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Darum ist der PC der beste Ort zum Zocken

Der PC freut sich wachsender Beliebtheit und hat das nicht zuletzt den Konsolen zu verdanken. Dabei wurde ihm vor noch nicht allzu langer Zeit sein Ende vorhergesagt.

«Der schnelle PC-Niedergang» schrieb der «Tages-Anzeiger» 2011. Ein Jahr nach Release des iPads zückten viele bereits die Schaufel. Nicht nur beim Arbeiten, auch beim Zocken nahm der PC zunehmend eine untergeordnete Rolle ein. Im darauffolgenden Tablet- und Smartphone-Boom verlor der PC stetig an Bedeutung. Die grossen Spielehersteller priorisierten Konsolen und lieblose PC-Ports gehörten zur Tagesordnung. Du willst das neue «GTA» zocken? Dann gefälligst auf einer Xbox oder Playstation. Während Rockstar auch beim sechsten Teil ihrer Gangster-Serie an dieser unsäglichen Tradition festhält, hat sich das Blatt andernorts fast komplett gewendet. Der PC steht heute als Gaming-Plattform besser da denn je.

In der jährlichen Umfrage der Game-Entwickler Konferenz GDC haben 80 Prozent der Beteiligten angegeben, für den PC zu entwickeln. Das ist eine deutliche Steigerung von den 66 Prozent im letzten Jahr. Die zweitbeliebteste Plattform ist die PS5 mit gerade mal 38 Prozent, gefolgt von der Xbox Series X/S mit 34 Prozent. Die Switch liegt trotz Marktdominanz nur bei 20 Prozent.

Eine Umfrage bei Game-Entwicklern zeigt eine klare Präferenz für den PC.
Eine Umfrage bei Game-Entwicklern zeigt eine klare Präferenz für den PC.
Quelle: GDC

Die wachsende Attraktivität des PCs für Studios passt zusammen mit der Entwicklung des Gesamtmarktes. Während der PC-Bereich gegenüber dem Vorjahr um vier Prozent zulegen konnte, haben die Konsolen ein Prozent Umsatz eingebüsst. Bereits seit 2021 stagniert dort der Markt. PC-Spieler geben ausserdem mehr Geld für Spiele und Inhalte aus. «Helldivers 2», das zeitgleich auf PC und PS5 erschien, ist das Paradebeispiel für die positive Entwicklung. 60 Prozent der Verkäufe gehen zu Gunsten der PC-Version.

Die wachsende Popularität hat der PC ironischerweise unter anderem den Konsolen zu verdanken.

Wenn zwei sich streiten

Der erbitterte Streit um die Vorherrschaft im Wohnzimmer hat schon viele Opfer gefunden. Sega stellt seit dem Dreamcast-Flop keine Konsolen mehr her und auch Nintendos Schiff geriet mit dem Gamecube und besonders der Wii U mächtig ins Schwanken. Während Nintendo seine Lektion gelernt hat und sich aus dem Leistungs-Wetteifern zurückzog, liefern sich Sony und Microsoft noch heute heftige Schlagabtäusche. Wobei sich mit der Xbox bereits der nächste Kollateralschaden abzeichnet.

Während sich die Konsolen, allen voran die Xbox und Playstation, um die Vorherrschaft stritten, wuchs der PC-Markt unbeirrt weiter.
Während sich die Konsolen, allen voran die Xbox und Playstation, um die Vorherrschaft stritten, wuchs der PC-Markt unbeirrt weiter.
Quelle: Shutterstock

Um sich voneinander abzuheben, kaufen beide Unternehmen fleissig Studios, die exklusive Spiele für ihre Plattformen entwickeln. Weil Spiele aber immer teurer werden und damit das Erfolgsrisiko wächst, finden immer mehr ihren Weg auf den PC. Da moderne Konsolen im Innern ebenfalls PCs sind, sind Portierungen einfacher denn je. Abgesehen von Nintendo, die es nicht nötig halten, ihre Spiele anderswo anzubieten, werden exklusive Konsolen-Spiele immer rarer. Davon profitiert besonders der PC, der nicht mehr als Konkurrenz, sondern zusätzlicher Markt angesehen wird.

Microsoft veröffentlicht seit längerem alle Xbox-Titel zeitgleich für Windows – und teilweise sogar auf der Playstation. Auch Playstation-Games finden mittlerweile zeitversetzt, aber zuverlässig den Weg auf den PC, jedoch nicht auf die Xbox oder die Switch.

Zugänglicher denn je

Umgekehrt hat sich auch der PC den Konsolen angenähert. Einer der treibenden Kräfte dahinter ist Steam. Der PC wird zwar von Windows dominiert, für Gamerinnen und Gamer ist jedoch die digitale Vertriebsplattform der eigentliche Grund, weshalb sie hier sind. Die absolute Mehrheit aller PC-Spiele erscheint auf Steam. Dank des Steam Decks sind sie noch zugänglicher geworden. Mit dem Handheld, der 2022 auf den Markt kam, feierte das SteamOS seine Premiere. Das Linux-basierte Betriebssystem ist Valves Alternative zu Windows, wenn du einfach nur gamen willst. Hier hat man sich das Konsolen-Prinzip als Vorbild genommen: einschalten und loszocken, statt langwieriges Gebastel und Konfigurieren. Das Interface ist verständlich, intuitiv und doch gibt es für erfahrene User zahlreiche Einstellmöglichkeiten, wie sie PC-Besitzer lieben.

Das Steam Deck bietet das bisher Konsolen-ähnlichste Erlebnis für PC-User.
Das Steam Deck bietet das bisher Konsolen-ähnlichste Erlebnis für PC-User.
Quelle: Philipp Rüegg

Auch ein klassischer Windows-PC ist heute meilenweit entfernt von den Strapazen der 90er-Jahre. Sowohl im Zusammenbau als auch in der Benutzung ist die Plattform einfacher geworden. Noch kannst du zwar nicht wie bei den Konsolen Updates mit einem einzigen Knopfdruck erledigen, aber sie beschränken sich mittlerweile auf Windows- und Grafikkartentreiber-Updates. Und schliesslich kannst du den PC auch für unzählige andere Dinge benutzen.

Nirgends gibt es bessere Grafik und mehr Individualität

Was PC-Spielerinnen und Spieler besonders lieben, ist tolle Grafik. Nirgends sehen Spiele besser aus oder laufen flüssiger als auf dem PC – entsprechende Hardware vorausgesetzt. Du hast auch maximale Freiheiten, ob du mit einem Nintendo-, Playstation- oder Xbox-Controller spielen willst. Alle kannst du problemlos an einen PC anschliessen, zusammen mit unzähliger anderer Peripherie vom VR-Headset über den HOTAS-Flightstick bis hin zur MMO-Maus mit 20 Tasten. PC bedeutet Flexibilität.

Das geht auch in die andere Richtung. Während Nvidia aktuell beweist, dass es keine Obergrenze für Grafikkarten-Preise gibt, zeigen die Steam-Hardwareauswertungen, dass die Mehrheit mit deutlich günstigerer Hardware unterwegs ist. Die verbreitetste Auflösung ist mit 56 Prozent immer noch Full-HD.

Am PC kannst du so gut wie jeden Controller benutzen.
Am PC kannst du so gut wie jeden Controller benutzen.
Quelle: Philipp Rüegg

Während die PC-Plattform bis anhin ein eher stationäres Erlebnis war, sorgt die vom Steam Deck ausgelöste Flut an Handhelds für mehr Mobilität. Auch hier hast du eine riesige Auswahl unterschiedlicher Geräte, auf denen du alle deine Games zocken kannst. Das bringt mich zum nächsten Punkt.

Spieleauswahl, Stichwort Abwärtskompatibilität

Als Nintendo bekannt gab, dass die Switch 2 auch Switch-1-Spiele abspielen können wird, haben wir uns gefreut. Bei Konsolen ist Abwärtskompatibilität keine Selbstverständlichkeit, auch wenn sich die Situation in den letzten Jahren verbessert hat. Wenn du dir einen neuen PC kaufst, stellt sich diese Frage gar nicht erst. Egal ob bei Steam, Uplay oder Battle.net, die Games laufen auf jedem PC. Das gilt auch für Games, die 10, 20 oder 30 Jahre alt sind. Aufpreis für Spiele bezahlen oder sie gar neu kaufen zu müssen, nur weil du Windows- oder den PC aufgerüstet hast, gibt es nicht.

Die meisten Spiele findest du auf Steam oder wenn sie etwas älter oder nischiger sind auf Gog. Und wenn du das Spiel auch da nicht findest, dann hat meist irgendein fleissiger Modder eine Version gebastelt, die dann doch auf der neusten Windows-Version läuft. «Earthsiege 2» lässt grüssen.

An keinem anderen Ort gibt es mehr Games als auf Steam.
An keinem anderen Ort gibt es mehr Games als auf Steam.
Quelle: Philipp Rüegg

Selbst wenn du keine uralten Games ausgräbst, bietet keine Plattform auch nur annähernd eine so grosse Game-Auswahl wie der PC. Über 100 000 Games gibt es alleine auf Steam. Und wenn es dich doch mal nach Konsolen-Spielen dürstet, gibt es auch dafür eine Lösung. Dank Emulatoren kannst du von Atari-2600- über Gamecube- bis zu PS4-Games so ziemlich alles am PC spielen. Mit Nintendo fällt damit auch die letzte Bastion, die sich gegen den PC stellt.

Andererseits gibt es auch viele exklusive PC-Games. Einige der populärsten Titel weltweit sind seit jeher nur am PC spielbar, dazu gehören «League of Legends», «World of Warcraft» oder «Counter-Strike 2».

Modde dein Game, wie es dir gefällt

Neben der Freiheit, den PC nach Herzenslust zusammenzustellen und zu konfigurieren, lieben es PC-Besitzerinnen und Besitzer, ihre Spiele ihren Wünschen anzupassen. Mods sind seit jeher ein fester Bestandteil der PC-Welt. Du willst in «GTA Online» als Iron Man durch die Lüfte fliegen und die Welt unsicher machen? Dafür gibt es einen Mod. Das Gewichtslimit in «Stalker 2» ist dir zu restriktiv? Mach alle Waffen um ein Drittel leichter. Du möchtest mal wieder «Skyrim» spielen, aber die Grafik ist dir zu altbacken? Hole dir neue Texturen und Effekte mit Mods. Es gibt kaum Wünsche, die dir die Modding-Community nicht erfüllen kann.

Modding von Spielen wie «GTA Online» gehören am PC einfach dazu.
Modding von Spielen wie «GTA Online» gehören am PC einfach dazu.
Quelle: Youtube/Julionib

Die Preisfrage

«Konsolen sind viel günstiger», ist neben der Komplexität das häufigste Argument gegen PCs. Wenn man sich die aktuellen Grafikkarten-Preise ansieht, kann einem definitiv schlecht werden. Ein PC mit der Leistung einer PS5 oder Xbox Series X gibt es hingegen bereits um die 1000 Franken. Das ist immer noch deutlich mehr als eine Konsole kostet. Langfristig betrachtet kann der PC dennoch billiger sein.

Die meisten Spiele sind auf Konsolen teurer. «God of War Ragnarök» kostet im Playstation Store aktuell CHF 79.90 und auf Steam CHF 59.90. «Kingdom Come Deliverance 2» gibt es für CHF 67.90 auf Steam, während es dich auf der PS5 CHF 89.90 kostet. Je nachdem, wie viele Spiele du kaufst, summiert sich das. Allerdings kannst du viele Konsolenspiele weiterhin physisch kaufen und somit auch wieder verkaufen. Solche Möglichkeiten sind auf dem PC längst passé.

Auf Steam gibt es regelmässige Rabatt-Aktionen wie beim kürzlichen Couch-co-op-Fest.
Auf Steam gibt es regelmässige Rabatt-Aktionen wie beim kürzlichen Couch-co-op-Fest.
Quelle: Valve

Steam bietet dafür mit «Family Share» ein Feature, das ich persönlich sogar besser finde, als Spiele wiederverkaufen zu können. Mit «Family Share» können bis zu sechs Personen eine Familie gründen und ihre Spiele untereinander teilen. Die einzige Einschränkung ist, dass eine Version eines Spiels nicht von mehreren Personen gleichzeitig gespielt werden kann. Ansonsten können alle Accounts parallel mit ihren eigenen oder den Bibliotheken der Familienmitglieder zocken.

Weiter sparst du am PC bei kostenpflichtigen Online-Games. Der «Call of Duty»-Multiplayer-Modus steht dir auf Konsolen nur zur Verfügung, wenn du ein PS-Plus-, respektive Xbox-Game-Pass-Abo löst. Die kosten pro Monat CHF 9, respektive CHF 9.90. Im Jahresabo sind sie etwas günstiger. Auch bei Nintendo zahlst du für Online-Multiplayer zusätzlich. Am PC bezahlst du keinen Aufpreis, um online zu spielen. Das Gleiche gilt für Cloud Saves, die ebenfalls zum Grundangebot gehören und nicht hinter einer Paywall versteckt sind.

Noch mehr Sparmöglichkeiten gibt es mit den regelmässigen und legendären Steam-Sales. Mittlerweile offerieren zwar auch Konsolenhersteller Rabatte, sie sind aber nicht annähernd so häufig und so hoch wie auf Steam.

Steam, immer wieder Steam

Es ist nicht verwunderlich, dass der Name Steam bereits über 20 Mal gefallen ist in diesem Text. Valve hat den Online-Shop seit dem Launch 2003 konstant verbessert und das PC-Game-Erlebnis nachhaltig geprägt. Zahlreiche Unternehmen haben versucht, das Quasi-Monopol zu brechen. EA, Ubisoft, Activision, alle bieten ihre Spiele mittlerweile wieder bei Steam an, statt exklusive in ihren eigenen Stores. Selbst der Multimilliarden-Moloch Amazon ist mit seinen Bemühungen gescheitert. Das liegt nicht nur daran, dass PC-Spielerinnen und Spieler Gewohnheitstiere sind, sondern weil sich das Nutzererlebnis auf Steam deutlich von den Konsolen abhebt.

Valve, das Unternehmen hinter Steam, ist einer der Hauptantriebskräfte hinter dem Erfolg des PCs.
Valve, das Unternehmen hinter Steam, ist einer der Hauptantriebskräfte hinter dem Erfolg des PCs.
Quelle: Philipp Rüegg

Steam verkauft nicht nur Games, sondern ist auch eine Game-Bibliothek, eine Social-Media-Plattform, ein Support-Forum, eine Livestreaming-Plattform und Achievement-Lieferant. Bisher ist es auch nicht vorgekommen, dass Steam mehrere Stunden offline war und du damit nicht oder nur eingeschränkt spielen konntest, wie kürzlich bei der PS5. Und das ist noch kurz im Vergleich zum Hackerangriff 2011, der das System für 23 Tage lahmlegte.

Obwohl dir die Spiele auf Steam nicht gehören und du dir lediglich eine Lizenz erwirbst, hat Valve das Vertrauen der User bisher nie missbraucht. Und anders als beispielsweise im Playstation-Store werden auch keine Werbeplätze verkauft. Valve hebt selbstständig Spiele hervor, die es für erwähnenswert hält und lässt sich nicht dafür bezahlen, die Front mit dem neusten AAA-Game vollzupflastern.

Aus all diesen Gründen ist der PC für mich der beste Ort zum Zocken. Kollege und Konsolenfan Domagoj Belancic ist aber sicherlich nicht der einzige, der gleich eine passende Gegenantwort parat hat. Wo spielst du am liebsten und wieso?

Bester Ort zum Zocken

Auf welcher Plattform spielst du am liebsten?

Titelbild: Der Woo

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