Online oder offline ist dem Klima egal – zumindest beinahe
Der Wettstreit, ob der Online- oder der Offlinehandel klimafreundlicher sei, entscheidet der Onlinehandel für sich. Die Fragestellung aber zielt an der essenziellen Diskussion vorbei. Wer wirklich etwas fürs Klima tun möchte, macht sich besser Gedanken über sein Konsumverhalten.
Der Onlinehandel fördert den Konsum, verursacht hohe CO2-Emissionen und ist mitverantwortlich für die Klimaerwärmung. Solche und ähnliche Behauptungen sind keine Seltenheit und werden in penetranter Regelmäßigkeit verbreitet. Dies wider besseres Wissen. Denn Studien zeigen längst, dass der Onlinehandel hinsichtlich CO2-Emissionen deutlich besser abschneidet als der stationäre Handel. Im Grunde genommen hat die Diskussion online versus offline aber rein gar nichts mit dem Klimawandel zu tun. Es handelt sich bestenfalls um ein Nebengefecht, das im Schatten des Strukturwandels stattfindet. Viel entscheidender fürs Klima ist, was und wie viel davon wir heute konsumieren.
Aber fangen wir von vorne an. Wer ein neues Handy oder Notebook braucht, klickt sich durch unsere Onlineshops und bestellt in Sekundenschnelle. Am nächsten Tag klingelt die Paketlieferung an der Haustüre und bring das Objekt der Begierde – schnell, bequem und auch noch klimafreundlich. Letzteres belegt eine Untersuchung des Freiburger Öko-Instituts. Das 2015er Beispiel ist zwar nicht mehr ganz taufrisch, aber dennoch aussagekräftig. Die Forscher verglichen die Emissionen, die beim Kauf von Schuhen entstehen – online versus offline. Das Resultat ist eindeutig: Der Schuhkauf im stationären Händler verursacht doppelt so viel CO2 wie der Onlineeinkauf. Selbst wenn der Schuh als Retoure zurück zum Händler geht, schneidet der Onlineeinkauf in Sachen CO2 zwischen 20% und 320% besser ab als der Einkauf im Fachgeschäft. Zu Buche schlägt vor allem der Stromverbrauch in den stationären Geschäften.
Der Vertriebsweg kümmert das Klima wenig
Wie gesagt – eine Scheindiskussion, die uns höchstens den Blick auf die relevanten Einflussfaktoren vernebelt. Dies wird spätestens dann offensichtlich, wenn man die CO2-Bilanz eines Produktes über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg analysiert. Gemeinsam mit dem Expertenteam von South Pole haben wir ein Berechnungsmodell entwickelt, um genau dies zu tun. Um beim obigen Vergleich zu bleiben, berechnen wir die CO2-Bilanz von Schuhen – in unserem Fall Leder-Sneaker eines gängigen Modelabels. Dabei handelt es sich um keine exklusiven Treter, sondern Standardware. Der GHG (Greenhouse Gas) Footprint – also der CO2-Fußabdruck besagter Sneakers liegt bei 54 kg – also 54.000 g, um die Einheit der Freiburger Studie zu verwenden. Davon entfallen für den Transport lediglich 200 g bis 300 g CO2. Konkret bedeutet das: Ob die Schuhe on- oder offline verkauft werden, ist in punkto CO2-Emissionen zweitrangig. Denn der vertriebsbedingte CO2-Ausstoß vom Verteilzentrum zum Kunden bewegt sich zwischen 0,4% und maximal 3%.
Material und Lebensdauer sind die kritischen Klimagrößen
Ob ein Sneaker einen geringeren CO2-Footprint erreicht, hängt maßgeblich vom Material des Sneakers ab. Ein vergleichbarer Sneaker aus Gummi verursacht im Vergleich zu Leder mit 23 kg CO2 weniger als die Hälfte an Treibhausgasen. Am klimafreundlichsten sind Textil-Schuhe aus Baumwolle, bei dessen Produktion rund 18 kg CO2 in die Atmosphäre gelangen. Dies unter der Annahme, dass alle Sneaker-Modelle im Laufe ihres Lebens in etwa gleich viele Kilometer zurücklegen. Wobei wir beim letzten Faktor wären – der Lebensdauer. Bei Konsumgütern ist die Faustregel einfach und logisch: Je länger ich ein Produkt benutze, desto besser fällt die CO2-Bilanz über den gesamten Lebenszyklus gesehen aus. Fazit: Ob der Sneaker, die Bratpfanne oder das Handy online- oder offline eingekauft werden, spielt im Grunde genommen keine Rolle. Entscheidend ist, wie viel wir davon konsumieren und aus welchen Materialien die Produkte gefertigt sind. Wer es genauer wissen möchte, erfährt hier mehr über die genaue Berechnung des CO2-Footprints.