Drei Liter täglich trinken? 5 Fakten zum Wasserumsatz

Es wird Zeit für ein Glas Wasser. Denn trotz guter Vorsätze habe ich mir den Vormittag über nur einen Espresso in die Kehle gekippt. Speziell im Winter trinke ich oft zu wenig. Glaube ich zumindest. Wenn ich dich fragen würde, wie viel Wasser du täglich zu dir nehmen solltest, lautete deine Antwort vermutlich: drei Liter. Oder vielleicht acht kleine Gläser pro Tag, falls du amerikanisch sozialisiert bist. Das wären etwa zwei Liter.

Ganz einfach. Oder? Wenn die Antworten nicht mehr unterkomplex sondern erklärungsbedürftig sind, kommt meist die Wissenschaft ins Spiel. Science. Im gleichnamigen Magazin wurden kürzlich Ergebnisse veröffentlicht, die sich der Frage nach dem Wasserbedarf genauer und globaler annähern. Wer braucht wie viel? Forschende haben den Wasserumsatz von 5604 Menschen im Alter zwischen acht Tagen und 96 Jahren aus 26 Ländern untersucht. Nicht abgefragt, sondern gemessen. Es wurden Wasserstoff-Isotope getrackt und dadurch der Gesamtumsatz im jeweiligen Körper erfasst. Also die Menge in Litern, die im Laufe des Tages rausgeht und deshalb auch wieder reinkommen sollte.

#1 Trinken ist nur ein Teil der Lösung

• Nahrung und Getränke machen etwa 85 Prozent des Wasserumsatzes aus. Die übrigen 15 Prozent sind auf Stoffwechselprozesse im Körper, die Atmung und die Haut zurückzuführen. Darüber nehmen wir Feuchtigkeit auf und geben auch welche ab.

• Geschätzte 20 bis 50 Prozent der täglichen Wasseraufnahme stammen aus der Nahrung. Der Anteil variiert und ist schwer zu erfassen. Bislang gibt es dazu keine stichhaltigen Daten. Sicher ist: Die Ernährungsgewohnheiten beeinflussen stark, wie viel du effektiv trinken musst. Während ein Apfel etwa 85 Prozent Wassergehalt hat, liegen zum Beispiel Nüsse oder Cracker im einstelligen Bereich.

#2 Grosse Unterschiede im Wasserumsatz

Egal, ob es um die Trinkmenge oder den gesamten Wasserumsatz geht: Die Antwort lautet natürlich nicht pauschal drei Liter, sondern ist sehr individuell. Selbst dann, wenn Kinder und Senioren ausgeklammert werden, sind die Unterschiede riesig.

• Der gemessene Wasserumsatz bewegt sich zwischen einem und sechs Litern, wobei Männer im Alter von 20 bis 30 Jahren und Frauen zwischen 20 und 55 Jahren den grössten Wasserumsatz haben.

• Es gibt auch Ausreisser: Neun Männer kamen auf einen Wasserumsatz von mehr als zehn Litern pro Tag, 13 Frauen auf über sieben Liter. Einige von ihnen sind Athletinnen und Athleten. Andere leben unter extremen klimatischen Bedingungen, waren stark übergewichtig oder schwanger.

#3 Einfluss der Lebensbedingungen

• Bei Menschen aus Entwicklungsländern wurde ein höherer Umsatz als in Industrienationen festgestellt. Selbst dann, wenn die Daten statistisch bereinigt und damit trotz unterschiedlicher Lebensumstände und Geschlechtsverteilung vergleichbar gemacht worden sind. Ein möglicher Grund dafür: Wo Wohlstand herrscht, finden sich viele klimatisierte Räume und Fahrzeuge. Die Menschen können sich unangenehmen Bedingungen mit technischer Hilfe besser entziehen.

• Menschen, die nahe am Äquator leben, haben erwartungsgemäss im Durchschnitt den höchsten Wasserumsatz. Am niedrigsten ist er rund um den 50. nördlichen und südlichen Breitengrad. Also auch bei uns in Mitteleuropa. Jenseits der Polarkreise steigt er wieder an.

• Bei wiederholten Messungen stieg der Wasserumsatz im Sommer im Vergleich zum Frühling (29 vs. 18 Grad Durchschnittstemperatur) um etwa 0,7 Liter täglich an.

#4 Der Einfluss des Körperbaus

• Sportlerinnen und Sportler haben nicht nur einen höheren Wasserumsatz, weil sie körperlich aktiv sind, sondern weil Muskelgewebe deutlich mehr Wasser beinhaltet als Körperfett.

• Der höhere Körperfettanteil ist auch eine Erklärung dafür, dass Frauen einen geringeren Wasserumsatz haben.

Wer sich für die Zusammensetzung des eigenen Körpers interessiert, bekommt heute Daten zu Körperfett, Muskelmasse und Gesamtkörperwasser von jeder besseren Waage.

Personenwaage

Withings Body+

180 kg

1466

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#5 Der Einfluss des Alters

• Den höchsten Wasserumsatz erreichen wir ungefähr im Alter von 30 Jahren. Bei Männern liegt er zu diesem Lebenszeitpunkt bei durchschnittlich 4,3 Litern pro Tag. Bei Frauen sind es 3,4 Liter.

• Mit über 70 Jahren sind es im Durchschnitt nur noch 3,1 Liter bei Männern und 2,8 Liter bei Frauen.

Da die Trinkmenge nur einen Teil davon ausmacht, sind die empfohlenen zwei bis drei Liter täglich in vielen Fällen mehr als reichlich bemessen. Für uns bleibt die Trinkfrage ein Luxusproblem, das sich mit etwas mehr Achtsamkeit im Alltag lösen lässt. Schon absurd, dass sich viele aktiv an die Flüssigkeitszufuhr erinnern müssen – wobei auch das nur für ältere Menschen oder bei gewissen gesundheitlichen Problemen gilt, wenn es nach diesem TED-Beitrag von Dr. Jen Gunter geht.

Ich glaube, sie hat Recht. Für die meisten von uns ist das Durstgefühl ein zuverlässiger Hinweisgeber. Wir müssen nicht mit Apps oder Trinkflaschen hantieren, die ans Trinken erinnern. Mit den Temperaturen, der Luftfeuchtigkeit und körperlicher Aktivität kann sich der Wasserumsatz allerdings mehr als verdoppeln. Es gehört zu den globalen Ungerechtigkeiten, dass sauberes Trinkwasser oft dort knapp ist, wo der Bedarf pro Person besonders gross ist. Deshalb war es ein Ziel der Studie, mit neuen Formeln dazu beizutragen, den Bedarf je nach Umweltbedingungen realistischer abschätzen zu können.