«Aber ihr seid doch ein Shop!» – warum wir tun, was wir tun
Hin und wieder habe ich das Gefühl, meine Arbeit erklären zu müssen. Zum Beispiel, warum wir Produkte aus unserem eigenen Sortiment kritisch betrachten oder über Dinge schreiben, die du bei uns nicht kaufen kannst. Dafür gibts gute Gründe.
Digitec hat vor über einem Jahr eine Werbekampagne gestartet, die User-Bewertungen zeigt. Viele dieser Bewertungen waren negativ.
Die Botschaft dahinter: Bei uns erhältst du ehrliche Meinungen. Denn nur die sind etwas wert. Eine Meinung, die von vornherein feststeht, nützt den Kunden überhaupt nichts. Im Gegenteil.
Wir wollen aber nicht nur unsere User Klartext reden lassen, sondern das auch selbst tun. Zum Beispiel, wenn wir ein Produkt testen. Wenn das Ergebnis eines Tests nur positiv ausfallen darf, ist der Test nichts wert. Ganz einfach. Dann lässt man es besser sein.
Aber ihr seid doch nicht unabhängig!
Eine sehr häufige Frage (oder ein Einwand) lautet: Aber ihr verdient ja euer Geld mit dem Verkauf der Produkte, wie könnt ihr da unabhängig sein?
Das ist einfach zu erklären. Dem Unternehmen Digitec Galaxus AG als Ganzes spielt es keine grosse Rolle, ob du dieses oder jenes Smartphone kaufst. Solange du es bei uns kaufst. Und das passiert viel eher, wenn du unsere Plattform als verlässliche Anlaufstelle für Kaufberatung wahrnimmst.
Damit sind wir auch schon beim zweiten Punkt: Zufriedene Kunden bringen uns langfristig viel mehr. Sie kommen immer wieder und empfehlen uns. Wenn wir hingegen versuchen, dich mit unredlicher Lobhudelei zu täuschen und dir ein schlechtes Produkt anzudrehen, dann wäre es vermutlich das letzte Mal gewesen, dass wir dir etwas verkauft hätten.
Darum arbeitet die Redaktion von Digitec Galaxus AG sehr ähnlich wie klassische Medien (Zeitungen, Zeitschriften, Online-Portale), die nichts verkaufen.
Klar, mit kritischen Texten schafft man sich nicht nur Freunde. Ein Hersteller, dessen Produkt in die Pfanne gehauen wurde, ist natürlich «not amused». Und für einen Mitarbeiter unseres Unternehmens, der mit genau diesem Hersteller in Verhandlungen steht, wird es dann auch ein bisschen schwieriger. Aber so gross ist der Unterschied zu einem traditionellen Verlag auch wieder nicht: Dessen Anzeigenverkäufer können bei negativer Berichterstattung ganz ähnliche Schwierigkeiten bekommen.
Der springende Punkt hierbei ist: Wer zugunsten der kurzfristigen Harmonie nachgibt, untergräbt langfristig seine Glaubwürdigkeit und verliert damit etwas, was viel wertvoller ist. Die Entscheidung von Digitec Galaxus AG, ehrlich zu publizieren, erfordert also neben Mut und Pioniergeist auch eine gewisse Standfestigkeit. Das könnte einer der Gründe sein, weshalb wir damit ziemlich einzigartig sind. Bis jetzt zumindest.
Breaking news: Die Realität lässt sich nicht umschreiben
Im Internet spricht sich meist schnell herum, ob ein Produkt etwas taugt oder nicht. Gewisse Sachverhalte sind sogar offensichtlich und von jedem selbst überprüfbar. Es bringt überhaupt nichts, dagegen anzuschreiben. Das ändert weder an der Realität noch an der öffentlichen Meinung etwas. Wer es dennoch versucht, macht sich nur lächerlich.
Eigentlich ist das ja klar. Ich erwähne es nur, weil manche Leute offenbar das Gefühl haben, wir Schreiberlinge hätten übernatürliche Superkräfte, die es uns ermöglichen, die Realität zurechtzubiegen. Nach dem Motto: Schreib einfach, dass das Produkt gut ist, dann glauben alle, dass es gut ist, und wenn wir alle ganz fest daran glauben, dann wird es gut.
Warum empfehlen wir ein Produkt, das du nicht bei uns kaufen kannst?
Das kommt zwar eher selten vor, aber hin und wieder tun wir das tatsächlich. Ich habe zum Beispiel im unten stehenden Beitrag die bekanntesten RAW-Konverter als mögliche Alternativen zu Adobe Lightroom aufgelistet und dabei etliche Produkte aufgeführt, die man nicht bei uns kaufen kann.
Der Grund ist derselbe wie bei kritischen Tests: Das oberste Prinzip, nach dem sich die Redaktion richtet, ist der Nutzwert für die Webseitenbesucher. Das Thema «Alternativen zu Lightroom» drängte sich wegen der Lizenzpolitik von Adobe förmlich auf. Und wenn die interessantesten Alternativen alles Produkte sind, die wir nicht im Shop haben, dann ist das für uns nicht optimal – aber sie deswegen einfach nicht zu erwähnen, wäre noch viel schlechter:
- Unerfahrene User würden zu einer falschen Kaufentscheidung verlockt und wären unzufrieden.
- Erfahrene User wüssten, dass das irreführend ist und würden uns nicht mehr als Informationsquelle ernst nehmen.
Warum schreiben wir über Nackt-Selfies?
Oder allgemeiner: Warum schreiben wir über Dinge, die auf den ersten Blick nichts mit unseren Produkten zu tun haben?
Zuerst mal: Natürlich haben Nacktselfies mit unseren Produkten zu tun, denn sie werden nun mal mit diesen Produkten (in diesem Fall Smartphones) gemacht. Man kann das ignorieren oder thematisieren. Beides ist legitim. Aber letzteres ist spannender.
Seit einigen Jahren schon geistert in der Geschäftswelt die Idee herum, dass man auf der eigenen Website nicht bloss die Produkte und Dienstleistungen vorstellen, sondern auch sogenanntes «Content Marketing» betreiben sollte. Auf Wikipedia ist der Begriff so definiert:
Klassische Gründe für Content-Marketing sind etwa:
- Die eigene Kompetenz unterstreichen
- Mehr Besucher auf die Website bringen, auch durch bessere Sichtbarkeit in Suchmaschinen
- Ruf der Marke verbessern
- Stärkere Identifikation der Kunden mit dem Unternehmen schaffen
Die Idee ist wie gesagt weder neu noch originell. Unzählige Firmen haben irgendwo einen Blog oder etwas Ähnliches eingerichtet. Aber die meisten von ihnen getrauen sich nicht, die Sache konsequent durchzuziehen, sondern bleiben auf halbem Weg stehen. Um das Interesse der Besucher zu wecken, reicht es nicht, in einer versteckten Ecke ein paar blutleere, stromlinienförmige Beiträge zu posten, die in erster Linie darauf ausgelegt sind, niemanden zu verärgern. Wer es allen recht machen will, wirkt sehr schnell wie eine Schlaftablette.
Wenn sich ein Unternehmen einmal entschieden hat, konsequent auf Content Marketing zu setzen, braucht es auch das Know-how dazu. Schreiben kann zwar jeder. Aber nicht jeder kann so schreiben, dass seine Texte auch gelesen werden. Im heutigen Überangebot an Gratis-Inhalten ist es nicht gut genug, eine Fachperson so nebenbei noch den einen oder anderen Text verfassen zu lassen. Bessere Ergebnisse erzielen wir durch Arbeitsteilung: Fachpersonen (interne wie externe) können wertvolle Inputs liefern oder einen Beitrag auf inhaltliche Korrektheit checken. Das gleiche gilt natürlich auch für die User unserer Community und ihre manchmal sehr wertvollen Kommentare.
Zum Schluss: «Ich hätte lieber billigere Preise!»
Ob Digitec Galaxus AG eine Redaktion hat oder nicht, ändert genau nichts am Preis eines konkreten Produkts. Erstens kostet die Redaktion im Verhältnis zu den über 1000 Mitarbeitern und den vielen anderen Kostenpunkten wenig. Diese Kosten macht sie durch zusätzlichen Traffic sogar wieder wett. Zweitens richten wir unsere Preise natürlich am Markt aus und nicht an unserer internen Buchhaltung. Produktpreise sind niemals einfach das Resultat von Kosten und Einnahmen, sondern ein Teil der Strategie eines Shops. Genau so wie das Content Marketing.
Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.