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Der Sparschäler: «Wer hat’s erfunden?» Ein Schweizer … unter anderem
Klettverschluss, WC-Ente oder Sackmesser, die Liste mit Schweizer Erfindungen ist lang. Auch den Sparschäler verbuchen wir gerne als Erfindung eines Schweizers. Dabei ist das streng genommen nur die halbe Wahrheit. Dafür eine äusserst erfolgreiche.
Gurke, Rüebli, Apfel, Birne … Ich bereite für unsere Tochter mal wieder eine Znünibox vor. Um den unliebsamen Obst- und Gemüseschalen den Garaus zu machen, greife ich mit schlafwandlerischer Sicherheit nach dem Sparschäler. Einer dieser kleinen Helfer, die im Alltag und in der Küche nicht mehr wegzudenken sind. Und erst noch eine Schweizer Erfindung. Oder?
Das erste Namedropping
Bei der Frage nach dem Ursprung des Sparschälers lande ich als erstes bei Wikipedia. Im entsprechenden Artikel heisst es, dieser Begriff existiere schon seit Ende des 19. Jahrhunderts. Der Sparschäler werde in einer Muster- und Modellregistrierung – quasi der Vorläufer der Patentanmeldung – eines Wiener Hof-Spenglers vom 22. Dezember 1891 namentlich genannt. Wurde der Sparschäler also in Österreich erfunden?
Auf der Suche nach einem Beleg dafür werde ich bei der Österreichischen Nationalbibliothek tatsächlich fündig, in ihrem Digitalarchiv für historische Zeitungen und Zeitschriften. Im «Amtsblatt zur Wiener Zeitung» vom 17. JännerJanuar 1892 ist die von Wikipedia erwähnte Registrierung abgedruckt: Für den Begriff Sparschäler verantwortlich ist ein gewisser Joseph Denk. Gut ausgedenkt, Joseph!

Quelle: Screenshot Österreichische Nationalbibliothek
Bilder oder Zeichnungen vom ersten Sparschäler scheint es keine (mehr) zu geben, ich finde jedenfalls nichts. Dafür stosse ich in den Folgejahren auf Zeitungsanzeigen, in denen der Sparschäler beworben wird, beispielsweise 1905 im «Zürcher Oberländer» oder in einer Ausgabe der «Berner Tagwacht» von 1908. Und in einer Anzeige im «Oberländer Tagblatt» vom 23. September 1918 heisst es wohl ganz im Sinne des Erfinders:
«Sparschäler sparen viel Zeit und Geld!»
Ganz famos, dieser Sparschäler
Trotz Erwähnungen in Zeitungsanzeigen, so richtig Schwung scheint noch nicht ins Sparschäler-Game gekommen zu sein. 1936 ändert sich das. Dann nämlich lässt der Deutsche Albert Deimel seinen Famos-Kartoffelschäler patentieren. Dabei handelt es sich um einen Sparschäler mit einer längs montierten Klinge, die beweglich ist.

Quelle: Wikimedia / Malchen53
Dass Deimels Küchenhelfer zu einem erfolgreichen und beliebten Gerät avanciert, zeigt unter anderem die Tatsache, dass du den Famos-Sparschäler bis heute in seiner ursprünglichen Form kaufen kannst.
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Der König aus der Schweiz
Trotz des famosen Patents von Albert Deimel aus Deutschland dauert es nochmals einige Jahre, bis der Sparschäler endgültig seinen Siegeszug durch die internationalen Küchenschubladen antritt. Dafür sorgt schliesslich nicht weniger als ein wahrer König: 1947 lässt der Schweizer Unternehmer und Erfinder Alfred Neweczerzal sein Modell «Rex» – lateinisch für König – international patentieren, den ersten Sparschäler mit querliegender beweglicher Klinge.

Quelle: Wikimedia Commons / Fred Klein
Der «Rex» mausert sich schnell zum unerlässlichen Helferlein in der Küche. Während mehr als 70 Jahren produziert die von Neweczerzal gegründete Firma Zena in Affoltern am Albis Aberdutzende Millionen Sparschäler, wovon etwa 60 Prozent in mehr als 20 Länder exportiert werden. Damit steht fest: Der Sparschäler an sich wurde ursprünglich zwar nicht in der Schweiz erfunden. Aber das Modell, das man weltweit kennt und verwendet schon.
2020 wird das Familienunternehmen schliesslich verkauft, bleibt aber in Schweizer Händen: Mit Victorinox übernimmt die Mutter des Schweizer Taschenmessers auch die Produktion des Sparschälers «Rex».
Von der Küchenschublade auf die Briefmarke
Was macht den Sparschäler «Rex» überhaupt aus? Alle, die ihn schon mal gebraucht haben – und das dürften die meisten sein – werden ähnliche Dinge sagen: Er liegt gut und angenehm in der Hand, er ist leicht, mit ihm geht das Schälen schnell … Und als ob das alles nicht schon genug wäre, so ist er zu allem Überfluss auch noch ganz schön stylisch, um nicht zu sagen ikonisch.
Sein seit 1947 praktisch unverändertes Design verschafft dem «Rex» auch abseits der Küche Ruhm und Ehre. Er wird als Klassiker des Schweizer Designs verehrt und in Museen ausgestellt. Die Post widmet ihm 2004 sogar eine Briefmarke.
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Quelle: Shutterstock / Boris 15
Mit der Bezeichnung «Kult» soll man ja eher spärlich als inflationär umgehen. Für mich erfüllt der Sparschäler «Rex» jedoch alle Bedingungen, um als Kultobjekt wahrgenommen und bezeichnet zu werden. Ich meine, hey, wenn nicht er, wer oder was dann?! Auch wenn es mittlerweile Sparschäler geben soll, die ihren Job noch besser erledigen als der «Rex» … Ist das eigentlich schon Majestätsbeleidigung?
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Ich bin Vollblut-Papi und -Ehemann, Teilzeit-Nerd und -Hühnerbauer, Katzenbändiger und Tierliebhaber. Ich wüsste gerne alles und weiss doch nichts. Können tue ich noch viel weniger, dafür lerne ich täglich etwas Neues dazu. Was mir liegt, ist der Umgang mit Worten, gesprochen und geschrieben. Und das darf ich hier unter Beweis stellen.