«Baldur’s Gate 3»: Keine Angst vor dem Mega-Rollenspiel
Hintergrund

«Baldur’s Gate 3»: Keine Angst vor dem Mega-Rollenspiel

Der Hype um das Rollenspiel «Baldur’s Gate 3» könnte grösser nicht sein. Schon vor dem Release wird der Titel als «Game des Jahres»-Kandidat gehandelt, und das als nischiges Rollenspiel. Ich versuche, dir die Angst zu nehmen.

«Ist weniger mein Ding» bekomme ich dieser Tage oft zu hören, wenn ich meine unbändige Begeisterung für «Baldur’s Gate 3» mit meinen spielenden Mitmenschen teile. Verständlich, das Spiel wirkt auf den ersten Blick wenig zugänglich: «Dungeons and Dragons»-Regelwerk, ein Franchise, das 20 Jahre stillstand und mit «Larian» ein Studio, das eher als Geheimtipp für Fans von ewiggestrigen CRPGs (kurz für Computer-Rollenspiele) gilt.

«Baldur’s Gate 3» ist aus der Zeit gefallen – ein Trugschluss. Lass mich deine Vorurteile beseitigen …

Das ist mir alles viel zu kompliziert

Ja, «Baldur’s Gate 3» kann dich zu Beginn mit seinen Regeln und Zahlen massiv einschüchtern. Du gehst mit einem Charakter ins Spiel, den du bestimmst. Willst du als Magierin mit deinen Zaubersprüchen aus der Distanz das Schlachtfeld kontrollieren? Lieber als Barbar ganz vorne einfach auf die Schnauze hauen? Oder bist du eher pazifistisch veranlagt und möchtest Konflikten durch geschicktes Verhandeln aus dem Weg gehen? Alles ist möglich! Diese und weitere Optionen verstecken sich hinter einer Vielzahl von Kombinationen aus Klassen, Ethnien und anderen Eigenschaften. Zusammengefasst in komplizierten Erklärungen wie «Du bist in Religion und dem Zaubertrick Heilige Flamme geübt, der 1d8 Gleissender Schaden verursacht. Weisheit ist dein Zauberattribut für diesen Zaubertrick».

Die Verwirrung ist gross, die Angst davor, etwas falsch zu machen auch. Spielt aber alles gar keine Rolle (und das bei einem Rollenspiel, pun intended). Mach einfach das, worauf du Bock hast und vergiss die Zahlen und Beschreibungen. Wird es zu schwer? Du hast meistens andere Charaktere zur Seite, die dir aushelfen können. Gefällt dir dein Charakter nicht? Mach einen Neuen und starte das Spiel von vorne! Mach, was immer du für richtig hältst!

It's party time!
It's party time!
Quelle: Larian Studios

Ich mag eher Spiele wie «God of War» oder «Zelda», wo mir die Rolle vorgegeben ist …

Dann ist «Baldur’s Gate 3» dein Spiel! Es gibt nämlich sieben vorgefertigte Charaktere, die alle ihre eigene Story erzählen. Da ist zum Beispiel die Klerikerin Schattenherz, die ihre Erinnerungen gelöscht hat und nur dem Ziel verpflichtet ist, ein geheimes Artefakt in die Stadt «Baldur’s Gate» zu bringen. Oder der Vampir Astarion, der sich nach Jahrhunderten der Qualen an seinem alten Peiniger Cazador rächen will. Kratos und Link wirken dagegen wie eindimensionale Milchbubis.

Rollenspiele? Die sind so langatmig und ich muss viel zu viel lesen

Damit hatte ich bei Games wie «Divinity» oder «Pillars of Eternity» auch meine Mühe. Ich habe den Hang dazu, langweilige Dialoge zu überspringen, bis ich keinen Schnall mehr von der Story habe. Hier haben sich die Entwickler von «Larian» übertroffen. Statt statischer «Puppen» wie in Skyrim sind die Dialoge und Zwischensequenzen viel dynamischer gestaltet. Besonders beeindrucken mich die Gesichtsausdrücke und Emotionen meiner Gegenüber. Ich hänge ihnen auch bei den trivialsten Dialogen an den Lippen. Klar, ganz so cineastisch wie ein lineares «God of War» oder «Last of Us» ist das nicht. Trotzdem überzeugt «Baldur’s Gate 3» dank exzellenter Sprecherinnen und Sprecher – bis auf weiteres nur in der englischen Sprachausgabe. Die herausragend geschriebenen Dialoge und Geschichten und ein hervorragendes Erzähltempo stehen linearen Games in nichts nach.

Rundenbasierte Kämpfe? Ich will Kloppen und Action wie bei Diablo

Hier wird es schwierig, dich zu überzeugen. Die rundenbasierten Kämpfe im Stile eines XCOM liebt man oder man hasst sie. Das Belohnungszentrum im Hirn wird nicht auf die gleiche Weise stimuliert, wie wenn du bei Diablo mit stupidem Rumgeklicke eine Armee von Dämonen kaputt machst. Das ist genauso langweilig, macht aber auch süchtig wie Cookie Clicker (und ja, ich bin beim Einfügen des Links eine halbe Stunde bei Cookie Clicker hängengeblieben). Vielleicht wird es Zeit, deinem Karpaltunnelsyndrom vorzubeugen und dich den taktischen Finessen rundenbasierter Kämpfe hinzugeben.

Nix stumpfe Action!
Nix stumpfe Action!
Quelle: Simon Balissat

Ich will kein sexuelles Abenteuer mit einem Druiden in seiner Bärenform

Ja, das ist der Bär Elefant im Raum. Hier verhält es sich wie im Swingerclub: «Alles kann, nichts muss». Bis du überhaupt eine Liebschaft mit einem anderen Charakter eingehen kannst, ist es kein Zufall mehr – das habt ihr beide so gewollt. Die vieldiskutierte Szene kriegst du sehr wahrscheinlich nie zu sehen – sie ist nicht Teil des Hauptplotts. Du bist bei «Baldur’s Gate 3» frei, das zu tun, was du willst. Ich schlüpfe zum Beispiel in die Rolle eines frustrierten Kämpfers in (weisser) Rüstung, ausgebildet im Schwertkampf, der nie einen Stich hat bei seinen potentiellen Liebschaften.

Gestatten die Dame? Mein Incel-Charakter.
Gestatten die Dame? Mein Incel-Charakter.
Quelle: Simon Balissat

Wo bleibt der Wiederspielwert? Hab ich die Story einmal durch, hab ich ja alles gesehen

Nein, hast du nicht. Alleine im Early Access habe ich durch komplett verschiedene Entscheidungen die Hauptstory schon in ganz andere Richtungen gehen sehen. Offenbar soll es 17’000 mögliche Enden geben. Gemunkelt wird derzeit, dass die Hauptstory über 100 Stunden dauert. Willst du also jedes Ende sehen, müsstest du fast 200 Jahre ununterbrochen «Baldur’s Gate 3» spielen.

Falls du immer noch Argumente brauchst, weshalb du dir diesen Hit nicht entgehen lassen darfst – Phil und ich streamen am Freitag den Coop-Modus auf unserem Twitch-Kanal.

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Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell. 


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