Ayaneo Retro Mini PC AM01 ausprobiert: klein, fein und günstig
Ayaneo liefert mit dem AM01 einen Mini-PC im Retro-Design. Das Gerät sieht aus wie ein Macintosh, läuft aber mit Windows – oder SteamOS oder was immer du willst.
Der AM01 ist Teil einer neuen Retro-Reihe des chinesischen Unternehmens Ayaneo. Das Design ist das herausragendste Merkmal des Mini-PCs. Obwohl ich noch nie einen Macintosh besessen habe, spricht mich das Gerät aus nostalgischen Gründen an.
Den AM01 gibt es ab 200 US-Dollar, direkt über den Hersteller. Mir wurde das Modell mit AMD Ryzen 5 5800U, 16 Gigabyte RAM und 512 Gigabyte SSD zur Verfügung gestellt. Dafür musst du 360 US-Dollar springen lassen. Ayaneo preist den Mini-PC als Multifunktionsgerät an. Du sollst damit arbeiten können, Indie- und AAA-Spiele zocken, SteamOS installieren, einen Medienserver draus machen oder es in eine Retro-Konsole verwandeln können. An fünf von sechs Behauptungen habe ich keine Zweifel. Eine dürfte mit sehr vielen Konzessionen verbunden sein.
Schnelle Einrichtung und viele Anschlüsse
Der AM01 hat die Grösse eines typischen Intel NUCs. Ausser einem Einschaltknopf gibt es keine Tasten. Dafür geizt Ayaneo nicht bei den Anschlüssen: Ich bekomme HDMI, Displayport, Ethernet, 3.5-mm-Klinke, vier USB-A- und einen USB-C-Anschluss auf der Vorderseite. Damit kann ich problemlos all meine Peripherie anschliessen. Für kabellose Verbindungen unterstützt das Gerät Wi-Fi 6 und Bluetooth 5.2.
Nach dem Einschalten startet direkt die Windows-11-Einrichtung. Ayaneo wirbt auch mit SteamOS. Damit könnte ich ein stationäres Steam Deck draus machen. Für meine Testzwecke bin ich mit Microsofts Betriebssystem besser beraten. Die Installation verläuft flott und ohne Probleme. Was mir aber schnell auffällt, ist der Lüfter. Er ist nicht extrem laut, aber vergleichbar mit einem älteren Laptop. Die Ausstattung entspricht einem Mittelklasse-Notebook. Ich hätte dennoch erwartet, dass in diesem Gehäuse ein besserer Lüfter verbaut ist.
Das Design des PCs schreit danach, gesehen zu werden. Als Arbeits-Computer, der auf meinem Pult und damit nahe bei meinen Ohren steht, würde mich der Lüfter aber stören. Beim Browsen und leichten Büroarbeiten bleibt er lautlos. Es reicht aber, ein einfaches Indie-Game wie «What the Car?» zu starten, respektive bei Steam herunterzuladen, oder ein Windows-Update zu installieren, und der Lüfter macht sich bemerkbar. Möglicherweise könnte ich über eine manuelle Lüftersteuerung nachbessern.
Ideal für rechenarme Spiele, Retro-Games oder als Medienserver
Ich habe verschiedene, einfachere Games, wie das erwähnte «What the Car?», ausprobiert. Auch «Age of Mythology Reforged» ist mit Full-HD-Auflösung und mittleren Details gut spielbar, sofern du dich nicht online mit anderen messen willst.
Für AAA-Games würde ich den AM01 definitiv nicht anpreisen. Dafür ist der integrierte Radeon-Vega-8-Grafikchip zu schwach. Zwar ist theoretisch auch ein Ko-op-Shooter wie «Helldivers 2» spielbar. Dafür muss ich allerdings alle Details aufs Minimum herunterschrauben und Upscaling mit Ultra Performance aktivieren. Dann erreicht der AM01, wenns hochkommt, 35 FPS. Sobald die Action kracht, und das tut sie in «Helldivers 2» eigentlich ständig, stürzt die Bildrate schnell in einstellige Bereiche. «Warhammer 40K: SpaceMarine 2» kommt ebenfalls nicht über 25 FPS hinweg. Und auch dort bringen Horden von Aliens das Spiel schnell zum Erliegen. Wirklich viel Freude kommt so nicht auf.
Für den allgemeineren Vergleich habe ich zwei Benchmarks laufen lassen, die den Prozessor testen. Im Geekbench erreicht der AM01 1929 Punkte im Singlecore und 7733 im Multicore. Im Cinebench sind es 84 im Singlecore und 586 im Multicore. Ziehe ich mir Martin Juds Laptop-Review zur Seite, reiht sich der Retro-PC am untersten Ende der Tabelle ein, was bei dem Preis aber nicht überrascht. Für typische Office-Arbeiten sowie Photoshop reicht die Leistung allemal aus.
Solange du dich auf einfachere Spiele beschränkst, kommst du gut zurecht. Es ist zudem eine Überlegung wert, auf dem Gerät SteamOS zu installieren. Dann verlierst du zwar die Vorteile von Windows und Games aus dem Game Pass. Dafür ist die Bedienung besser, falls du mit dem Gedanken spielst, das Gerät ins Wohnzimmer zu stellen und vom Sofa aus zu zocken.
Um dem Namen als Retro Mini-PC gerecht zu werden, habe ich ein paar Emulatoren ausprobiert. Mit Nintendo 64 und Co. kommt der Ayaneo wunderbar zurecht. Als kompakte Retro-Gaming-Station im passenden Design macht das Gerät eine gute Figur.
Etwas enttäuschend ist die Limitierung der Display-Anschlüsse auf 60 Hertz. Selbst wenn das Gerät nicht über die grössten Leistungsreserven verfügt, wären 120 Hertz wünschenswert gewesen. Das macht das Arbeiten angenehmer und kleinere Indie-Games wären damit ebenfalls flüssiger spielbar.
Auch als Medienserver eignet sich der AM01. Ich habe die Plex-Alternative Jellyfin installiert. Damit konnte ich problemlos eine 70 Gigabyte grosse Version von «Blade Runner 2049» auf meine Endgeräte streamen. Der Film lädt in Sekundenschnelle und auch Spulen ist kein Problem.
Fazit: Schmucker, vielseitiger PC zum fairen Preis
Ayaneos Retro Mini-PC ist ein tolles kleines Gerät, das sich für verschiedene Einsatzgebiete eignet. Durch die kompakte Grösse und das auffällige Design macht er sich am besten im Wohnzimmer oder auf einem aufgeräumten Bürotisch. Dort könnten sich Lärmempfindliche an den Lüfteremissionen möglicherweise stören.
Die Leistung des AMD-Chips reicht problemlos für normale Office-Arbeiten und etwas Photoshop. Auch zocken kannst du gut darauf, vorausgesetzt, die Spiele sind nicht zu anspruchsvoll oder du gibst dich mit wenig Details und niedriger Bildrate zufrieden. Ich habe den AM01 mit Windows getestet, SteamOS bietet sich auch an – besonders, wenn du ihn ins Wohnzimmer stellen willst. Auch als Medienserver bringt er genügend Leistung.
Für einmal bezahlst du hier keinen Aufpreis für das aussergewöhnliche Design. Da du das Gerät allerdings importieren musst – wir führen das Gerät derzeit nicht – schraubt sich der Preis noch etwas in die Höhe. Dann wird die Konkurrenz wieder grösser, aber das hübsche Design bleibt besonders.
Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.