Cat S60
32 GB, Schwarz/Silber, 4.70", Hybrid Dual SIM, 13 Mpx, 4G
Smartphones haben vor allem eines gemeinsam: Sie sind relativ heikel. Wer erinnert sich nicht mit Freude ans Nokia 3210, das nahezu unzerstörbar war? Noch unzerstörbarer als der Klotz aus der Vergangenheit ist der gegenwärtige Klotz aus dem Hause Caterpillar. Doch unter der Haube versteckt sich – sofern wir bei diesem Gerät von verstecken reden können – Beachtliches. Zum Beispiel eine Infrarotkamera.
Die Dimensionen des Caterpillar S60 lassen es erahnen: Das Handy ist nicht für Menschen gemacht, denen an filigraner Technologie und Finesse im Design liegt. Es ist 12.7mm dick, 73.4mm breit und 147.9mm lang. Also ein rechter Brocken. Das Gewicht: 222 Gramm. Bei einem 4.7-Zoll-Bildschirm ist das eine ganze Menge Gewicht. Trotz dieser merkwürdigen Spezifikationen gehört das Caterpillar S60 zu den Flaggschiffen der Smartphones. Warum? Weil es unzerstörbar ist. Fast jedenfalls.
Caterpillar, oft stilisiert als CAT, ist dafür bekannt, dass sie Maschinen herstellen, die unverwüstlich sind.
Die amerikanische Firma stellt auch Schuhe, Kleidung, Arbeitsaccessoires und eben auch Smartphones her. Darunter das – ihr verzeiht mir meine frühe Meinungsmache – grossartige S60.
In Kommentaren wird mir immer mal wieder vorgeworfen, dass ich Partei für das eine oder andere Smartphone ergreife. Ich sei Applejünger oder Android-Fanboy, hasse dieses oder jenes Produkt. Und heute ergreife ich mal Partei. Im Kontext der Mobiltelefone ist das Caterpillar S60 spitzenmässig.
Denn das Caterpillar S60 macht ein klares Statement: Es zeigt, dass Smartphones nicht dünn und schnieke sein müssen, um zu beeindrucken. Es zeigt, dass es immer noch möglich ist, Geräte zu bauen, die für eine spezifische Zielgruppe gemacht sind. Es zeigt, dass es immer noch Ingenieure und Tüftler da draussen gibt, die nicht einfach nur dünner, leichter, schneller und mehr Speicher wollen. Denn sind wir mal ehrlich: Wann war «Dieses Telefon ist zwei Millimeter dünner» wirklich ein tolles Verkaufsargument, das uns bereits bei der Vorstellung des Produkts vom Hocker gehauen hat?
Bei Caterpillar ist das Argument «Du kannst das Teil versenken» und «Das S60 hat eine Infrarotkamera eingebaut». Ja, eine Infrarotkamera. Wie geil ist das denn? Weiter kommt hinzu, dass das S60 einen 3800mAh Akku hat, was anständige Laufzeit verspricht. Laut Hersteller liegen 43 Tage Standby und 30 Stunden Gesprächszeit drin. Es schiesst 1080p Videos und macht Fotos mit der 13 Megapixel-Kamera hinten am Gerät. Es hat 32GB interner Speicher und kann mit SD-Karte um 128GB erweitert werden. Zu all dem gibt es dann noch den Qualcomm MSM8952-3. Der Octa-Core-Prozessor sorgt dafür, dass Android 6.0.1 schnell, verlässlich und flüssig läuft. Kurz: Das Cat S60 hat alle Charakteristika eines Flaggschiff-Handys, hat sich aber vom Gedanken verabschiedet, empfindlich für allerlei Dinge sein zu wollen.
Und jetzt sagt mir, dass das kein absolut grossartiges Gerät ist.
Franziska Matt ist Reiterin. Sie macht sich im Winter Sorgen um allerlei Sachen, was die Sicherheit ihres Pflegepferdes und ihrer selbst betrifft. Ihr Helm wird regelmässig inspiziert und ersetzt. Ihre Stute trägt Reflektoren und sie befestigt Leuchtkörper an ihren Stiefeln, dass sie im Dunkeln sicher von jedem gesehen wird. Dazu gehört auch, dass sie ein Smartphone hat, das einiges aushält. Ihr HTC M7 hat schon viel ausgehalten und sie selbst ist erstaunt darüber, dass das verbogene, verbeulte und an der oberen rechten Ecke aufgebrochene Gerät überhaupt noch funktioniert.
Sie denkt schon eine Weile darüber nach, ein neues Handy zu kaufen. «Mir ist wichtig, dass es viel aushält», sagt sie und dreht ihr Handy um. Bisher genügt kein neues Gerät ihren Ansprüchen. Dass sie noch einen Glückstreffer wie mit dem M7 landet, bezweifelt sie.
Sie ist die perfekte Testperson für das S60, nicht nur, weil sie sich in regelmässigen Abständen mit grossen Tieren in der Dunkelheit rumtreibt. Denn für User wie sie – Outdoor-Typen mit spezifischen Ansprüchen an Stabilität – genügen die Samsungs und iPhones dieser Welt einfach nicht. Klar, sie mögen dem Gerät, das Franziska Matt sucht, technologisch weit überlegen sein und dünner, schneller und leichter sein, aber ein kaputtes Handy nach einem Sturz vom Pferd, der hoffentlich nie kommt, ruft keinen um Hilfe. Mountainbiker, Snowboarder, Skifahrer und Wanderer dürften das Gefühl kennen, einfach etwas mehr Gewissheit zu haben, dass im Falle des Falles die Technologie nicht versagt.
Daher: Franziska Matt hat vor etwa drei Wochen das Handy als Testerin erhalten.
Franziska Matt gibt zu, sie hat das Handy mehr als nur einmal absichtlich fallen gelassen. «Ein bruchsicheres Handy verleitet ja fast schon dazu», sagt sie mit einem Lachen. Die Neugierde der Allgemeinheit war gross. Sowohl iPhone-Nutzer wie auch Android-Fans wollten sich das Gerät genauer anschauen. Sie selbst hat es im Alltag benutzt, sowohl in der Freizeit wie auch bei der Arbeit als Praktikantin der Projektkonzeption in einem grossen Immobilien-Generalunternehmer.
Dort kommt die Infrarotkamera zum Tragen, denn diese kann auf dem Bau dazu verwendet werden, Wärmebrücken – also Lücken in der Isolation eines Hauses oder einer Wohnung – festzustellen. Bisher war dazu eine spezielle Kamera nötig, doch mit dem Cat S60 können die aufgenommenen Bilder direkt ans Büro weitergeleitet werden. «Ich habe zu Beginn von allem Infrarotbilder gemacht: Pferden, Autos, Sitzen im Bus… einfach alles», sagt die junge Frau. Die Kamera sei vielleicht nicht gut genug, um exakte Messwerte zu erhalten, gibt sie zu bedenken, aber sie sei sicher gut genug, um festzustellen, worauf die empfindliche Kamera ausgerichtet werden muss. «Für die Nutzung als Überblick auf dem Bau reicht die Kamera völlig aus.»
Doch die Infrarotkamera sei gar nicht das grösste Feature des Telefons. «Duschen mit dem S60 war das Beste», denn die Wasserdichte des Smartphones ermöglicht es ihr, unter der Dusche sorgenfrei Musik zu hören. Generell hat sie die Robustheit des Phones lieben gelernt: «Das Cat ist ein Handy, um das du dir schlicht nie sorgen machen musst. Fällt es einmal runter, ist das total egal. Genau wie wenn es nass, dreckig oder sonstwas wird.» Zudem halte die Batterie «ewig», also weit länger als einen Tag.
Das Gehäuse hat zwar einige Kratzer abbekommen und der Home Button lottert ein wenig, aber sonst ist das Gerät nach wie vor in einwandfreiem Zustand. Die einzige hardwareseitige Schwäche, die Franziska Matt feststellen kann ist, dass ein Feature fehlt, das Leuten auf Baustellen das Leben stark vereinfachen würde: Ein Laser-Distanzmessgerät. Damit würde es Caterpillar kurzerhand schaffen, eine komplette Suite für Bauexperten in einem Gerät zu vereinen. Mit Ausnahmen, natürlich, wenn es um extrem spezifische Bedürfnisse geht.
Hersteller wie Samsung und HTC liefern ihre Smartphones mit eigener Software aus. Darunter ist oft ein eigener App Store, der im Wesentlichen die gleichen Apps wie der Google Play Store anbietet. In den meisten Fällen ist das komplette Verschwendung von Arbeitszeit und Speicherplatz.
Caterpillar aber macht vor, wie es geht.
«Der zusätzliche Caterpillar App Store zielt klar auf einen bestimmten Schlag Menschen ab», sagt Franziska Matt. Beim Öffnen des Stores lachen Usern nicht Apps entgegen, die jeder Nutzer in jedem anderen App Store auch sieht, sondern Apps wie eine Sammlung von Knoten-Knüpfanleitungen oder Fish Brain. Klar, WhatsApp ist auch darunter, denn auch Ingenieure und Maurer wollen den Dienst nutzen. Doch ein Blick macht klar: Das Cat S60 will eine Gruppe Menschen ansprechen, sowohl hardware- wie auch softwareseitig, die ganz andere Ansprüche an Technologie haben als iPhone-Nutzer.
Das Fazit unserer Testerin: «Das Cat S60 ist gross und klobig, aber nicht unmöglich zu bedienen. Du gewöhnst dich schnell daran und dann wirst du Spass haben.» Die physischen Schwachstellen, so schätzt sie, sind die Klappen an den Seiten und am Rückenteil des Telefons, aber sonst sei es genau so unzerstörbar wie es in der Werbung heisst. Es sei ein tolles Flaggschiff für einen Hersteller, der ein Gerät für all jene bauen will, denen die dünnen Phones zu heikel sind.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.