Noch eine Massagepistole: Was die «Fascia Gun» von Blackroll kann
Das Geschäft mit Massagepistolen brummt schon seit ein paar Jahren. Nun gibt es auch eine Gun von Blackroll, die eher sanft als brutal Marktanteile gewinnen will.
Es ist fast schon verwunderlich, dass Blackroll erst 2022 mit einer eigenen Massage Gun auf den Markt kommt. Schliesslich dreht sich bei dem Unternehmen alles um Selbstmassage, Aktivierung und Regeneration. Auf der Sportmesse OutDoor by ISPO habe ich die Gelegenheit, ihre «Fascia Gun» auszuprobieren und die Punkte unter die Lupe zu nehmen, mit denen sie sich von der Konkurrenz abheben will. Bevor ich zum Check komme, ein paar generelle Gedanken zur immer noch boomenden Produktgattung.
Die Sinnfrage
Vor fünf Jahren hatte ich noch nie etwas von Massagepistolen gehört, inzwischen etliche davon in den Händen. Grosse und kleine, flexible und weniger flexible. Zunächst stand ich den Dingern skeptisch gegenüber, aber ich habe sie schätzen gelernt. Auch Physiotherapie-Dozent Prof. Dr. Slavko Rogan hat keine grundsätzlichen Bedenken, wenn aus medizinischer Sicht nichts dagegen spricht: «Es sind Mittel, die man in der Therapie sehr gut nutzen kann und für fachgerecht angewiesene Laien stellen sie sicherlich eine Unterstützung dar», war seine Einschätzung im Interview. Was die Wirkung angehe werde allerdings mehr versprochen, als wissenschaftlich bewiesen sei.
Schlussendlich bleibt es ein Werkzeug zur Selbstmassage. Und bei Werkzeugen kommt es immer darauf an, wer es in den Händen hält. Gefühlt haben handliche Geräte inzwischen die Nase in der Käufergunst vorne. Es gibt sie in etlichen Varianten und Preisklassen. Die Blackroll Fascia Gun reiht sich also in einen Markt voller Angebote ein.
Design und Qualität
Was die Verarbeitung angeht, lässt sich bei Blackroll-Produkten traditionell wenig meckern und das muss auch so sein. Schliesslich ist das Preissegment gehoben und in der Regel wird mit «made in Germany» geworben. Die Fascia Gun wurde hingegen lediglich in Deutschland entwickelt, weil diese Geräte wohl ausschliesslich in Asien produziert werden.
Ob die verwendete Aluminium-Legierung wie in diesem Fall aus der Luft- und Raumfahrt oder der Getränkedosenproduktion stammt, ist mir persönlich egal. Aber ich muss zugeben, dass es sich wertig anfühlt und mit fein gefrästen Mustern gut in der Hand liegt. Ein Alleinstellungsmerkmal ist das nicht. Ich hatte schon günstigere Modelle, die ebenfalls gut verarbeitet waren und nicht billig wirkten. Trotzdem: Ich nehme die Fascia Gun sehr gerne in die Finger und das Teil ist an den richtigen Stellen griffig. Wie immer gibt es auch eine kleine Reminiszenz an das Ur-Produkt – die Grösse des Griffs entspricht fast genau einer Blackroll Mini. Ein nettes Detail, mehr nicht. Fazit: Job gemacht, die Qualität passt.
Geschwindigkeiten und Amplitude
Die Fascia Gun lässt sich mit einem geduldigen Druck auf den Knopf an der Unterseite einschalten, danach kann ich mit dem selben Knopf durch die vier Geschwindigkeitsstufen von 1200 bis 3200 Bewegungen pro Minute switchen. Bei den ersten beiden liegt die Frequenz unter 30 Hz, was eher der Regeneration dienen und Verspannungen sanft lösen soll. Damit kannst du eine Körperpartie mehrere Minuten bearbeiten. Die Stufen 3 und 4 sind zur schnellen Aktivierung der Muskulatur vor dem Sport gedacht.
In der Praxis nimmst du einfach das, was dir gerade angenehm erscheint. Und angenehm ist bei der Fascia Gun vor allem die geringe Amplitude, der Hub beträgt 7,5 Millimeter. Zum Vergleich: Bei diesem Dreierpack an grossen Geräten, die ich mal ausprobiert habe, lag er zwischen 12 und 14 Millimeter. Das fühlt sich eher hämmernd an, was sicher einigen angenehm und nützlich zu sein scheint. Die breite verweichlichte Masse, zu der ich mich zähle, kann mit der etwas sanfteren, vibrierenden Variante wahrscheinlich mehr anfangen. Ein weiterer Grund, warum die handlicheren Guns generell beliebt sind.
Lautstärke und Vibrationen
Dieser geringen Amplitude wird auch die Laufruhe der Fascia Gun mit zu verdanken sein. Zum einen ist sie vor allem auf den Relax-Stufen 1 und 2 flüsterleise und somit wohnzimmertauglich, zum anderen schüttelt sie auch den Arm, in der du sie hältst, nicht übermässig durch. Bei manchen Modellen kann es auf Dauer anstrengend werden, sie in der Hand zu halten. «Die Vibrationen ziehen bei mir bis in den Arm hoch. Einen ganzen Tag lang könnte ich damit keine Patienten bearbeiten», sagt zum Beispiel Physiotherapeutin Sophia Marterer in diesem Test.
Dieses Gefühl hast du in der Klasse der «Kleinen» mit geringer Amplitude in der Regel nicht. Sie sind insgesamt sanfter, und das spiegelt sich auch in der «stalling force» – also der Blockierkraft, die das Gerät zum Stillstand bringt, wenn du sie richtig fest ins Gewebe drückst. Sie liegt bei der Fascia Gun bei 14,5 Kilo. Die der grossen Theragun Pro im Beitrag oben ist fast doppelt so hoch.
Aufsätze
Natürlich sind die üblichen Teile dabei. Das heisst: Ein Ball für fast überall, eine Gabel, mit der du zum Beispiel links und rechts der Achillessehne arbeiten kannst, ein spitzer Aufsatz, um Triggerpunkte zu bearbeiten und ein flacher Teller, mit dem du die Muskulatur ausstreichen kannst. Bis auf den Teller sind alle mit Silikon ummantelt. Das hat den Vorteil, dass du nicht damit abrutschst und den Nachteil, dass es an behaarten Stellen etwas ziehen kann. Der metallische Teller kann mit Massageöl verwendet werden.
Sonstiges
Der Akku hält – je nach gewählter Massagestufe und ausgeübtem Druck – 6 bis 15 Stunden durch, damit sind etliche Massagen drin. Geladen wird der 2600mAh Lithium-Ionen Akku per USB-C Ladekabel, das an der Unterseite eingesteckt werden kann. Insgesamt ist das Gerät aufs Mitnehmen ausgelegt und auch im Handgepäck im Flugzeug erlaubt. Anleitungen zur richtigen Anwendung findest du auf der Herstellerseite. Wenn mir etwas fehlt, dann ist es ein Reise-Etui für die Gun und ihr Zubehör. Zwar findet alles in der soliden Verpackung einen Platz, aber die nimmt ja kein Mensch mit.
Fazit
Die Blackroll Fascia Gun dockt da an, wo sich viele gerne abholen lassen. Sie ist nicht zu hart, nicht zu laut, nicht zu gross für die Sporttasche und mit 544 Gramm auch nicht zu leicht oder zu schwer. Sie ist nicht zu auffällig, nicht zu schlicht und mit Sicherheit nicht schlecht. Wer harte Schläge sucht, ist hier falsch, Schnäppchenjäger schlagen ebenfalls anderswo zu. Die Tunturi Mini zum Beispiel ist deutlich günstiger, hat mit 6 mm ebenfalls eine geringe Amplitude und ein Case im Lieferumfang.
Trotzdem ist die Fascia Gun massenkompatibel. Ohne ein innovatives Killer-Feature, aber mit sehr langer Akkulaufzeit und generell so gestaltet, dass sie den Erwartungen eines Grossteils der Zielgruppe entspricht. Vielleicht ist das der Grund, dass sie erst jetzt kommt: Wer als etablierte Marke in diesem Segment mitmischen will, muss bildlich gesprochen direkt den Nerv der Kundschaft treffen. Und das gelingt der Fascia Gun.
Sportwissenschaftler, Hochleistungspapi und Homeofficer im Dienste Ihrer Majestät der Schildkröte.