Hintergrund

Bitte mehr Emojis für weniger Missverständnisse

Debora Pape
29.11.2023

Smileys helfen vielen Menschen, Textnachrichten richtig zu interpretieren. Aber nicht jeder nutzt sie – und so entstehen Missverständnisse.

Kaum etwas kann mich in tiefere Verwirrung stürzen als eine Chat-Antwort ohne Smiley. Ist der andere sauer? Genervt? Hat er meine Frage vielleicht in den falschen Hals bekommen? Oder hat er nur keine Zeit? Ich gerate ins Schwitzen und verfluche die völlig emotionslosen Buchstaben, die mir keine Nuancen auf sozialer Ebene vermitteln.

Ja, ich übertreibe hier ein wenig, aber tatsächlich kann ich mein Gegenüber im Chat schlechter einschätzen, wenn er mir nicht mit Emojis auf die Sprünge hilft. Auf mich wirken manche Chat-Nachrichten weniger freundlich und kurz angebunden, wenn ein Emoji fehlt. Meistens beruhigt mich schon ein einfacher Lächel-Smiley, um zu wissen: Passt schon alles.

Die persönliche Ebene und die informative Ebene im Clinch

So wie mir geht es den meisten Menschen, die in der Online-Kommunikation Emojis verwenden. Mehrere Studien, etwa die «Future of Creativity»-Studie aus 2022 und die Studie «Ein Bild sagt mehr als tausend Worte» der Hochschule Fresenius in Köln aus 2018, haben das bereits festgestellt.

Der Siegeszug der Smileys begann in den frühen Jahren des Internets und ist nicht mehr aus der Online-Kommunikation wegzudenken. Mittlerweile gibt es mehr als 3600 Emojis, viele davon als Hautfarben-Varianten. Sie dienen als Ersatz für Gestik, Tonfall und Körpersprache im persönlichen Gespräch, die im schriftlichen Bereich fehlen. 70 Prozent der Teilnehmeden einer Langzeitstudie des Fraunhofer-Instituts sind der Meinung, dass Emojis dabei helfen können, Missverständnisse in der Schriftsprache zu vermeiden.

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Schriftliche Kommunikation ist tatsächlich eine Wissenschaft für sich: Menschen schreiben mit Freunden und Familie ganz anders als mit Kollegen, flüchtigen Bekannten oder völlig fremden Menschen. In E-Mails gibt es weniger Emojis als in Chats. Frauen setzen Emojis öfter ein als Männer, jüngere Menschen öfter als ältere und wer keine nutzt, wirkt zwar vielleicht unsympathisch, dafür aber laut der Fresenius-Studie auch selbstbewusster: Emoji-Verweigerer scheinen ja ihre Stimmung für sich behalten zu wollen und, mit Verlaub, einen 💩 darauf zu geben, was man von ihnen denkt.

Ja, Schriftsprache ist komplex: Die einen interpretieren viel herum, wo die anderen sich gar nichts bei gedacht haben. Selbst ein Punkt, der eine Chat-Nachricht abschließt, wirkt auf viele Menschen passiv-aggressiv, da er als «Diskussion nicht erwünscht» aufgefasst werden kann.

Emoji-Nutzung

Nutzt du selbst Emojis?

  • Ja, ohne geht es nicht!
    39%
  • Wohldosiert hin und wieder
    55%
  • Nein, ich kann nichts damit anfangen
    4%
  • Ich möchte nur das Ergebnis sehen
    3%

Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

Hier scheinen also zwei Welten aufeinanderzutreffen: Menschen, die Emojis als Hilfsmittel in ihrer Textbotschaft nutzen, um einen zusätzlichen Kommunikationskanal zu bedienen. Und Menschen, die lediglich den Informationsaustausch im Sinne haben und mit bunten Bildern in Texten nicht viel anfangen können. Und beides hat seine Richtigkeit.

Ein Lächeln hat noch niemandem geschadet

Gerade im geschäftlichen Bereich, zum Beispiel in Mails zwischen Kunde und Dienstleister, steht die reine Informationsübermittlung im Vordergrund. Da zählen Fakten, insbesondere bei Spannungsfeldern wie Preisverhandlungen, Mahnungen oder Reklamationen. Selbst ich käme in dem Kontext nicht auf die Idee, Smileys zu verwenden.

Doch davon abgesehen spricht – finde ich – nichts dagegen, die Kommunikation etwas lockerer zu gestalten und hinter das «Danke für Ihre schnelle Rückmeldung» einen ganz dezenten 🙂 zu setzen. Ich möchte damit vermitteln, dass das nicht nur eine Floskel ist, sondern dass ich mich wirklich darüber gefreut habe. Trotzdem erwarte ich in E-Mails nicht, dass mein Gegenüber Smileys verwendet. Wenn er oder sie das tut, freue ich mich dann umso mehr.

Spätestens seit dem Homeoffice-Trend setzen viele Unternehmen auf Chat-Tools zur internen Kommunikation. Hier tauschen Kolleginnen und Kollegen Gedanken aus und stimmen sich ab. Das geht meistens schneller als per E-Mail oder Telefon. Und auch hier haben sich Emojis immer weiter eingeschlichen.

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Dazu kommt, dass Programme wie Outlook, Teams und Google Docs Emoji-Reaktionen unterstützen, teilweise erst seit dem vergangenen Jahr. Ein Herz als Reaktion auf eine Chat-Nachricht oder eine E-Mail drückt in Windeseile ein «Das ist lieb von dir» aus, ein Daumen hoch «Passt». Hier steht aber eher die Zeitersparnis im Vordergrund.

Doch egal wo: Emojis signalisieren für mich Gesprächsbereitschaft. Einem Lächeln kann ein Scherz folgen, aus einem Scherz kann sich ein Gespräch ergeben. Ohne Emojis finde ich das schwierig. Und selbst wenn: Bei fremden Menschen lassen sich ohne Hilfsmittel im Chat Spaß und Ernst nur schwer auseinanderhalten. Zu groß ist der Spielraum für Missverständnisse.

Wie stehst du zu Emojis? Wann nutzt du sie, wann nicht? Helfen sie dir auch so sehr wie mir?

Titelbild: Rawpixel.com/Shutterstock

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