Das fiese Business mit den Fake-Followern auf Instagram
Eine Million Leute sehen dein Bild auf Instagram: Das ist der Traum jedes Klein-Accounts. Ich habe dafür Geld bezahlt – und Probleme bekommen.
Die Anfrage auf Englisch ist zuerst einmal unverdächtig. Ich solle doch mein schönes Fischfoto auf Instagram per DM (Direct Message) schicken, es werde dann auf «fishing.life» gepostet. Das ist grundsätzlich nicht ungewöhnlich: Denn es gibt diverse Portale auf Instagram, die Bilder zu Themen wie Essen, Fitness, Beauty, Reisen oder eben auch Angeln sammeln und reposten.
Dieses Mal ist aber alles anders. Ich schicke das Foto, es wird aber nicht einfach übernommen. Stattdessen erhalte ich eine Nachricht mit einem Angebot. «fishing.life» verspricht gegen einen kleinen Geldbetrag ein Shoutout. Und das auf einem Account mit einer Million Followern.
Für 35 Dollar gibts 2000 Follower
Shoutout heisst: Mein Bild wird als Beitrag und Story gepostet, ich werde verlinkt. Im Gold-Paket für 35 Dollar seien problemlos 2000 zusätzliche Follower möglich. Das tönt sehr verlockend. Zehntausende Angelfans aus der ganzen Welt sehen meinen Beitrag und einige davon werden mir dann folgen – so stelle ich mir das vor.
Es tönt auch positiver, als irgendwo einfach Follower zu kaufen. Das wäre ja auch problemlos möglich für rund 15 Franken pro 1000 Follower, wie eine Google-Suche zeigt.
Natürlich bin ich mir der Risiken bewusst und ahne, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Aus Neugier probiere ich den Deal trotzdem aus, auch weil das Geld über PayPal bezahlt werden kann. So bekommt der Empfänger wenigstens keine Kreditkartendaten, mit denen er Unfug betreiben kann. Das Geld könnte natürlich trotzdem einfach weg sein – ohne Gegenleistung (ob der PayPal Käuferschutz dann wohl greifen würde?).
Doch der Anbieter hält sein Versprechen: Rund 24 Stunden später erscheint mein Bild mit Verlinkung auf «fishing.life». Und sofort gewinne ich Follower, das Smartphone hört nicht mehr auf zu vibrieren. So fühlen sich also erfolgreiche Influencer. Meine Anhängerschaft wächst innert ein paar Stunden von 700 auf über 2600 Menschen. Das Foto mit einem Black Bass erhält auf «fishing.life» 14 000 Likes.
Doch das Hochgefühl hält nur kurz an – die Realität holt mich schnell ein. Denn bei genauem Hinschauen merke ich, dass meine neuen Fans nicht etwa Angelfreunde aus der ganzen Welt sind. Sondern Accounts, die verdächtig uniform daherkommen.
Die meisten neuen Follower haben genau 14 oder 15 Beiträge gepostet, oft einzelne Bilder mehrmals. Die Accounts haben jeweils nur ein Dutzend Follower, während sie 2000 bis 4000 anderen Personen folgen. Es ist schnell klar: Das sind alles Fake-Accounts.
Die Masche zieht nicht nur bei mir
Ich habe also nur auf dem Papier viele neue Follower. Diese schauen sich aber weder meine Fotos und Videos an, noch schreiben sie Kommentare oder liken Beiträge. Würde ich also mit meinem Account als Micro-Influencer Geld verdienen wollen, bringt mir dieser Zuwachs gar nichts.
Eine nervige Folge hat der Fake-Follower-Kauf zudem. Der Betreiber von «fishing.life» hatte mich noch davor gewarnt – allerdings erst nach dem Kauf. Es kommen Dutzende weitere Anfragen für Follower-Käufe. Ich könnte mein Bild auch auf Fitness- oder Food-Seiten posten und meine Gefolgschaft an Bots weiter aufbauen. Da geht es dann knallhart nur noch um den Follower-Kauf, das thematische Mäntelchen spielt keine Rolle mehr.
Ich bin übrigens nicht der einzige, der das verlockende Angebot mal ausprobiert auf die Masche hereinfällt. Ich finde Hunderte Beiträge von realen Menschen auf den Promotions-Seiten. Da die Betreiber geschickt vorgehen, die Portale gut pflegen und zumindest anfangs Instagram-Nutzer mit passendem Content anschreiben, dürften sich wohl nicht alle bewusst gewesen sein, welchen Deal sie wirklich eingehen.
Für 35 Dollar habe ich rund 2000 Bots bekommen. Sie folgen jeweils tausenden echten Instagram-Nutzerinnen und -Nutzern. Der Verdacht liegt nahe, dass diese jeweils ebenfalls für wundersame Vermehrung der Fans bezahlt haben.
Was ist mein Fazit? Ich bin zwar 35 Franken ärmer, dafür um einige Erfahrungen reicher. Der Versuch beweist, wie wenig die Zahl von Followern aussagt. Und ja, ein paar Stunden Zusatzarbeit habe ich mir mit der Aktion auch aufgehalst. Denn irgendwann werde ich mein Profil bereinigen, sprich die Bots einzeln löschen.
Um ehrlich und nachhaltig (aber langsam) eine Community zu vergrössern, gibt’s nur eine Methode: Beschränke dich auf eines oder zwei Lieblingsthemen, poste regelmässig Fotos und Videos und vernetze dich. Oder nutze den Account einfach wie ich für eine kleine Community aus Freunden und Bekannten.
Titelfoto: Lorenz KellerGadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.