Wenn Kopfhörer mit dir reden - die gruslige Stimme im Kopf
Hintergrund

Wenn Kopfhörer mit dir reden - die gruslige Stimme im Kopf

Apples Siri spricht mit uns. Googles namenloser Voice Assistant auch. Amazons Alexa auch. So technologisch ausgereift diese Dinge auch sind, sie sind irgendwie gruslig. Ich habe mich von meinen Kopfhörern vollquatschen lassen und bei User Interface Designern nachgefragt.

«I am now connected to your media library», sagt mir eine Frauenstimme ins Ohr. Mir läuft es kalt den Rücken herunter. Eigentlich meint es die Stimme in meinem Kopf ja gut mit mir und sie kommt auch nicht aus meinem Kopf. Ich bin zwar der einzige, der sie hört, aber das liegt auch nur daran, dass sie die Stimme meiner Kopfhörer ist. Wenn der Tag lang ist, erzählt sie mir eine ganze Menge. Oft, dass sie grade die Verbindung zu meinem Handy verloren hat, denn ihre Bluetooth-Fähigkeiten lassen etwas zu wünschen übrig. Dann sagt sie mir manchmal, dass ich schon seit zehn, zwanzig, dreissig Minuten auf dem Velo sitze und mich abrackere.

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Das System ist einfach erklärt. Aber wieso ist es mir so unheimlich? Warum spreche ich über es als eine Sie und denke im Kopf an eine Frau? Und: Sind die Stimmen wirklich so unheimlich oder spinne ich komplett?!

Die Technologie - der ungruselige Part

Die Stimme in meinen Kopfhörern hat System. Das Prinzip heisst Zero UI und wird wohl die Zukunft des Designs sein. Der Begriff wurde von Andy Goodman, Group Director der Designfirma Fjord, geprägt als er beschrieben hat, dass der Bildschirm langsam aber sicher ausgedient hat.

Die Idee hinter Zero UI ist einfach: Es geht darum, dass die Technologie mit dem Menschen auf natürlichere Art und Weise interagiert. Tasten drücken, wie ich es tue um diesen Artikel zu schreiben, ist keine natürliche Art zu schreiben. Icons auf einem Bildschirm drücken, um eine App zu starten auch nicht.

Computersysteme dringen immer weiter in unseren Alltag vor. Meine Kopfhörer reden mit mir, weil sie halt keinen Bildschirm haben und weil mein Handy einige Meter entfernt auf einem Tisch liegt, weil ich grade Gewichte hebe. Wenn ich jetzt wissen müsste, wie lange ich schon Gewichte hebe - die Frau im Ohr informiert mich auch hier alle zehn Minuten über den Fortschritt der Zeit -, ohne dass meine Kopfhörer mit mir reden, dann ginge das so:

  • Gewichte absetzen
  • Tief durchatmen
  • Zughilfen ausziehen
  • Magnesium abklopfen
  • Schweiss von den Händen abtrocknen
  • Fünf Meter bis zum Tisch gehen
  • Bildschirm einschalten

Das geht für viele andere Dinge auch. Angenommen, wir wollen wissen wo die nächste Pizzeria ist. Entweder fragen wir Siri einfach «Siri, wo ist die nächste Pizzeria» und Siri vergleicht unsere per GPS ermittelte Position mit den Resultaten auf Google Maps, plottet einen Kurs dahin und zeigt uns diesen auf der Karte an, oder wir müssen das alles selber machen.

Pate für diese Idee sind unter anderem der Computer in Star Trek und HAL 9000 in «2001: A Space Odyssey».

Chief Miles O’Brien steuert ein Shuttle während er beschossen wird und telefoniert

Kurz, je weniger Interaktion wir mit dem Bildschirm haben müssen, desto flinker sind wir. Die jüngste Generation des Internet of Things - ans Internet angeschlossene Geräte - verzichten sogar ganz auf Bildschirme. Amazons Echo ist da Vorreiter.

Amazons Echo kommt ohne Bildschirm aus

Die Interaktion mit Computern ohne Bildschirm und mit wenig menschlichem Zutun ist schnell, einfach und zukunftsweisend.

Die Frage, die das Konzept von Zero UI nicht beantwortet, ist aber: Warum ist mir die Stimme meiner Kopfhörer so unheimlich?

Der Grusel kommt unverhofft

«Ich vermute, dass der soziale Kontakt fehlt», sagt Otmar Hilliges, Professor für Advanced Interactive Technologies an der ETH Zürich. Denn zu einer sozialen Interaktion, die natürlich wirkt, gehört viel mehr als nur die Stimme, deren Inflektion und Modulation. «Eine echte Person würde sich ja nicht von hinten anschleichen und Ihnen ungefragt ins Ohr flüstern, sondern sich vorher bemerkbar machen», fügt er an.

Obwohl Hilliges keine definitive Antwort auf die Frage geben kann, warum mir die Frau in meinem Ohr unheimlich ist, weiss er, dass Kommunikation auf weit mehr Ebenen stattfindet als nur mit der Stimme. Dazu gehören unter anderem die Körpersprache und der Augenkontakt, die schon vor dem ersten gesprochenen Ton eine Kontaktbereitschaft etablieren.

All das kann die Frau im Ohr nicht. Sie sitzt nur in einem paar futuristisch anmutenden Kopfhörer, die Daten mit meinem Handy austauschen. Egal, wie nett sie klingt, sie wird nie Augen haben, oder eine Körperhaltung. Antworten kann ich ihr auch nicht, obwohl ich oft irgendwas von wegen «Jaja, ich weiss, jetzt sei still» murmle, wenn sie mir mal wieder erzählt, dass sie meine Musikbibliothek nicht lesen kann.

Daher bleiben mir zwei Möglichkeiten:

  1. Sie bleibt mir unheimlich
  2. Ich gewöhne mich an sie

Letzteres scheint plausibler, denn Zero UI ist wohl ein integraler Teil der Zukunft unserer Interaktion mit Computern. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mal in die Runde zu fragen: Geht es wirklich nur mir so, oder sind Stimmen von Computern gruselig? Habt ihr euch schon dran gewöhnt? Und welche Zero UI Devices findet ihr cool?

Titelbild: Technologie erhält eine Stimme. Das wirkt dann doch etwas unheimlich, wenn die eigenen Kopfhörer eine Diskussion beginnen. (Foto: Natalie Paquette)

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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