up.»
So lautet bei LG der Sprachbefehl, der die Lautstärke nach oben korrigiert. Eine andere Formulierung führt zu keiner nennenswerten Reaktion. Das möchte LG mit «ThinQ AI» ändern.
«Bitte etwas lauter machen» soll die Glotze genauso korrekt interpretieren wie «ich höre ja fast nichts, knall mir mal die Mucke richtig doll um die Ohren».
Die künstliche Intelligenz analysiert deine Befehle und reagiert entsprechend. Die schlechte Nachricht: Zum schweizer Verkaufsstart ist sie noch nicht verfügbar. Und es dürften weitere fünf bis sechs Monate ins Land ziehen, ehe du deinen TV mit Schmeicheleien dazu bringen kannst, deine Lieblings-Kochsendung aufzunehmen, obwohl du auf Diät bist.
Vor fünf Jahren schien der Kampf um die OLED-Vorherrschaft ein Doppelrennen zwischen LG Display, Tochterfirma von LG Electronics, und Samsung zu sein. Dann aber stieg Samsung aus. Ihnen zufolge würde sich die Technologie nicht durchsetzen können, weil die organischen Leuchtdioden zu schnell an Leuchtkraft einbüssen und ohnehin zu teuer für den Massenmarkt seien.
Mittlerweile ist der OLED-Markt die am schnellste wachsende Sparte in der TV-Branche. Womöglich auch die Lukrativste. Denn sämtliche Hersteller, die OLED-Fernseher anbieten, beziehen ihre Panels – also der Bildschirm selbst ohne Bildelektronik und Gehäuse – bei LG Display. Die Südkoreaner denken nicht daran, mit dem Forschen und Entwickeln aufzuhören.
Die Technologie profitiert. OLEDs sollen mittlerweile eine Lebensdauer von mindestens fünf Jahren haben, je nach Benutzung auch doppelt so lange. Genaue Zahlen sind schwierig zu nennen, da die Lebensdauer ohne erkennbaren Leuchtkraftverlust extrem von den eigenen Sehgewohnheiten abhängt. Preislich nähert sich die Technologie mit organischen Dioden je länger je mehr der LCD-Technologie an. Sicher, OLEDs werden immer tendenziell im oberen Preissegment anzutreffen sein, schliesslich reden wir hier von High-End-Produkten. Aber, immerhin.
Ich blicke nochmals auf das 77-Zoll grosse Monster namens C8V zurück. Kurz stelle ich mir vor, wie er sich in meinem Wohnzimmer machen würde, verwerfe den Gedanken aber gleich wieder.
«Hmpf», grunze ich, «Zu gross.»
Der LG-Vertreter, der mich heute begleitet hat, erkundigt sich nach dem Grund meines spontanen Gefühlsausbruchs. Ich erkläre es ihm, und er lächelt.
«Vor zwei Jahren galten 55-Zoll-Fernseher als Ungetüme», meint er, «heute verkaufen sich die 65-Zöller am besten. Je grösser die Bildauflösung, desto grösser werden die Fernseher.»
Ich denke darüber nach, und erinnere mich, wie ich einst was über grosse TVs geschrieben habe. In Gedanken versuche ich, ein Bild meines Wohnzimmers abzurufen, währenddem ich eine kleine Rechnung mache.
Dann treffe ich eine Entscheidung.
«Kann ich den mitnehmen?»
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»