Xiaomi 4 Ultra
20 km/h, 70 km, 500 W
Ich fahre mit dem Xiaomi 4 Ultra von Winterthur nach Zürich. Doch reicht der Akku des E-Scooters? Bin ich nach dem Trip direkt ferienreif? Das sind meine Erkenntnisse nach dem 30 Kilometer langen Arbeitsweg.
Meine Mission ist so einfach wie verrückt: Ich fahre mit dem E-Scooter zur Arbeit – sprich knapp 30 Kilometer von Winterthur nach Zürich an den Digitec-Galaxus-Hauptsitz. Und das mit dem neuen Xiaomi 4 Ultra. Wie bewährt sich das Zweirad mit E-Motor in diesem Extremtest?
Die Vorbereitungen sind schnell erledigt. Ich muss:
Genug Zeit einplanen: Bei maximal 20 km/h habe ich mindestens eineinhalb Stunden reine Fahrzeit. Schätzungsweise geht meine Reise aber länger, weil ich zwischendurch ja noch filme und fotografiere.
Eine Halterung fürs Handy kaufen: Da habe ich bei uns im Shop eine günstige und stabile Lösung namens Nc-17 3D Universal Halter gefunden. So kann ich das Handy als Navi nutzen.
Die Komoot-App installieren: Die Bike-App plant Routen für Zweiräder besser als etwa Google Maps – und ist ebenfalls gratis nutzbar.
Die App schlägt mir eine schöne Route über Nebenstrassen vor. Da sage ich nicht Nein. Helm aufsetzen, Navigation starten – und schon bin ich unterwegs. Die ersten paar Kilometer rolle ich durch die Stadt Winterthur. Komoot führt mich quer durch die Altstadt über Kopfsteinpflaster. Dank der guten Federung des Xiaomi 4 Ultra wackelt aber weder das Handy noch der Fahrer. Ich bin überrascht, wie komfortabel das ist.
Weniger angenehm fühlt sich dann die Strecke neben Autobahneinfahrt und Überlandstrasse an. Hier düsen die Autos rasant an mir vorbei. Zwar fahre ich dank kräftigem Motor konstant 20 km/h, aber schneller darf der Scooter ja laut Schweizer Gesetz nicht sein. Die Autos ziehen mit 60 bis 80 km/h an mir vorbei. Als auch noch die ersten Velos überholen, fühle ich mich schon etwas als Verkehrshindernis.
Immerhin: Vor ein paar Jahren gab’s noch böse Blicke und sogar Gehupe, wenn du mit dem E-Scooter auf der Strasse gefahren bist. Heute wissen offensichtlich die meisten Menschen, dass diese Zweiräder genau dieselben Rechte und Pflichten haben wie ein Fahrrad. Sprich: Es gibt keine speziellen Reaktionen mehr, ich werde gutschweizerisch ignoriert.
Nach zehn Kilometern folgt die erste unangenehme Überraschung Die Route führt mich zwar weg vom Verkehr, dafür auf eine Waldstrasse mit 15 Prozent Steigung. Das schafft der Xiaomi 4 Ultra nicht. Ich muss absteigen und stossen. Mit dem Bike hätte ich hochtrampeln können, nun muss ich den fast 25 Kilogramm schweren Scooter hochschieben.
Danach geht’s zum Glück abwärts. Ich düse los und bin dank Schwerkraft auch mal 30 km/h schnell. Das geht problemlos, weil ich dank breitem Trittbrett einen sicheren Stand habe und auch der Lenker des Xiaomi angenehm breit ist. So habe ich eine gute Kontrolle und fühle mich sicher.
Nach weiteren zehn Kilometern durchs Zürcher Unterland wird’s wieder städtischer. Das bedeutet: Bus, Tram, Autos, Lastwagen, Fahrräder und Fussgänger. Hier bin ich sehr froh um den Blinker, den ich wie beim Motorrad über zwei Tasten bedienen kann. Ich kann so auch auf Handzeichen verzichten. Die führen auf den Scootern oft zu kleinen Wacklern, weil ich mit den kleinen Rädern und dem schmalen Lenker einhändig nicht so stabil fahre wie mit einem Fahrrad.
Nach zweieinhalb Stunden habe ich es geschafft. Ich bin am Ziel angekommen. Die effektive Fahrzeit laut Komoot betrug 1:42 Stunden für die 29,9 Kilometer. Der Rest der Zeit ging für Fotos und Videos drauf und natürlich fürs den Berg Raufstossen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit betrug 17,5 km/h, 290 Meter ging’s bergauf, 340 Meter bergab.
Ich fühle mich sehr entspannt, auch wenn das Experiment sehr viel Zeit gebraucht hat. Regelmässig werde ich das deshalb nicht machen, da ich mit dem Zug in 40 Minuten im Büro bin. Und wenn, dann wäre die Strecke etwas für ein E-Bike. Damit wäre ich wohl schneller – und würde erst noch etwas für meine Gesundheit tun. Trotzdem hat die Fahrt spannende Erkenntnisse gebracht.
Reichweite: Bis 70 Kilometer soll der Xiaomi 4 Ultra laut Hersteller mit einer Akkuladung schaffen. Nach 30 Kilometern hatte der Scooter noch 25 Prozent Restakku. Unter starker Belastung schaffst du also rund 40 Kilometer. Erfahrungsgemäss gilt die Fautsregel auch für andere E-Scooter: 60 bis 70 Prozent der angegebenen Leistung sind realistisch bei starker Alltagsbelastung. Wiegst du nur 60 Kilogramm und musst keine Steigung bewältigen, dann kommst du vielleicht auf bis zu 80 Prozent der angegebenen Reichweite.
Langstreckentauglichkeit: E-Scooter taugen für mehr als nur die letzte Meile. Auch fünf Kilometer quer durch die Stadt lassen sich bequem und zügig zurücklegen. Der Vorteil gegenüber eines Velos: Scooter sind kompakter und oft leichter, zudem kommst du nicht verschwitzt am Ziel an.
Komfort: Je weiter du mit dem Scooter fährst, desto wichtiger ist die Federung. Der Xiaomi 4 Ultra ist dank eines Federungssystems für beide Achsen sehr komfortabel. Sogar Kopfsteinpflaster spürst du kaum.
Kompromiss: Der grosse Akku, der starke 500-Watt-Motor, der breite Lenker, das grosszügige Trittbrett und auch das Federungssystem bringen zwar Komfort, machen den Xiaomi aber auch wuchtig und schwer. Willst du deinen Scooter regelmässig ins Auto laden oder in den ÖV mitnehmen, ist der Xiaomi 4 Ultra nicht die richtige Wahl.
Der Xiaomi 4 Ultra ist ein gutes Beispiel für einen Langstrecken-Scooter. Du kannst damit komfortabel Kilometer um Kilometer abspulen. Und das zu einem durchaus vertretbaren Preis.
Der Hersteller hat auch viele praktische Details eingebaut: Den Blinker habe ich schon erwähnt, dazu kommt die wasserfeste Technik nach IP55-Standard und die schlauchlosen Reifen, die kleine Löcher automatisch wieder auffüllen.
Kritik gibt’s für den sehr minimalistischen Bildschirm, der nicht immer besonders gut ablesbar ist. Zudem lässt sich der Scooter nur nach einer Verbindung mit der App überhaupt erst in Betrieb nehmen, ohne ist er auf 10 km/h limitiert und piepst regelmässig.
Apropos: Das Abschliessen ist nicht ganz einfach, da die Räder keine Speichen haben. Ein Schloss musst du an der Hinterachse zwischen Rad und Gabel durchziehen. Immerhin kannst du den Scooter über die App deaktivieren und einen Alarm einschalten, auch wenn er nicht wirklich laut ist. Ganz blockieren lassen sich die Räder allerdings nicht.
Für die 30 Kilometer Rückweg habe ich übrigens dann doch den Zug genommen – zusammen mit dem Xiaomi. Das mit dem recht massiven Gerät einigermassen, es ist immer noch deutlich portabler als ein Fahrrad. Trotzdem bin ich froh, kann ich den 25 Kilogramm schweren Scooter aufs Perron und dann in den Zug stossen.
Welchen E-Scooter fährst du und auf welchen Strecken? Schreibe es mir in die Kommentare.
Titelfoto: Manuel WenkGadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.