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Hintergrund

30 Jahre Netscape und warum in allen Browsern ein bisschen Mozilla steckt

Debora Pape
4.4.2024

In den 1990er Jahren wurde das Internet langsam salonfähig. Ganz oben mit dabei war der Webbrowser Netscape, der einen steilen Aufstieg und einen tiefen Fall hinlegte – und doch noch immer nicht verschwunden ist.

Vor 30 Jahren sah die Welt noch anders aus: Außer ein paar Technikfreaks aus Wissenschaft und an Universitäten hatten nur wenige von «diesem Internet» gehört. Das sollte sich in den folgenden zehn Jahren ändern. Am 4. April 1994 gründeten ein Softwareentwickler und ein Investor das Unternehmen, das mit seinem Browser «Netscape Navigator» Internetgeschichte schreiben sollte.

Und obwohl das Unternehmen nach weniger als zehn Jahren wieder aufgelöst wurde, ist sein Erbe im Internet noch immer präsent.

Als die Browser bunt und interaktiv wurden

Zu Beginn der 1990er konnten Browser gerade erst Grafiken und Farben darstellen sowie Texte formatiert anzeigen. Die dafür notwendige Auszeichnungssprache HTML wurde am CERN (Europäische Organisation für Kernforschung) in der Schweiz entwickelt. Der vierte Browser, der mit HTML umgehen konnte, war «NCSA Mosaic». Einer der Entwickler, Marc Andreessen, stieg 1994 aus dem Projekt aus und gründete mithilfe des Unternehmers James H. Clark die neue Firma Mosaic Communications Corporation.

Ziel war, einen neuen, besseren Browser zu entwickeln: einen «Mosaic Killer» – Codename «Mozilla». Bereits im Oktober desselben Jahres war er reif für die Veröffentlichung. Weil der neue Browser auf dem Code von Mosaic basierte, hieß er zunächst «Mosaic Netscape». Seine große Neuerung war der Umgang mit HTML-Frames: Mithilfe von Frames konnten Websites aufgeteilt werden. So war es möglich, beispielsweise den oberen Bereich der Website oben zu fixieren, während du im Textbereich nach unten scrollst.

Alte Hasen bekommen bei diesem Video feuchte Augen:

Im November benannte sich die Firma in Netscape Communications um und auch aus dem Browsernamen verschwand der Hinweis auf den Vorgänger: Er wurde als «Netscape Navigator» bekannt.

Der neue Browser verbreitete sich durch die beliebte Frames-Unterstützung in Windeseile. 1996 nutzten rund 80 Prozent aller Internet-User Netscape. Wer in dieser Zeit online unterwegs war, kam um den Browser mit dem Steuerrad-Icon kaum herum. Natürlich hatten nur die wenigsten Haushalte bereits einen Computer mit Internetanschluss. Aber ich erinnere mich, wie an meiner Schule die ersten Computer-AGs angeboten wurden. Inklusive Internet und Netscape Navigator.

Screenshot der Wikipedia-Hauptseite in Netscape unter Windows 95.
Screenshot der Wikipedia-Hauptseite in Netscape unter Windows 95.
Quelle: Wikimedia Commons

Der Browserkrieg: Kampf gegen den Konzern

Doch eine gute Geschichte kommt selten ohne Drama: Der Software-Riese Microsoft hatte mit dem Internet Explorer ebenfalls einen Browser entwickelt und wollte am Internet-Ruhm teilhaben. Microsoft lieferte seinen Browser standardmäßig mit Windows aus und konnte dadurch bis Ende der 1990er Jahre alle anderen Browser verdrängen. Auch wenn Microsofts aggressive Taktik später kartellrechtlich verfolgt wurde, war der Schaden für Netscape enorm.

Netscape Communications wurde 1998 von AOL übernommen und schließlich 2003 aufgelöst.

Mozilla heute

Verschwunden ist Netscape aber nicht ganz: 1998 hatte Netscape den Browser-Code als Open-Source-Lizenz bereitgestellt. Für dessen Wartung wurde die Non-Profit-Organisation Mozilla Foundation gegründet. Sie veröffentlichte 2002 den Browser «Mozilla Firefox» und 2003 den Mail-Client «Mozilla Thunderbird». Aktuell hat Firefox laut der Website Stetic einen Marktanteil von 6,74 Prozent und liegt damit vor Microsofts Edge mit 4,13 Prozent.

Eine letzte Genugtuung für Netscape-Fans ist, dass sich heute noch die großen Browser tief in ihrer Architektur als «eine Art Mozilla» identifizieren. Da viele Webserver zu Netscape-Zeiten nur mit Netscape-Browsern kommunizieren konnten, meldete sich auch der Internet Explorer als «Mozilla-ähnlich» am Server an. Das zieht sich über die Browser Opera, Firefox, Safari bis hin zu Chrome. Wie das genau funktioniert, kannst du hier nachlesen.

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Fühlt sich vor dem Gaming-PC genauso zu Hause wie in der Hängematte im Garten. Mag unter anderem das römische Kaiserreich, Containerschiffe und Science-Fiction-Bücher. Spürt vor allem News aus dem IT-Bereich und Smart Things auf.

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