

Dyson 360 Vis Nav im Test: supersauber, aber mit Anlaufschwierigkeiten
Der Dyson 360 Vis Nav gehört zu den teuersten Staubsaugerrobotern auf dem Markt. Reichen hohe Saugkraft und eine spezielle Kantenreinigung aus, um im Test zu überzeugen?
Die Erwartungen sind hoch, wenn Dyson ein neues Produkt lanciert. Besonders dann, wenn es zu den teuersten Modellen auf dem Markt gehört. Über 1500 Franken oder Euro zahlst du für den neuen Saugroboter von Dyson, den 360 Vis Nav. Dyson verspricht für den Preis einen Staubsauger auf einem Roboter und nicht einen Roboter, der staubsaugt.

Erster Frust bei der Kartenerstellung
Nach dem Auspacken bin ich begeistert. Was für ein schönes Gerät! Es ist nicht schwarz oder weiss wie alle anderen, sondern blau mit Akzenten in Grau und Rot. Auch die Verarbeitung ist hochwertig. Dieser Roboter will gesehen werden – und er ist mit den runden Düsen auch sofort als Dyson-Produkt erkennbar.
Ich stelle den Dyson 360 Vis Nav an die Ladestation und installiere die App. Sie führt mich Schritt für Schritt durch die Anleitung und verbindet den Sauger mit dem WLAN. Soweit läuft alles problemlos und vorbildlich einfach.

Quelle: Lorenz Keller
Als Nächstes folgt ein wichtiger Teil: Der Dyson fährt einmal die ganze Wohnung ab und erstellt dabei eine Karte. Diese bildet dann die Grundlage für alle Reinigungen der nächsten Wochen, Monate und vielleicht sogar Jahre.
Doch, oh Schreck: Im ersten Versuch macht der 360 Vis Nav aus der 4,5-Zimmer-Wohnung eine 3,5-Zimmer-Wohnung. Und auch eines der zwei Bäder vergisst er beim Erstellen des Grundrisses. Kann passieren, ich starte einen zweiten Versuch. Aber es wird nicht besser, wieder ist der Plan nicht vollständig. Auch nach einer Neupositionierung der Basistation und Versuch Nummer drei bis fünf fehlt immer noch ein Badezimmer in der vom Roboter erstellten Übersicht. Einmal stürzt der Roboter ganz ab. Bereits bin ich genervt – und etwas ratlos.

Quelle: Lorenz Keller
Wichtige Tipps, die nicht in der Anleitung stehen
Ich rufe den Kundendienst an. Ein erster Lichtblick nach dem Frust: Der Hersteller bietet eine kostenlose Service-Nummer an, auf der auch wirklich geholfen wird. Allerdings: Die Tipps, die ich dort erhalte, hätte ich in einer guten Anleitung zum Produkt erwartet. Ich habe nämlich drei entscheidende «Fehler» gemacht, die dem 360 Vis Nav die Navigation erschwert haben.
1. Zuerst putzen, dann kartografieren: Idealerweise geht der Roboter in einer sauberen Wohnung auf Erkundungstour. Denn bei der Erstellung der Karte putzt er nicht, er fährt nur rum und scannt alles ab – dabei können die Sensoren vorne und an den Seiten sowie die Kamera auf dem Gehäuse verdrecken. Falls du nicht mit einem anderen Staubsauger die Wohnung putzen willst, kannst du den Dyson auch ohne App und Karte auf Knopfdruck zur Reinigung losschicken. Am besten gleich zwei oder drei Mal – und danach die Sensoren und die Kamera abwischen.
2. Licht an für die Kamera: Der Dyson nutzt eine 360-Grad-Kamera oben auf dem Gehäuse zur Orientierung im Raum. Je mehr Licht verfügbar ist, desto besser funktioniert das. Zwar hat der Roboter eine LED-Leuchte eingebaut, die er einschaltet, wenn es zu dunkel ist. Aber die ist für die Erstellung der Karte wohl zu wenig hell. Darum für die Erkundungsfahrt am besten überall in den Räumen das Licht brennen lassen.
3. Basisstation nicht ans Fenster: Ich habe die Basisstation zuerst an den Sockel eines raumhohen Fensters gestellt. Der ist zwar leicht höher als die Station, trotzdem können die Reflexionen im Fenster den Roboter bei der Suche nach der Basisstation stören.
Punkt zwei und drei sind darauf zurückzuführen, dass Dyson bei der Navigation primär auf einen Kamerasensor setzt und nicht etwa auf Laser wie einige der Konkurrenten. Warum das so ist – und wie intensiv der Hersteller an solchen Fragen forscht –, kannst du in der Reportage aus dem Dyson-Labor von Simon nachlesen.
Die grosse Stärke: punktgenaues Putzen
Mit sauberen Sensoren, Licht in jedem Zimmer und gut positionierter Basisstation klappt es nun endlich: Der 360 Vis Nav erstellt einen genauen Plan der Wohnung. Im nächsten Schritt definiere ich nun verschiedene Zonen, die ich benennen und mit Symbolen versehen kann. Bei mir sind es ganz einfach Zimmer, Bäder und der Gang. Den grossen Raum mit Küche, Essbereich und Wohnzimmer teile ich in zwei Zonen auf. Wer will, kann nun auch noch Bereiche festlegen, die der Roboter ganz meiden soll.

Quelle: Lorenz Keller
Wenn ich also zum Beispiel nur die zwei Schlafzimmer saugen will, weil ich zu Hause im Homeoffice sitze, dann wähle ich sie in der App aus und starte eine Reinigung nur für diese Bereiche. Du kannst auch einen genauen Plan programmieren, etwa an welchen Wochentagen der Roboter welche Zonen abfahren soll.
Das funktioniert perfekt: Der Sauger fährt los, putzt die zwei Schlafzimmer und kehrt dann zurück zur Ladestation. Positiv fällt die gute Saugstärke auf, der Boden ist wirklich immer schön sauber. Tatsächlich hat Dyson hier «Staubsauger first» gedacht. Gleichzeitig ist der 360 Vis Nav nicht besonders laut. Wir messen in 1,5 Meter Abstand rund 62 bis 63 Dezibel. Etwas lauter wird es, wenn der Roboter viel Staub entdeckt. Dann dreht er den Saugmotor automatisch für kurze Zeit hoch.
In der App siehst du jeweils, welche Bereiche der Roboter gereinigt hat. Die App zeigt zudem grafisch an, wie viel Staub der Dyson wo aufgenommen hat. Sprich: Wenn du das beobachtest, kannst du die Reinigungen so planen, dass stark verschmutzte Bereiche öfter sauber gemacht werden.

Quelle: Lorenz Keller
Schwächen bei der Navigation und beim Akku
Der Dyson überzeugt leider nicht immer, wenn er die gesamte Wohnung am Stück reinigen soll. Vor allem in den ersten Wochen des Testes scheitert der 360 Vis Nav fast jedes Mal dabei. Mal findet der Dyson die Basisstation nicht mehr, mal lässt er aus unerfindlichen Gründen einfach ein oder zwei Zimmer aus, mal gibt es eine Fehlermeldung und der Roboter bleibt einfach stehen.
Ende September kam dann ein Update, das die Situation verbesserte. Nun gelingen zwei von drei Gesamtreinigungen ohne Probleme. Das ist aber keine zufriedenstellende Quote. Zu oft muss ich den Roboter manuell auf die Basisstation stellen, weil etwas nicht geklappt hat. Oder ich sehe auf der App, dass ein Zimmer ausgelassen wurde.
Dazu kommt: Total muss der Dyson bei mir 78 Quadratmeter Nettofläche reinigen. Das dauert über fünf Stunden, weil der Roboter zweimal zurück zur Ladestation muss und dort viel Zeit verliert. Die Akkulaufzeit von rund 50 Minuten ist für grössere Wohnungen einfach zu wenig.
Ich finde es auch schade, ist Dyson bei der Software sehr konventionell unterwegs. So wären KI-Features im Alltag praktisch: Etwa wenn der Roboter nach dem dritten Mal Festfahren am selben Ort selber vorschlagen würde, dort eine Sperrzone zu errichten. Immerhin: Dyson verspricht regelmässige Updates, sodass zumindest die Hoffnung besteht, dass die Software noch besser wird und zusätzliche Funktionen erhält.

Quelle: Lorenz Keller
Wie gut putzt der Dyson die Ränder?
Speziellen Fokus legt Dyson auf die Reinigung von Rändern und Kanten. Das ist sonst ein Schwachpunkt vieler Saugroboter. Der 360 Vis Nav putzt jeweils zuerst die Flächen und nimmt sich die Randbereiche am Schluss gesondert vor. Dazu klappt er an der Seite eine kleine Düse aus, auf die ein Teil der Saugkraft umgeleitet wird. Diese Düse führt der Dyson dann am Rand entlang.
Und wie gut funktioniert das in der Praxis? Ich habe dazu einen Bereich in der Küche mit viel Staub präpariert und den Dyson gestartet. Im Video siehst du, wie der Roboter seine Arbeit erledigt.
Was du auch siehst: Der Rand ist wirklich schön sauber geputzt. Auch die feinen Partikel sind weg. Nur zwei grössere Staubmäuse liegen noch in der Küche. Das ist unschön. Sie wurden aber von der Abluft des Saugers ganz am Anfang schon in einen Bereich geblasen, den der Roboter schon geputzt hatte. Nach einem zweiten Durchgang sind sie dann auch weg.
Die Erfahrung im Testalltag zeigt: Die Kantenreinigung funktioniert beim Dyson sehr gut, dauert aber recht lange. Gut investierte Zeit, da sich an den Wänden und Möbeln am meisten Schmutz sammelt.
Fazit: guter Sauger, hoher Preis
Insgesamt ist die Saugleistung des Dyson 360 Vis Nav sehr gut. Wo er putzt, ist es sauber. Leider schafft er bislang nicht alle Aufträge fehlerfrei, die ich ihm gebe. Gerade wenn ich nicht zu Hause bin und nicht schnell eingreifen kann, ist das mühsam. Bei der Zuverlässigkeit muss Dyson auf jeden Fall noch nachbessern, das erwarte ich bei einem Gerät für über 1500 Franken.
Ein weiteres Manko: Dyson hat auf Zusatzfunktionen verzichtet, die fast alle Konkurrenten bei ihren Topmodellen inklusive haben. Es gibt keine Basisstation mit automatischer Staubentleerung. Und der Roboter kann nicht feucht aufnehmen.
Die Hardware ist – wie bei Dyson oft der Fall – bis in die Details durchdacht. Der Staubbehälter lässt sich beispielsweise mit einem Knopfdruck am Griff schnell und einfach in den Abfall entleeren. Daher vermisse ich die Staubentleerung an der Basisstation auch nicht. Die Bürstenwalze ist besonders dick und wickelt deutlich weniger lange Haare auf als bei den meisten anderen Modellen.
Der englische Hersteller hat auch ein vollständiges HEPA-Filtersystem eingebaut, das ich ganz einfach reinige. Schade, fehlt diese Detailarbeit bei der Software noch. Insgesamt ist der 360 Vis Nav in erster Linie Staubsauger und erst in zweiter Linie Roboter – insofern hat Dyson nicht zu viel versprochen.
Falls du übrigens doch etwas feucht aufnehmen musst, dann gibt’s seit Kurzem dafür auch eine Lösung von Dyson. Wie gut der V15s Detect Submarine funktioniert, kannst du in meinem Review nachlesen.
56 Personen gefällt dieser Artikel


Gadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.