20 Jahre «World of Warcraft»: Als ich noch jung und die Welt riesig war
Vor 20 Jahren öffnete sich das Portal nach Azeroth. Die Erinnerungen an meine ersten Schritte in «World of Warcraft» sind noch heute so lebendig wie eh und je. Eine davon ist mein grösster Schatz.
Ich erinnere mich noch lebhaft an das Gefühl der Ehrfurcht, als ich im Februar 2005 mit meinem frischgebackenen Paladin durch die Wälder von Elwynn Forest wanderte, die Augen weit aufgerissen ob all der Wunder, die es zu entdecken gab. Das wohlige Knistern des Feuers im geselligen Gasthaus in Goldshire zum Beispiel. Oder das ferne Heulen eines gefürchteten Gnolls namens Hogger – jeder Augenblick war erfüllt von einer fast greifbaren Magie, die ich bislang noch nicht kannte.
Dass schon fast 20 Jahre vergangen sind, seit ich zum ersten Mal die Welt von Azeroth betreten habe, kann ich kaum fassen. Zeit, in Erinnerungen zu schwelgen und ein Spiel zu feiern, welches das MMO-Genre massgeblich beeinflusst hat – und es noch immer tut.
Als Reisen noch ein Abenteuer war
Einmal etwa setzten mein Gildenfreund und ich es uns in den Kopf, von Goldshire nach Ashenvale zu reisen. Also von der Welt der Menschen in die Welt der Nachtelfen, von der uns gesagt wurde, es sei das schönste Gebiet des ganzen Spiels.
Eine Weltreise ins Ungewisse erwartete uns: Wir hatten ja noch nicht mal Level 15 der damals maximal 60 erreicht. Videos, die die Überraschung vorwegnahmen, gab's kaum im Internet des Jahres 2005 – Youtube wurde erst im selben Jahr gegründet. Und einfach einen Nachtelfen-Charakter zu erstellen, wäre zu simpel gewesen. Wir waren schliesslich Abenteurer!
Getrieben von unserer Neugier war der Reiz des Unbekannten der einzige Reiseführer, den wir brauchten. In unserer Vorstellung waren wir die Gefährten aus «Lord of the Rings». Das Ziel: Hin und wieder zurück. Was konnte schon schief gehen?
Zuerst nahmen wir den Tiefenzug von Stormwind nach Ironforge gen Norden. Dort liessen wir uns von einem erfahrenen Zwergenkrieger erklären, dass wir zunächst die schneebedeckten Hügel Dun Moroghs durchqueren mussten, um anschliessend in Loch Modan den Bergpass ins Sumpfgebiet zu nehmen. Irgendwo dort gäbe es ein Schiff, das uns auf den anderen Kontinent bringen würde. Von da an wären wir auf uns gestellt: Unser Pfad würde uns durch gefährliche Landstriche führen, in denen Monster und Bestien weit über unserem Level lauerten – und sogar das feindliche Gebiet der Horde!
Unerschrocken und mit staunenden Blicken wanderten wir durch die atemberaubende Landschaft. Stundenlang zogen verschneite Schluchten und gigantische Seen an uns vorbei. Wir bewunderten den majestätischen, von Zwergenhand erbauten Staudamm des Lochs und flohen vor Spinnen und anderen fürchterlichen Kreaturen, deren Level so hoch war, dass anstelle einer Zahl nur ein Totenkopf angezeigt wurde.
Als wir das savannenartige Brachland Kalimdors erreichten, wurde es richtig brenzlig. Eigentlich wollten wir uns nie abseits der Pfade begeben. Zu gross die Gefahr, versehentlich bösartige Kreaturen anzulocken, denen wir nicht gewachsen waren. Doch dann führte uns unser Pfad mitten durch eine Siedlung der Horde – die Crossroads.
Aufgeben war keine Option. Dafür waren wir schon zu weit gekommen. Dann der Super-GAU: Beim Versuch, unbemerkt an der Siedlung vorbeizuschlüpfen, entdeckte uns eine Gruppe von Orks und Trollen. Mein Gildenfreund und ich, über Teamspeak im Voicechat verbunden, schrien gleichzeitig:
«RENN UM DEIN LEBEN!»
Wir rannten, was das Zeugs hielt, betend, dass wir nicht blindlings in eine Monstergruppe oder – schlimmer – in noch mehr furchterregendes Horde-Gesindel rennen würden. Aber wir hatten Glück. Mit gefühlt «letzter» Kraft erreichten wir die ersten Ausläufer eines verwunschenen Waldes: Ashenvale, das Reich der Nachtelfen.
Wir hatten unser Ziel erreicht.
Mondlicht und Magie: Im Reich der flüsternden Geister
Ashenvale, das alte Herz von Kalimdor, ein Reich von smaragdgrünem Zwielicht und flüsternden Winden. Es war schon weit nach Mitternacht. Mondstrahlen tanzten auf dem Blätterdach und malten schimmernde Muster auf den moosigen Boden, wo uralte Bäume ihre knorrigen Wurzeln tief in die Erde gruben. Geheimnisvolle Mondbrunnen schimmerten in verborgenen Lichtungen; ihre Wasser flossen mit der Magie der schlafenden Träume. Die Hordlerinnen und Hordler? Sie wagten es nicht, die Grenzen des heiligen Waldes zu überqueren.
Für meinen Gildenfreund und mich aber sangen die Geister des Waldes in jedem rauschenden Blatt und plätschernden Bach. Beinahe meinten wir sogar, den Duft von Kiefern und feuchter Erde, der die Luft erfüllte, wahrzunehmen, während sich die Pfade durch ein Labyrinth aus hoch aufragenden Bäumen und Blüten wanden. Wir waren sicher – fürs Erste. Denn unter der friedlichen Schönheit lauerte eine tiefe Wildheit.
Schatten huschen durch das Unterholz, und das Flüstern der Nachtwinde trug die Schreie von Jägerinnen und Gejagten zu uns. In den Tiefen des Waldes verbargen sich uralte Ruinen, die von vergessenen Schlachten und den Geheimnissen der Vergangenheit erzählten. Ashenvale war ein Ort der Magie und des Wunders, wo die Natur in ihrer ganzen Pracht – und Grausamkeit – herrschte.
Eine Zeit lang durchstreiften wir die mystischen Wälder des Elfenreichs, sammelten Erfahrung, nachtelfische Ausrüstung und Waffen. Als wir schliesslich mit Level 25 in die Städte und Dörfer der Menschen Sturmwinds zurückkehrten, fühlten wir uns wie verwandelt. In unseren Augen spiegelte sich die Weisheit der alten Wälder, in unseren Erinnerungen die Abenteuer von Ashenvale – Erfahrungen, die den jungen Abenteurerinnen und Abenteurern im friedlichen Elwynn Forest noch verborgen blieben.
Ah, wenn sie nur wüssten, was noch auf sie zukommen würde!
Ein Jubiläum der Legenden: 20 Jahre World of Warcraft
Jepp, «World of Warcraft» vermochte es immer schon, meine Fantasie wie kein zweites Spiel anzuregen. Gerade früher war es mein zweites Zuhause. Ein Ort, an dem ich Freunde und Freundinnen fand und Abenteuer erlebte, die ich nie für möglich gehalten hatte. Von den epischen Schlachtzügen mit meiner ersten Gilde in Molten Core bis zu den gemütlichen Abenden vor dem Auktionshaus in Ironforge – jede Erinnerung ist ein kostbarer Schatz, den ich für immer in meinem Herzen tragen werde.
Und so öffnete sich vor zwei Jahrzehnten ein Portal zu einer anderen Welt – einer Welt voller Magie, Abenteuer und endloser Möglichkeiten. «World of Warcraft» hat seitdem Millionen von Spielerinnen und Spieler in seinen Bann gezogen und eine Generation geprägt. Es ist ein Spiel, das uns gelehrt hat, zusammenzuarbeiten, Herausforderungen zu meistern und niemals aufzugeben – selbst wenn die Chancen gegen uns stehen.
Wir haben Seite an Seite mit tapferen Heldinnen und ikonischen Legenden gekämpft, uralte Drachen bezwungen und die finstersten Ecken Azeroths erkundet. Wir haben Freundschaften geschlossen, die ein Leben lang halten, und unvergessliche Momente erlebt, die uns für immer verbinden. Für mich ist «World of Warcraft» noch heute mehr als nur ein Spiel.
Es ist ein Epos, das von uns allen mitgeschrieben wird.
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»