Sony MDR-HW700DS Wireless Surround Kopfhörer
12 h, Kabellos
Ehrlich gesagt hatte ich bisher keine Erfahrung mit Wireless-Surround-Kopfhörern. Mein bisheriger Wireless-Kopfhörer war lediglich stereo-tauglich, was mir für den nächtlichen Kino- und Musikgenuss vollkommen reichte. Zumindest dachte ich das, bis ich den kabellosen 9.1-Surround-Kopfhörer MDR-HW700DS von Sony in Betrieb nahm. Bereits kurz nach dem Unboxing hat sich dieser in meinem Herzen festgesetzt.
Nein, ich würde niemals ein neues Produkt kaufen, wenn das alte noch was taugt. Doch in diesem Fall bin ich richtig froh, dass mein bisheriger Funkkopfhörer von Philips nach über einem Jahrzehnt Gebrauch das zeitliche segnete. Er war zwar bequem und gab den Sound störungsfrei wieder. Aber was ich meinen Ohren heute auftische, lässt alles Bisherige erblassen.
Sony liefert dir den Kopfhörer mit einem «Prozessor» – die Basisstation wird in der Bedienungsanleitung so genannt – aus. Dieser bietet eine Menge Anschlüsse, um praktisch jeder Wohnzimmerkonfiguration gerecht zu werden. So hast du drei HDMI IN, einen OPT IN (S/PDIF) sowie einen analogen Anschluss (LINE IN). Ausserdem bietet dir Sony auch einen HDMI OUT (ARC) und OPT OUT (S/PDIF). Damit wird eine verstärkte Signaldurchschleifung von Full-HD-, Full-HD-3D- und 4K-Inhalten möglich. Ansonsten ist der «Prozessor» für die digitale Signalverarbeitung zuständig und fügt deinem 5.1-Kanal-Surround-Sound beispielsweise weitere vier Lautsprecher hinzu: zwei Surround-Back- (7.1) und zwei Front-High-Lautsprecher (9.1).
Der Decoder der Basisstation unterstützt folgende Sound-Formate:
Dolby TrueHD, Dolby Digital Plus, Dolby Digital, Dolby Pro Logic IIz (simuliert), DTS-HD Master Audio, DTS-HD High Resolution Audio, DTS Express, DTS Digital Surround, DTS-ES, DTS 96/24, DTS, DTS Neo:X (simuliert), Linear PCM 2ch/5.1ch/7.1ch
Der 9.1-Wireless-Kopfhörer an sich kommt mit drehbaren Over-Ear-Muscheln daher. Er hat einen Frequenzgang von 5 – 25’000 Hz bei einer Impedanz von 24 Ohm und bietet eine unkomprimierte Audio-Unterstützung bis 192 KHz/24-Bit. Zur Verhinderung von Funkwellen-Interferenzen erfolgt die Signalübertragung mittels 2.4-GHz- und 5-GHz-Band. Diese soll bis 30 Meter Entfernung funktionieren. Der Akku des Kopfhörers lässt gemäss Hersteller einen Betrieb von bis zu zwölf Stunden zu.
Der Kopfhörer wird gemeinsam mit der Basisstation, dem dazugehörigen Netzteil, einem optischen Audiokabel (S/PDIF), und einem USB-Ladekabel für die Kopfhörer geliefert. Die Basisstation hat im Übrigen keinen USB-Port. Somit musst du den Kopfhörer an einem USB-Port des TVs, der Playstation oder mittels Adapter des Smartphones mit frischem Saft versorgen.
Nehme ich den Kopfhörer in die Hand, fällt als erstes die saubere Verarbeitung auf. Die riesigen Polster an den Muscheln sind mit wertig wirkendem Kunstleder überzogen. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass es sich hierbei um den bequemsten Kopfhörer handelt, den ich je getragen habe. Dabei sind es nicht nur die Polsterungen, welche überzeugen. Auch die horizontale und vertikale Drehbarkeit der Muscheln, sowie die Grössenanpassung des Bügels begeistern – damit passt sich der Kopfhörer perfekt deiner Kopfform an. Ausserdem ist auch mit Brille stundenlanges Tragen ohne unangenehmen Druck möglich. Dass der Kopfhörer mit 320 Gramm kein Leichtgewicht ist, stört beim Tragen nicht.
Die Bedienelemente am Kopfhörer sind so angebracht, dass man sich sehr schnell an deren Anordnung gewöhnt.
Ein Wort zum Power-Button:
Ich besitze den MDR-HW700DS nun einige Wochen, dennoch musste ich den Power-Button an Kopfhörer und Basisstation nur einmal betätigen – direkt nach der Installation. Wird der Kopfhörer auseinandergespreizt, schaltet er sich automatisch ein und funkt die Basisstation an, worauf sich diese auch einschaltet. Daher erübrigt sich das Betätigen des Power-Buttons. Du nimmst das gute Teil, setzt es dir auf und es läuft. Einfach grandios!
Selbstverständlich schaltet sich alles auch wieder automatisch aus, wenn du den Hörer ablegst.
Der «Prozessor» sieht wie ein geschrumpfter AV-Verstärker aus. Auf dessen Rückseite befinden sich die bereits genannten Anschlüsse (3 x HDMI IN, 1 x HDMI OUT, 1 x OPT IN, 1 x OPT OUT, 1 x LINE IN) und die Strombuchse. An der linken Seite befinden sich drei Schalter, mit welchen das Line-In-Signal verstärkt werden kann, das Funkfrequenzband manuell gewählt werden kann und der HDMI-Modus für einen AV-Verstärker eingestellt wird. An der Front hat Sony einige LEDs angebracht, welche über den aktuellen Betriebsmodus und die Quelle informieren. Darüber befinden sich die Buttons «Power», «Input», «Effect» (Auswahl eines Klangfeldes), «Matrix»* und «Compression/Menu/Enter». Drückst du kurz auf «Compression», leuchtet eine gleichnamige LED auf und der Dynamikbereich des Sounds wird so angepasst, dass die Unterschiede zwischen lauter Musik und leisen Stimmen in einem Film geringer werden.
Im Klangfeldmodus CINEMA oder GAME kann ein Klangbearbeitungsformat gewählt werden. Der Matrix-Button kommt mit drei Modi daher:
Wer seine Installation so vornimmt, dass das HDMI-Signal über die Basisstation an den TV weitergeleitet wird (HDMI Pass-Through), kann in einem Menu direkt am TV weitere Feineinstellungen vornehmen.
Allerdings ist der Betrieb der Kopfhörer auch ohne Menu möglich, und bringt dabei nicht nur Nachteile, wie die Installation zeigt.
Die Installation ist simpel und schnell gemacht. Dennoch sollte man sich davor gut Gedanken machen, wie man die Gerätschaften anschliesst. Es gibt verschiedene Möglichkeiten für die Installation. Folgend die drei Möglichkeiten, welche wohl am meisten Verwendung finden.
Du schliesst die Geräte wie folgt an:
TV-Receiver, Spielekonsole und Mediabox werden direkt an die Basisstation angeschlossen. Die Basisstation wird mittels HDMI OUT (ARC) am TV angeschlossen.
Auswirkungen dieser Installation:
Du schliesst die Geräte wie folgt an:
Wenn dein AV-Verstärker auch HDMI-ARC beherrscht, kannst du Konsole und Co. getrost daran angeschlossen lassen. Du schliesst den Verstärker an die Basisstation. Die Basisstation wird mittels HDMI OUT (ARC) am TV angeschlossen. Dann muss noch sichergestellt werden, dass an der Basisstation auf der linken Seite der Schieber «Control for HDMI» auf «Mode 2» gestellt wird.
Auswirkungen dieser Installation:
Du schliesst die Geräte wie folgt an:
TV-Receiver, Spielekonsole und Mediabox werden am TV oder AV-Verstärker angeschlossen. Du nutzt den HDMI OUT oder OPT OUT des TVs oder AV-Verstärkers, um den Sound zur Basisstation zu bringen.
Auswirkungen dieser Installation:
Persönlich habe ich mich für die dritte Installations-Möglichkeit entschieden. Dies, da ich es sehr komfortabel finde, die Quelle nicht stets umstellen zu müssen und weil mein AV-Verstärker keine Signalweiterleitung unterstützt. Das Menü vermisse ich bisher nicht. Sollte ich doch irgendwann das Bedürfnis nach mehr Einstellungen haben, ist die Station schnell umgehängt.
Drückst du den Effect-Button, kannst du drei Klangfeldmodi einschalten; Kino, Spiel und Sprache. Ist kein Klangfeld gewählt, wird der Sound der Quelle entsprechend wiedergegeben. Ist der Kino- oder Spiel-Modus aktiviert, kann auch die 9.1 Dolby- oder DTS-Simulation aktiviert werden (Matrix-Button). Ansonsten sollen die Modi ideale Schallfelder für Kino, Spielumgebung oder Sprachanrufe (allenfalls auch Hörbücher) bieten.
Endlich kann es losgehen – erstmal eine Portion Musik konsumieren. Ich werfe «Ghost Stories» von Coldplay an und nicke beeindruckt. Der Stereo-Sound gefällt und klingt knackig. Die Wiedergabe ist absolut Störungsfrei – kein Kistern, kein Rauschen.
Ich teste die Reichweite und muss schmunzeln, da das Signal exakt gleich weit kommt, wie mein 2.4-GHz-WLAN. Das Signal reicht gerade, um auch auf dem Balkon mit riesen Smile im Gesicht Musik geniessen zu können. Die von Sony angegebenen 30 Meter Distanz werden allerdings wohl in keiner Wohnung erreicht. Da müsste man sich schon ein Open-Air-Kino einrichten.
Rein interessehalber wähle ich nun das Klangfeld CINEMA und lasse mir den Stereo-Sound virtuell auf die 9.1-Kanäle aufblasen. Die Bässe sind satt, die Höhen und Mitten sind absolut sauber und klingen klar. Besonders beeindruckt aber, wie der Prozessor die verschiedenen Instrumente, Lines und Stimmen des Sounds aufteilt. Ich habe nun nicht länger das Gefühl, den Sound mit meinen Ohren zu hören – es fühlt sich eher an, als ob alles direkt im Hirn entstehen würde… Jedes Element des Sounds ist klar um mich angeordnet. Ich fühle mich, wie mitten im Konzert und beim Song «Magic» muss ich mich tatsächlich zurückhalten, nicht emotional zu werden. Ich unterdrücke die Freudenträne, lasse mich in die Couch sinken und schliesse happy die Augen.
Anmerkung:
Je nach Genre gefällt der 9.1-Sound in Dolby oder DTS besser. Insbesondere Elektro-Sound kommt meiner Meinung nach sehr geil mit aktiviertem CINEMA-Klangfeld. Lediglich bei Rock und Metal werde ich überhaupt nicht warm mit dem Surround. Ausserdem höre ich mit diesen Kopfhörern sofort, wenn die Kompression der Quelle nicht sauber ist. Daher empfiehlt es sich, die eigene Musiksammlung mit einem Lossless Audio Codec (FLAC) zu konvertieren.
Die Ohren gespitzt und voller Spannung lauschend starre ich in Richtung Mattscheibe. Nach dem Vorspann zu «Valerian – Die Stadt der tausend Planeten» ist es endgültig um mich geschehen. Da trifft zum ersten mal in der Geschichte meines Wohnzimmers 4K HDR auf DTS NEO:X. Ich dunkle den Raum ab – Kino-Feeling macht sich breit. Nur mit dem Unterschied, dass ich bei meinen 9.1 Kanälen immer an der exakt richtigen Position sitze. Im Kino ist das manchmal eher Lotterie.
Der Film von Luc Besson ist ein absolutes Feuerwerk für die Augen. Wo James Cameron mit Avatar eine kleines neues Zeitalter einläutete, knüpft Valerian nahtlos an. Dass dabei auch den Ohren ein Spektakel geboten wird, merke ich nun zum ersten Mal.
Zu Beginn von Valerian tritt man in die Strandidylle eines fremden Planeten ein. Leider wird das indigene Pearl-Volk dieser friedlichen Welt aber jäh durch abstürzende brennende Raumschiffe zerstört. Als die Objekte in die Atmosphäre eintreten, läuft mir ein Schauer über den Rücken. Das dumpfe Grollen kommt tatsächlich von oben im Himmel. Kurz darauf detoniert ein Raumschiff am Boden. Die Druckwelle schwirrt dabei tosend von vorne auf mich zu, geht durch mich durch und verschwindet hinter mir. Obschon ich keinen Subwoofer in Betrieb habe und die kurze Sequenz an sich nicht viel Besonderes mit sich bringt, hat es gerade mächtig im Bauch gekribbelt!
Geflasht stoppe ich den Film und muss spontan die Opern-Szene von «Das fünfte Element» ansehen. Die Oboe, die gezupften Cellos im Hintergrund, die Violinen, die bombastische Stimme … absolut alles klingt, als wäre ich direkt vor Ort.
Die Kopfhörer machen süchtig und ich kann nicht anders, als mir lange und intensiv zig klassische Filmszenen der vergangenen Jahrzehnte reinzuziehen.
Zugegeben: Virtueller Surround wird wohl nie an ein gutes analoges Soundsystem rankommen. Mein in die Jahre gekommenes 5.1-System von Sony toppt es aber allemal.
Beim Gaming-Modus haben die Ingenieure und Soundtüftler von Sony ganze Arbeit geleistet. Die 9.1 Kanäle gefallen wie im Kino-Modus. Doch im Gegensatz dazu höre ich nun noch zielgenauer, woher ein Geräusch oder Gegner kommt. Das ist insbesondere bei Shootern und RPGs von Vorteil und macht dich schneller und treffsicherer. Cheaten war gestern, willkommen liebes neues Sounduniversum!
Niemals hätte ich gedacht, dass 9.1-Surround-Sound aus dem Kopfhörer was taugt. Doch das tut er definitiv und umschmeichelt deine Ohren nicht nur dank kräftigen Bässen und sauberem Klang. Dank den riesigen Polstern fühlen sich die Ohren wie in Mutters Bauch. Flauschig angenehm sitzen sie, nicht zuletzt auch dank den zwei Achsen (vertikale und horizontale Anpassung), perfekt auf dem Schädel. Auch nach längerer Tragzeit fühle ich kein unangenehmes drücken – selbst mit Brille nicht. Kleiner Wehrmutstropfen: Der Akku des Kopfhörers lässt sich nicht eigenhändig wechseln. Dafür hält er wirklich lange; bei mir hält er mindestens elf Stunden, ehe ich ihn für drei Stunden einstöpseln muss.
Die Funktechnologie der Basisstation überzeugt und der Sound wird ohne Störgeräusche anstandslos übertragen. Die gebotenen Anschlüsse, Einstellungsmöglichkeiten und unterstützten Surround-Formate sind vielfältig. Dass Sony auch eine HDMI-ARC Unterstützung mitbringt, ist lobenswert. Allerdings habe ich in Foren gelesen, dass die Signalweiterleitung von 4K-Material nicht immer tadellos funktioniert. Insbesondere mit HDR-Content soll es ab und an Probleme geben. Allerdings sind diese gemäss anderen Foren-Schreibern auf falsche HDMI-Kabel zurückzuführen.
Mein liebstes Feature dieses Produktes ist übrigens nebst dem genialen Sound die automatische Ein- und Ausschaltfunktion. Aber auch für weniger faule Konsumenten kann ich bei diesem Produkt eine 100 prozentige Kaufempfehlung aussprechen.
Mögest auch du bald deinen eigenen «Ohrgasmus» erleben!
Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.