Hintergrund

THX Gaming Mode: Noch mehr unnütze Zertifizierung?

Luca Fontana
5.8.2020

THX, 1983 von Star-Wars-Schöpfer George Lucas gegründet, rückt mit ein paar neuen Details zum THX Gaming Mode für Fernseher raus. Fragt sich: Was taugt der Spielmodus?

THX, das US-amerikanische Tech-Unternehmen, das vor allem im Bereich Ton- und Bildwiedergabe tätig ist, will mit seinem eigenen Gamemode für Fernseher einen neuen Standard für TV-Hersteller setzen.

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Bereits seit längerem bekannt ist die Zusammenarbeit mit TV-Hersteller TCL, dessen 2020er Modelle der 6er-Serie mit dem «THX Gaming Mode» ausgestattet werden. Wo bisher aber nur die Tatsache dieser Zusammenarbeit bekannt war, hat THX nun neue Details zum hauseigenen Gamemode preisgegeben.

Die eigentliche Frage aber lautet: Wozu das Ganze?

THX will kinoreife Bilder bei niedrigen Input Lags

Mai 1983: Star-Wars-Schöpfer George Lucas gründet THX Ltd. als Zertifizierungsstelle für Kinos mit Sitz in San Francisco, Kalifornien. Treibende Kraft ist sein Toningenieur Tomlinson Holman, der immer wieder feststellt, dass der Filmton, den er im Studio abgemischt hat, häufig nicht in gleicher Form im Kino ankommt.

Holman entwickelt ein irres Normensystem, das die Akustik vom Tonstudio bis zum Kinosaal vereinheitlicht und dabei nicht nur die Räumlichkeiten und deren Beschaffenheit berücksichtigt, sondern auch Dinge wie die Geräusche der Klimaanlage. Voilà: Die Anfänge von THX.

George Lucas, 1971, während dem Dreh von «THX 1138», das später wohl den Namen seiner Zertifizierungsfirma beeinflusst hat.
George Lucas, 1971, während dem Dreh von «THX 1138», das später wohl den Namen seiner Zertifizierungsfirma beeinflusst hat.

Beinahe vierzig Jahre später will THX auch Fernseher in Punkto Game-Tauglichkeit zertifizieren lassen. Denn die Kriterien eines guten Gaming-Fernsehers sind andere als bei einem Fernseher, der vor allem fürs Filme- und Seriengucken genutzt wird.

Antreiber für THXs plötzliches Interesse an der Gamebranche dürfe Razer Inc. sein, der Gaming- und Computer-Hardware-Hersteller, dem THX seit 2016 gehört. Als ersten Partner haben sich die Kalifornier einen der am schnellsten wachsenden TV-Hersteller der letzten Jahre ausgesucht: der chinesische Techgigant TCL.

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Über 400 Tests sind laut Pressemitteilung durchgeführt worden, die sicherstellen sollen, dass Dinge wie eine ausgewogene Farbwiedergabe bei gleichzeitig niedrigem Input Lag halten, was der THX Gaming Mode verspricht. Genau genommen:

Farbe: Spiele werden absichtlich heller und gesättigter programmiert als Filme und Serien. Der THX-Gamemode soll sicherstellen, dass die Farbwiedergabe akkurater an die Vorstellungen der Entwickler als an jene von Hollywoods Koloristen angepasst wird.

Bildrate: Im THX Gaming Mode müssen zertifizierte Geräte bei UHD-Auflösung eine Bildwiederholfrequenz von 120 Hz oder höher ermöglichen.

Input Lag: Der Input-Lag, zu Deutsch Eingabeverzögerung, bezeichnet die Zeit, die ein TV benötigt, um Befehle, die es von einer externen Signalquelle empfängt, auf dem Bildschirm darzustellen. Im THX Game Mode muss diese Verzögerung sehr gering sein. Genaue Angaben sind noch nicht bekannt.

Reaktionszeit: Sie beschreibt im Wesentlichen, wie schnell Pixel ihre Farbe und Helligkeit ändern können. Je besser die Reaktionszeiten, desto weniger schmieren sich rasend schnell bewegende Objekte wie etwa das Fadenkreuz beim Ego-Shooter. Genaue Angaben, wie tief die Reaktionszeiten im THX Game Mode sein müssen, sind nicht bekannt.

Klarheit: THX will im THX Gaming Mode dank Black Frame Insertion für besonders wenig Bewegungsunschärfe sorgen.

Smartness: THX Gaming Mode zertifizierte Fernseher sollen automatisch erkennen, ob THX Gaming Mode taugliche Konsolen oder PCs mit dem Fernseher verbunden sind und automatisch in den entsprechenden THX Gamemode wechseln.

Klingt doch alles vielversprechend. Oder doch nicht?

THX Gaming Mode: Noch so eine Marketing-Masche?

Fernseher und ihre Bildmodi. Die Grundidee dahinter ist gut. Packst du deinen Fernseher zum ersten Mal aus und schaltest ihn ein, befindet er sich wahrscheinlich im «Standard»-Modus. Also in einem Modus mit vorprogrammierten Bildeinstellungen, die du für so ziemlich alles nutzen kannst: Filme gucken, Serien bingen oder gar zum Gamen.

Je nach Inhalt gibt es zusätzliche Modi, die speziell auf die entsprechenden Bedürfnisse des Inhalts ausgerichtet sind. Im «Dynamik»-Modus etwa werden Helligkeit und Kontraste so stark hochgeschraubt, dass das Bild zwar kaum natürlich wirkt, aber in Lichtdurchfluteten Wohnzimmern besser zu erkennen ist. Der «Kino»-Modus sorgt meist für ein wärmeres Bild, was näher an die Visionen Hollywoods Regisseuren und Koloristen ist. Und der «Game»-Modus schaltet unnötige Bildoptimierungsprozesse ab, die die Verarbeitungszeit verkürzen, was wiederum für niedrige Input Lags sorgt – das A und O für Gamer.

Nur: Immer mehr Zertifizierungsstellen bemühen sich um eigene Modi. Was eigentlich ein Qualitäts-Gütesiegel sein sollte, verkommt stattdessen zum grossen Bildmodi-Wirr-Warr. Wie etwa bei Panasonics GZC2004-OLED-TV, den ich erst kürzlich getestet habe.

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Der bietet rund sechs Kino-Modi an. Sie unterscheiden sich optisch kaum, versprechen aber alle irgendwas in Richtung «Hollywood-Tuning»:

  1. Kino
  2. THX Cinema
  3. THX Bright Room
  4. True Cinema
  5. Professional 1
  6. Professional 2

Was du womöglich noch nicht weisst: Als nächstes folgt der «Filmmaker»-Modus, der Filme haargenau so darstellen soll, wie es der Regisseur vorgesehen hat. Meines Wissens nach besitzen sowohl die 2020er-Modelle Panasonics als auch die 2020er Modelle LGs den zertifizierten «Filmmaker»-Modus, der eigentlich nur eine weitere Version dessen ist, wozu einst der «Kino»-Modus alleine ausgereicht hat. Oder hätte ausreichen sollen.

Die Sache ist die: Zertifizierte Bildmodi, die nur wenig echte Mehrwerte für Käufer bieten, bringen dafür den Zertifizierungsstellen gutes Geld fürs Abholen der entsprechenden Zertifikate ein. Auf der anderen Seite können Hersteller mit den Zertifikaten werben oder sich kostenlose PR besorgen, wenn die Presse unkritisch darüber berichtet.

So komisch das klingt: Zertifikate sind sexy. Zumindest aus Marketing-Sicht.

Wo lässt sich der THX Gaming Mode einordnen?

Wie gesagt: THXs Interesse an der Gaming-Branche hängt eng mit seiner Gaming-Hardware herstellenden Mutter zusammen – Razer. Das Timing der Ankündigung des THX Gaming Modes dürfte aber auch mit der kommenden neuen Konsolengeneration zusammenhängen. Viele potentielle Käufer einer Playstation 5 oder Xbox Series X werden jetzt schon mit dem Kauf eines neuen Gaming-TVs liebäugeln, das die Hardware der neuen Konsolen ausreizt.

Ist der THX Gaming Mode nun also ein Qualitäts-Gütesiegel für Gaming-TVs oder doch eher Marketing-Masche?

Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt: eher letzteres. Da ist von 400 Tests die Rede, die weder THX noch TCL näher beleuchten. Zudem verspricht THX viel, nennt aber keine konkrete Zahlen. Wie hoch darf der Input Lag im THX Gaming Mode maximal sein? Wie steht’s mit der Reaktionszeit? Das macht misstrauisch. Ohne nachprüfbare Details bleibt’s vorerst bei Marketing.

Sowieso: Es reicht nicht aus, dass das Wiedergabegerät den THX-Modus unterstützt. Auch die Signalquelle, also die Next-Gen-Konsole oder der angeschlossene Gaming-Computer, müssen THX Gaming Mode zertifiziert sein, damit der Modus einwandfrei funktioniert. Bislang ist noch nichts über eine solche Kompatibilität bei Next-Gen-Konsolen oder -PCs bekannt.

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