Nachtbilder mit der Drohne – geht das?
Ratgeber

Nachtbilder mit der Drohne – geht das?

Manuel Wenk
2.11.2018

An sonnigen Tagen fliegen Drohnen wie Bienen aus ihren Stöcken und schiessen Fotos oder machen spektakuläre Videos. Bricht die Nacht herein, wird es meist ruhig am Himmel. Ob bei Dunkelheit wirklich keine guten Fotos oder Videos drin liegen finde ich heraus.

Schon seit geraumer Zeit spiele ich mit dem Gedanken, Langzeitbelichtungen mit einer Drohne zu machen. Eigentlich darf ich da keine wirklich guten Ergebnisse erwarten. Wer schon einmal mit einer grossen Kamera oder dem Smartphone in der Nacht fotografiert hat, weiss, dass die Bilder meist verschwommen, zu dunkel oder körnig daherkommen. Lange Belichtungszeiten sind nötig und da hilft nur ein Stativ, um die Kamera völlig ruhig zu halten. Die Drohne aber schwebt irgendwo in der Luft vor sich hin und ist alles andere als ruhig. Dachte ich zumindest.

In der Theorie

Ich schnappe mir die neue DJI Mavic Pro 2. Die Kamera der Drohne ist mit einem relativ grossen 1-Zoll-Sensor ausgestattet und sollte demnach besser mit schlechten Lichtverhältnissen auskommen als beispielsweise die Mavic Pro Zoom oder Parrot Anafi, welche mit viel kleineren Sensoren bestückt sind. Noch entscheidender als das richtige Gerät sind die korrekten Einstellungen in der App sowie eine Location mit künstlichem Licht wie fahrenden Autos, Sportplätzen oder beleuchteten Strassen.

Über die DJI-App kann während des Fluges in den manuellen Fotomodus gewechselt werden um dort an den Einstellungen zu schrauben. Alle gängigen Parameter wie ISO, Belichtungszeit und Blende lassen sich so einstellen. Fotos können maximal acht Sekunden lange belichtet werden.

DJI Mavic 2 Pro (31 min, 907 g, 20 Mpx)

DJI Mavic 2 Pro

31 min, 907 g, 20 Mpx

DJI Mavic 2 Pro (31 min, 907 g, 20 Mpx)
Drohne

DJI Mavic 2 Pro

31 min, 907 g, 20 Mpx

Was in der Praxis alles schief gehen kann

An einem der unzähligen schönen Oktoberabenden wage ich mich in die Dunkelheit. Auf dem Weg an den Entstehungsort des Titelbildes passiere ich ein beleuchtetes Fussballfeld. Ein perfektes Sujet – gerade wenn sich daneben eine befahrene Strasse befindet. Schon die ersten Ergebnisse überraschen mich positiv. Ich kann fahrende Autos anhand ihrer Scheinwerfer erkennen. Die Scheinwerfer-Schweife sind zu Beginn eher kurz und das Bild wegen der hellen Spielfeldleuchten viel zu hell. Ich ändere die Parameter, bis mir das Bild gefällt.

An der zweiten Location angekommen, fällt mir bei einigen Fotos ein roter Schweif am oberen und unteren Bildrand auf. Hierbei handelt es sich um die Lichter der Drohne. Zum Glück weiss ich, dass es irgendwo im Menü eine Einstellung gibt, um diese auszuschalten.

Leuchten die Lichter der Drohne während der Aufnahme, sind an den Rändern rote Bereiche zu erkennen (5.0 sek bei f/2.8 und ISO 3200)
Leuchten die Lichter der Drohne während der Aufnahme, sind an den Rändern rote Bereiche zu erkennen (5.0 sek bei f/2.8 und ISO 3200)
Advanced Settings - Turn on Aircraft Arm LEDs - EIN/AUS
Advanced Settings - Turn on Aircraft Arm LEDs - EIN/AUS

Ist der Haken «Turn on Aircraft Arm LEDs» entfernt, stehen Fotos aus der Perspektive einer Nachteule nichts mehr im Wege. Ein gutes Foto gelingt meist nicht beim ersten Versuch. Sowieso nicht, wenn die Kamera schwebt. Ich probiere Einstellungen aus, bis ein Bild entsteht, das mir gefällt. Zudem kommt es immer wieder vor, dass unscharfe Bilder geschossen werden. Wohl weil sich die Drohne ganz leicht bewegt. Erstaunlich aber, dass trotzdem ganz viele Fotos gelingen und die Drohne sich während 4–8 Sekunden am selben Punkt halten kann.

Scharf aber zu hell (4.0 sek bei f/2.8 und ISO 400)
Scharf aber zu hell (4.0 sek bei f/2.8 und ISO 400)
Besser belichtet aber unscharf (4.0 sek bei f/2.8 und ISO 100)
Besser belichtet aber unscharf (4.0 sek bei f/2.8 und ISO 100)

Eine Auswahl

4.0 sek bei f/4.5 und ISO 100
4.0 sek bei f/4.5 und ISO 100
4.0 sek bei f/5 und ISO 100
4.0 sek bei f/5 und ISO 100
3.2 sek bei f/4.5 und ISO 100
3.2 sek bei f/4.5 und ISO 100
4 sek bei f/4 und ISO 100
4 sek bei f/4 und ISO 100
4 sek bei f/2.8 und ISO 100
4 sek bei f/2.8 und ISO 100
4 sek bei f/2.8 und ISO 100
4 sek bei f/2.8 und ISO 100
Einmal bei Tag und einmal bei Nacht fotografiert und in Photoshop zusammengefügt
Einmal bei Tag und einmal bei Nacht fotografiert und in Photoshop zusammengefügt

Die Fotos überzeugen trotz langer Belichtungszeit auch Schärfetechnisch. Zur Verdeutlichung: Wenn ich aus diesem Bild den blau markierten Bereich ausschneide, sieht das Foto immer noch ansehlich aus.

4 sek bei f/2.8 und ISO 100
4 sek bei f/2.8 und ISO 100
Vergrösserung des vorherigen Bildes. Ziemlich scharf.
Vergrösserung des vorherigen Bildes. Ziemlich scharf.

Hyperlapse

Neben langzeitbelichteten Fotos sind die neuen DJI Drohnen in der Lage automatisch Hyperlapse Aufnahmen zu produzieren. Ein Hyperlapse ist nichts anderes als ein Timelapse in welchem sich die Kamera in Bewegung befindet.
Auch in diesem Modus können die Parameter frei verstellt werden. Allerdings können Fotos maximal 1/25 sek belichtet werden. Der ISO Wert muss also entsprechend nach oben angepasst werden. Trotzdem gelingen spektakuläre Aufnahmen die sich sehen lassen können. Über die App können zusätzlich verschiedene Aufnahmemodi gewählt werden so dass die Drohne einfach geradeaus fliegt, einen Kreis um ein Objekt macht oder eine zuvor definierte Route abfliegt. Der Kreativität sind kaum grenzen gesetzt und diese Hyperlapse-Aufnahmen gelingen natürlich auch bei Tageslicht.

Das habe ich nicht erwartet

Ich bin ziemlich beeindruckt von diesen Nachtaufnahmen. Ein aus der Hand geschossenes und 4–5 Sekunden lange belichtetes Foto mit einer «normalen» Kamera wäre mit grosser Sicherheit verschwommen. Die Drohne packt das und macht scharfe Fotos. Unzählige Sensoren wie GPS etc. tragen dazu bei. Falls ich dich inspiriert habe, es selber versuchen zu wollen, freu ich mich über jedes Foto das du mir zukommen lässt ;)

Informiere dich über deinen Standort

Nach meinem Drohnenflug am Stadtrand von Rapperswil realisiere ich, dass sich ganz in der Nähe, auf der anderen Seeseite ein kleiner Flughafen befindet. Fünf Kilometer rund um Flughäfen darf nicht geflogen werden. Nächstes Mal werde ich mich wieder vor dem Flug informieren. Was es bei Drohnenflügen sonst noch zu beachten gibt, erfährst du hier:

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Als Multimedia-Produzent ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, Inhalte auf vielfältige Art und Weise aufzubereiten. In meiner Freizeit zieht es mich in die Berge, sei es zum Skifahren, Mountainbiken oder Wandern. Und natürlich habe ich meine Kamera immer griffbereit, genauso wie meine FPV-Drohne. 


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