«Bei meinen Outdoor-Abenteuern esse ich lieber Süsses statt Insekten»
Das Leben steckt voller Widersprüche. Mein Rucksack auch. Warum das kein Zufall ist, sondern das Ergebnis fast obsessiver Planung, erfährst du im zweiten Teil der Serie «Wer hat hier Hobby gesagt?!».
Draussen zu sein war für mich schon immer ein Grundbedürfnis. Die Ausbildung zum Outdoor-Guide entflammte meine Leidenschaft noch weiter. Mehrere Tage im Wald, am Fluss oder in den verschneiten Bergen zu verbringen und dabei alles Notwendige auf dem Rücken zu tragen, war Inspiration pur.
Abends, am Feuer, züngelten die Gespräche irgendwann unweigerlich in Richtung Ausrüstung. Leichter sollte sie werden. Einer der Teilnehmenden, ein erfahrener Weitwanderer, trug nur einen kleinen Tagesrucksack. Er hatte meine volle Aufmerksamkeit. Schliesslich fällt beim Bergauf-Gehen jedes Gramm ins Gewicht und je mehr ich spare, desto unbeschwerter, fröhlicher und bis zu einem gewissen Grad (!) sicherer bin ich unterwegs.
Bei der Kleidung ist weniger mehr
Beim Trekking geht es um die Konzentration auf das Wesentliche. Was braucht’s? Was ist unnötiger Schnickschnack? Was hatte ich beim letzten Mal dabei und für überflüssig befunden? Ein Trick ist, den Rucksack nicht zu gross zu wählen. Denn wo Platz ist, wird er gefüllt. Und auch beim Rucksack lässt sich Gewicht sparen. Der «Southwest 40» von Hyperlight Mountain Gear wiegt beispielsweise nur 853 Gramm.
Ganz klar: Die Reise zum leichteren Gepäck ist ein Prozess und es kommt immer auf die Umstände an. So sparen Trail-Running-Schuhe Gewicht, sind aber für eine Hochtour mit ziemlicher Sicherheit das falsche Schuhwerk. Für moderate Wanderungen liebe ich sie.
Shorts statt Wanderhosen? Genial, finde ich. Solange die Trekking-Tour durch berechenbar milde Temperaturzonen führt. Da lassen sich einige Gramm sparen, zum Beispiel mit der Mammut-Aenergie-Light-Hose mit 134 Gramm.
Gegen Regen und Wind packe ich ein Trailrunning-Jacket ein, das mich mit 125 Gramm weitgehend trocken hält. Für Wärme sorgt das Black Diamond Daunen-Hoodie mit nur 138 Gramm.
Das minimalistische Schlafzimmer
Beim Versuch, Gewicht zu sparen, verabschiedete ich mich als nächstes vom Zelt. Denn unter einer Plane bin ich nicht nur vor den Elementen geschützt, sondern erlebe das Outdoor-Feeling noch direkter – inklusive Wind und den kleinen Krabbel-Tierchen, die mich nachts zuweilen besuchen. Dafür erhalte ich exklusive Blicke auf den Sternenhimmel und Sonnenaufgänge. Auch im Schnee habe ich schon unter dem Tarp geschlafen, funktioniert wunderbar, solange der Schlafsack und die Unterlage warm halten (mehr dazu später).
Kann ein Kissen Sünde sein? Puristen würden das nachdrücklich bejahen. Schliesslich kann der Kopf auch auf einer Jacke ruhen. Ich setze mich über diese ungeschriebene Regel hinweg und nehme ein sehr leichtes, aufblasbares Kissen mit. Das sind weitere 77 Gramm auf meinem Buckel.
Ein Easy-Win in Sachen Gewicht ist das Handtuch. Das ist mit 75 Gramm so leicht, dass es für mich keinen Grund gibt, es nicht mitzunehmen. Und irgendetwas zu trocknen oder abzuwischen gibt es immer.
Die abgesägte Zahnbürste
Ja, es ist ein Klischee. Ich gebe zu, dass ich mich dem Reiz einer Zahnbürste mit verkürztem Griff nicht ganz entziehen kann. Schliesslich ist das so etwas wie das Maskottchen der Leichtwanderinnen und -wanderer. Doch hier schummel ich ein bisschen: Denn ich greife nicht selbst zur Säge. Stattdessen packe ich einen Bambus-Zahnbürstenkopf ein, der im normalen Leben für die elektrische Zahnbürste gedacht ist.
Eines der wichtigsten Utensilien ist ein Wasserfilter. Natürlich nur, nachdem ich mich vorher vergewissert habe, dass es unterwegs tatsächlich trinkbares Wasser gibt. Beim Kocher setze ich auf leichtes Aluminium und Titan.
Erleben statt überleben
Nein, Insekten esse ich keine. Und Fische fange ich auch nicht mit blossen Händen und verspeise sie roh. Dazu fehlt mir das Geschick und der robuste Magen. Doch das sind die Fragen, die mir immer wieder gestellt werden, wenn ich von meinen Outdoor-Erlebnissen erzähle. «Du machst doch so Survival-Dinger», heisst es dann. «Nöö», denn das stimmt so nicht. Und ins Camp der Ultraleicht-Wandernden falle ich auch nicht. Dazu müsste mein mit Notwendigkeiten bepackter Rucksack per Definition weniger als fünf Kilo wiegen. Das tut er bei Mehrtagestouren sicher nicht.
Bei mir geht’s um Erleben statt Überleben. Ein bisschen unkomfortabel darf’s werden, das ist ja Teil des Abenteuers, doch insgesamt will ich nicht an die Grenzen gehen, sondern ein schönes Erlebnis in der Natur haben. Und mindestens einmal am Tag laut lachen, und sei es, weil ich einen Blick in meinen Rucksack werfe und mir die Absurdität dessen, was sich darin befindet, klar wird.
Ein Blick in die Untiefen
Was es da zu lachen gibt? Neben der verkürzten Zahnbürste liegen nicht nur eine, sondern gleich zwei Grosspackungen Gummibärchen. Gewicht: 400 Gramm. Und fünf Peak Punk Energie-Riegel. Für das Gewicht der Snacks hätte ich das Vango «F10 Hydrogen Air»-Tunnel-Zelt einpacken können. Und eine 100-Gramm-Tafel Schokolade steckt zudem noch griffbereit in der Seitentasche des Rucksacks. Unnötiger Ballast, könnte man meinen. Und ungesund zudem.
Tatsache ist: Im Outdoor esse ich lieber Süsses statt Insekten. Die Leckereien sind sicher nicht notwendig. Sie versüssen mir aber das Abenteuer und erinnern mich an die Pfadi-Lager aus meiner Kindheit, bei denen alle – mehr oder weniger heimlich – Naschwerk dabei hatten. Heute dienen mir die süssen Sachen manchmal als Nervennahrung, manchmal als Belohnung nach einer kräftezehrenden Etappe und dann wieder als schneller Energieschub, wenn es körperlich anstrengend wird.
Und auch beim Schlafen spare ich nicht an Gewicht. Der Grüezi-Bag-Schlafsack mit einem Wolle-Daunen-Gemisch verleiht mir kuschelige Wärme, sodass ich ihn nicht zugunsten eines gewichtsparenden Modells aufgeben möchte.
Bei der Matte bin ich inzwischen auch vom leichtesten Modell weggekommen, das ich mehrmals flicken musste, weil die dünne Aussenhülle Löcher bekam. Jetzt darf es mehr Isolierung und auch mehr Gewicht sein, weil mir guter Schlaf wichtig ist.
Und Kaffee darf natürlich auch nicht fehlen. Statt einfach Wasser auf den gemahlenen Kaffee zu schütten und die Flüssigkeit über dem Kaffeesatz aus dem leichten Titan-Töpfchen zu schlürfen, habe ich einen Thermobecher mit French-Press-System dabei. Gewicht: rund 300 Gramm.
Aber ganz egal, was ich einpacke, gute Planung, vernünftiges Abwägen, ein Stück Risikobewusstsein gehören immer ins Trekking-Gepäck – und diese Dinge wiegen nichts.
Hier erhältst du einen Einblick in meinen Rucksack mit meinen Lieblingsprodukten für genussreiche Outdoor-Erlebnisse.
Rucksack und Schlafzimmer:
Wie man sich bettet:
Kleider machen Leute:
Das Ess- und Badezimmer:
Rosenstein & Söhne 2in1-Edelstahl-Thermobecher mit French-Press-System
0.48 l
Und der Genuss:
Peak Punk Bar Mix Package
Raspberry, Cheesecake, Brownie, Cashew, Salted Peanut, White Chocolate Raspberry, Blueberry Muffin, Almond, Lemon, 20 Stk., 1072 g
Welche unnötigen oder absurden Dinge finden sich in deinem Wandergepäck? Schreib es in die Kommentare.
In der Serie «Wer hat hier Hobby gesagt?!» zeigen wir, gemeinsam mit dem Cartoonisten Stephan Lütolf, die Absurdität unserer Leidenschaft auf.
Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.