Wie nachhaltig ist deine Armbanduhr?
Hintergrund

Wie nachhaltig ist deine Armbanduhr?

Vanessa Kim
8.9.2021

Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, wie nachhaltig deine Armbanduhr ist? Über die Schattenseite der Uhrenindustrie und wie Rizinusöl und Co. sie grüner machen sollen.

Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Nicht nur die Textilbranche, sondern auch die Uhrenindustrie befindet sich im Umbruch. Statt an veralteten Herstellungsprozessen festzuhalten, setzen mittlerweile auch alteingesessene Traditionsmarken – von der es in der Uhrenbranche viele gibt – auf umweltbewusstere Alternativen.

Zugegeben, im direkten Vergleich mit entsorgten Textilien ist das Ausmass an weggeworfenen Uhren verhältnismässig gering. Trotzdem ist das noch lange kein Grund, die Branche nicht zu hinterfragen und sich Gedanken darüber zu machen, woher die Ressourcen, aus denen deine Armbanduhr gemacht ist, stammen. Zu den Material-Schwerenötern zählt unter anderem Gold, dessen Beschaffung der Umwelt schadet.

Das neue Gold

Überall, wo nach Gold gesucht wird, werden Wälder gerodet und Gewässer verseucht. Quecksilber und Arsen sind nur einige der Gifte, die für seine Gewinnung nötig sind. Beim Goldabbau gelangen die Chemikalien nicht nur ins Wasser, sondern auch in die Luft und schliesslich in die Nahrungskette. Hinzu kommt, dass bei den Arbeiten in den Minen in rauen Mengen CO₂ freigesetzt wird.

Du suchst eine Alternative? Die klimafreundliche Alternative ist Recyclinggold. Das Sekundärgold wird zwar wie «Neugold» gewonnen, bleibt aber durch mehrmaliges Schmelzen und Rezyklieren zumindest im Rohstoffkreislauf.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt: Zerstörung des Regenwaldes aufgrund von Goldbergbau in Südamerika.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt: Zerstörung des Regenwaldes aufgrund von Goldbergbau in Südamerika.

Abgesehen davon, dass nicht jede*r eine Golduhr am Handgelenk trägt, schaden auch Materialien wie Plastik der Umwelt und unnötig lange Transportwege, die einen grossen Teil der CO₂-Emissionen von Uhren ausmachen. Um diese zu verringern, handeln viele Unternehmen möglichst CO₂-neutral. Doch was bedeutet das überhaupt? Von CO₂-Neutralität ist immer dann die Rede, wenn Kohlenstoffemissionen kompensiert oder Treibhausgase erst gar nicht in die Atmosphäre abgegeben werden. Die gesamte Mondaine Group beispielsweise agiert seit Ende 2020 komplett CO₂-neutral. Sprich: Für die Produktion setzt sie auf Solarenergie – diese bezieht sie von der Solarfläche, die sich auf dem Dach ihrer Fabrik befindet – und auf umweltfreundliche Materialien. Im Falle des Uhrenmodells «Essence» verwendet Mondaine nachwachsende und rezyklierte Materialien wie Rizinusöl fürs Gehäuse und – je nach Ausführung – Naturkautschuk, Kork oder recycelte PET-Flaschen fürs Armband.

Das Schweizer Unternehmen sammelte bereits in den 90ern Altmetall aus Schrotthaufen. Dieses wurde eingeschmolzen und zu Metallgehäusen für Uhren verarbeitet. Da Recyclingstellen für Uhren Mangelware sind, hat es hierzulande eine der ersten entwickelt. Trotz der vielen Uhrenfirmen sind diese eine Rarität. Wer seinen – egal, ob Mondaine oder nicht – Zeitmesser entsorgen will, kann dies hier tun. Allerdings nur, falls sie nicht aus Plastik ist, da Kunststoff in der Regel nicht zerlegbar ist.

Kompensieren

Es gibt verschiedene Methoden und Ansichten, um als Marke umweltbewusst zu handeln. Neben der Verwendung nachhaltiger Materialien werden mit dem Verkaufserlös auch Non-Profit-Organisationen finanziell unterstützt. Oris tut beides. Der unabhängige Uhrenhersteller setzt sich nicht nur für andere ein, sondern kooperiert mit Unternehmen wie «Everwave», das gerade an einer Technologie tüftelt, die Plastik auffangen will, bevor es ins Meer gelangt. Mit Partnerschaften wie dieser schafft die Marke ein Bewusstsein für die Umweltproblematik. Darum setzt Oris für die limitierte «Clean Ocean»-Modelle auf rezykliertes PET und spendet einen Teil des Verkaufserlöses.

Hier knüpft auch die Marke Luminox an. Für ihre «Tide Eco»-Linie setzt das Label, das zur Mondaine Group gehört, auf recycelte Plastikabfälle aus dem Meer. Hierfür spannt es mit dem Unternehmen «Tide Ocean SA» zusammen, das Plastikabfälle einsammelt, sortiert und wiederaufbereitet. Mittels Upcyclings wird das Tide-Ocean-Material – im Falle der Eco Tide Series – zu Armbändern verarbeitet.

Alternative Materialien

Die Marke Swatch, die mit ihren Plastikuhren bekannt geworden ist, weiss, dass das Sprichwort «Never change a winning Team» in den meisten aller Fälle ein sicherer Wert ist. Um sich aber den Gegebenheiten anzupassen und fortschrittlich zu agieren, setzt die Marke für ihre «Bio Reloaded»-Linie statt auf herkömmliches Plastik auf biobasierten Kunststoff, der aus dem Öl der Rizinuspflanze gewonnen wird und startet einen erneuten Versuch, auf alternative Materialien zu setzen: Bereits in den Neunzigern lancierte die Marke die «ReWatch»-Armbanduhren aus recycelten Aludosen. Das Design kam nur mässig an und ist in der Versenkung verschwunden.

Ob dies auch Zeitmesser aus Holz schon bald tun? Tatsache ist, dass diese zurzeit wie Pilze aus dem Boden schiessen und deshalb nicht auf dem Holzweg zu sein scheinen. Marken wie Laimer und Swiss Natura haben sich auf das Naturmaterial spezialisiert. Erstere bezieht für seine Zeitmesser FSC-zertifizierte Holzreste aus der Möbelindustrie. Victorinox fertigt zumindest Armbänder aus Holz an. Für das Modell «I.N.O.X. Mechanical» setzt der Schweizer Lifestyle Brand auf denselben Herstellungsprozess wie den seiner Lederarmbänder. Statt Leder werden jedoch Holzplättchen für die Oberfläche verwendet. Ein zukunftsweisender Schritt, wenn du bedenkst, dass Lederarmbänder mit Chrom, einem giftigen Schwermetall, gegerbt werden. Wer dennoch nicht auf ein Lederarmband verzichten will, greift alternativ zu naturgegerbtem Leder, wie es Marken wie Oris verkaufen.

Da eine Uhr eine Investition in etwas von langer Dauer sein soll, ist es fraglich, wie beständig eine Holzuhr ist. Kratzfest ist sie wahrscheinlich nicht. Wer sich etwas Robusteres wünscht, das auch noch in zehn Jahren gut aussieht, greift zu Edelstahl. Obwohl bei diesem besonders reinen Stahl der Energieverbrauch nicht gerade tief ist, ist er zumindest weniger hoch als der von Plastik und rezyklierbar. Noch robuster und kratzfester sind hingegen Modelle aus Keramik. Das macht die Uhren zu einer guten Langzeitinvestition, die verhältnismässig lange schön aussieht.

Die Automatikuhr «I.N.O.X. Mechanical» ist Victorinox’ erster Zeitmesser mit einem Uhrenarmband aus Holz. Bild: Victorinox
Die Automatikuhr «I.N.O.X. Mechanical» ist Victorinox’ erster Zeitmesser mit einem Uhrenarmband aus Holz. Bild: Victorinox

Quarzwerk versus Automatik

Doch es gilt nicht nur die Rohstoffgewinnung, den Herstellungsprozess und die Materialwahl im Uhrendschungel zu überdenken, sondern auch das Herzstück jedes Zeitmessers: das Uhrwerk. Für Sammler*innen und Liebhaber*innen ist und bleibt die Automatikuhr ein sicherer Wert und bedeutet ein Stück Handwerkskunst. Was sie ausmacht? Sie läuft ohne Batterie. Stattdessen werden die Zeiger durch eine aufwendige Mechanik zum Laufen gebracht. Durch die Bewegung deines Armes zieht sich die Uhr auf. Sobald du sie einige Tage lang ablegst, bleibt die Uhr stehen, bis du dich mit ihr erneut bewegst. Je nach Uhrwerk reicht die Gangreserve von einigen Stunden bis zu drei Tage aus. Quarzuhren hingegen sind batteriebetrieben und genauer. Der Grund: Quarzkristalle schwingen unter Spannung vergleichsweise regelmässiger. Das macht den Zeitmesser zuverlässiger.

Für Automatikuhren spricht neben der traditionellen Handwerkskunst noch ein weiterer Punkt: Sie sind nachhaltiger, da keine Batterie notwendig ist, die du nach einigen Jahren ersetzen und entsorgen musst. Das ist alles andere als umweltbewusst. Anders sieht dies jedoch mit einer solarbetriebenen Quarzuhr aus. Hier ersetzen Solarzellen auf dem Zifferblatt die Batterie.

Nahaufnahme des Inneren einer Automatikuhr.
Nahaufnahme des Inneren einer Automatikuhr.

Noch ist nicht aller Tage Abend

In der Uhrenindustrie tut sich was. Die Branche hat den Weckruf gehört und rüttelt so langsam an den bisherigen traditionellen Methoden. Verbesserungen in Sachen Transparenz, Lieferketten und einem verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt sind nur ein kleiner Tropfen auf dem heissen Stein.

Wie immer ist es ein Miteinander. Denn nicht nur die Firmen, sondern auch die Konsumenten tragen zu einem geringeren ökologischen Fussabdruck bei. Wenn du schon länger mit dem Gedanken spielst, dir eine Armbanduhr zu kaufen und dir Nachhaltigkeit am Herzen liegt, hilft dir vielleicht dieser Kaufleitfaden des WWF Schweiz. Seine Quintessenz: Egal, für welches Uhrenmodell du dich entscheidest – weniger ist mehr. Der Fokus sollte auf Qualität statt auf Masse liegen. Oder noch besser: Ein Familienerbstück oder ein Modell aus zweiter Hand an deinem Arm ist nach wie vor die nachhaltigste Methode, einen Zeitmesser zu besitzen.

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Wenn ich mal nicht als Open-Water-Diver unter Wasser bin, dann tauche ich in die Welt der Fashion ein. Auf den Strassen von Paris, Mailand und New York halte ich nach den neuesten Trends Ausschau und zeige dir, wie du sie fernab vom Modezirkus alltagstauglich umsetzt. 


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