Eigenbau-NAS – Teil 3: Welches Betriebssystem will ich?
Ich schaffe mir eine neue Synology an und baue parallel dazu ein eigenes NAS als Spielwiese. In Teil 3 meiner Serie mache ich mich auf die Suche nach dem richtigen Betriebssystem.
Der Entscheid ist gefallen: Ich schaffe mir eine neue Synology an. Gleichzeitig gebe ich meinem Drang zum Tüfteln nach und baue mir ein eigenes NAS-System, weil ich Lust dazu habe. Ich freue mich auf die Auswahl der Hardware, die Installation und die Konfiguration. Meine Anforderungen an das NAS-Betriebssystem habe ich im ersten Artikel dieser Serie detailliert beschrieben:
Zusammengefasst soll mein Eigenbau-NAS folgende Eigenschaften aufweisen:
- Leistungsfähigkeit
- Skalierbarkeit
- Kein geschlossenes Ökosystem vom Hersteller
- Mit geringen Programmierkenntnissen konfigurierbar
- Gute Dokumentation
- Nutzung von virtuellen Maschinen und Docker-Containern
Unter diesen Voraussetzungen starte ich meine Recherche. Schon rasch zeigt sich, dass für mich eine Reihe von NAS-Betriebssystemen infrage kommen.
Das beste Betriebssystem? Das gibt es nicht
Alle NAS-Betriebssysteme, auf die ich stosse, bauen im Kern auf Linux oder FreeBSD auf. Was mir ebenfalls rasch klar wird: Das beste Betriebssystem gibt es nicht. Jedes hat seine Stärken und Schwächen.
Da ich «synology-verseucht» bin – im positiven Sinn – suche ich etwas, das dem Diskstation Manager ähnlich ist. Zumindest gefühlsmässig. Folgende Optionen ziehe ich in Betracht:
Alle Betriebssysteme haben zwei Dinge gemeinsam: Bei der Einrichtung des Servers habe ich aufgrund Open-Source-Software sehr viel Freiheit. Allerdings ist UnraidNAS ein Spezialfall: Es handelt sich um Open Source mit einer Closed-Source-Verwaltungsschnittstelle. Die Unraid-Software selbst ist kostenlos erhältlich und kann auf jedem Computer ausgeführt werden. Für die Nutzung dieser Verwaltungsschnittstelle muss ich hingegen bezahlen.
Alle aufgezählten Betriebssysteme sollten stabil und zuverlässig laufen und bieten aufgrund langjähriger Entwicklung auch entsprechende Sicherheit. Sollte ich mich zu einem späteren Zeitpunkt dazu entscheiden, vollends auf das Eigenbau-NAS umzusteigen, ist die Sicherheitsfrage definitiv von Relevanz. Im Folgenden gebe ich einen Überblick zu den oben genannten Systemen.
OpenMediaVault (OMV)
Dieses Betriebssystem ist seit 2009 als freie Software erhältlich. OMV basiert auf Debian Linux und ist wartungsarm. Einer der grossen Pluspunkte: Das System läuft auch auf schwächerer Hardware und beansprucht wenig Arbeitsspeicher. Das sind die Mindestanforderungen:
- CPU: x86-64- oder ARM-kompatibler Prozessor
- RAM: 1 GB
- Laufwerk fürs Betriebssystem: 4 GB Speicherkapazität
Mit OMV bekommst du ein vollwertiges NAS-System, das eigentlich keine Wünsche offen lässt. Es richtet sich sowohl an private Anwender als auch an Firmen. Ich kann damit mit virtuellen Maschinen und Docker-Containern arbeiten. OMV hat für meine Anwendungsfälle genügend Leistung. Das System ist in Bezug auf den Speicherplatz nach oben oder unten skalierbar.
Trotzdem kommt OpenMediaVault für mich nicht infrage. Mir ist die Menüanordnung zu unübersichtlich. Wenn ich etwas in den Systemeinstellungen ändere oder neu einrichte, muss ich jeweils zweimal bestätigen. Das nervt mich schon bei der Einrichtung. Weiter benötige ich teilweise SSH-Kenntnisse. Die Zahl der Plug-ins ist bescheiden, selbst wenn ich die Community-Plug-ins mitberücksichtige.
Willst du dich eingehender mit OMV beschäftigen, schau dir die Dokumentation an. Hier findest du zudem einen Testbericht des Techblogs elefacts.
TrueNAS Scale und TrueNAS Core
TrueNAS (ehemals FreeNAS) ist wie OpenMediaVault seit 2009 auf dem Markt. Es ist wahrscheinlich das am meisten verbreitete NAS-Betriebssystem. TrueNAS ist auf den Betrieb in Rechenzentren ausgelegt. Die Software gibt es in den drei Varianten: Scale, Core und Enterprise. TrueNAS Scale basiert auf Debian Linux, die anderen beiden Versionen auf FreeBSD.
Ich habe mir die Versionen Scale und Core angeschaut. Generell lässt sich sagen: TrueNAS läuft zuverlässig und äusserst stabil. Willst du ein leistungsfähiges Dateisystem auf deinem NAS nutzen, dann ist TrueNAS die richtige Wahl. Die Software gilt als eines der robustesten NAS-Betriebssysteme. Nicht zuletzt wegen des verwendeten Dateiformats ZFS. Dieses zeichnet sich unter anderem durch eine geringe Fehleranfälligkeit und eine Selbstheilungsfunktion aus. Willst du dich vertieft mit dem Dateisystem ZFS beschäftigen, empfehle ich dir diesen Text. Das sind die Mindestanforderungen:
- CPU: 64-Bit
- RAM: 8 GB
- Laufwerk fürs Betriebssystem: 16 GB Speicherkapazität
TrueNAS kann via Webinterface verwaltet werden. Es sei benutzerfreundlich und gut strukturiert – habe ich gelesen. Doch diesen Eindruck kann ich nicht bestätigen. In den zahlreichen Untermenüs fühlte ich mich verloren. Ein vertiefter Blick in die Dokumentationen scheint mir der einzige Weg, hier weiterzukommen. Darauf habe ich aber keine Lust.
Schade, denn mit virtuellen Maschinen und Containern arbeiten ist möglich. Die Zahl der vorhandenen Plug-ins ist zudem eindrücklich.
Selbst wenn es viele positive Aspekte gibt: Dieses NAS-Betriebssystem ist mir eine Nummer zu gross. Hier findest du mehr Informationen zu TrueNAS Scale und TrueNAS Core.
Rockstor
Auch Rockstor ist ein kostenloses und quelloffenes NAS-Betriebssystem. Es basiert auf der Linux-Distribution CentOS. Die Verwaltungssoftware unterstützt das Dateisystem BTRFS. Das sind die Mindestanforderungen:
- CPU: 64-Bit Intel oder AMD Prozessor
- RAM: 2 GB
- Laufwerk fürs Betriebssystem: 8 GB Speicherkapazität
Rockstor hat einen grossen Vorteil: Die Software läuft auch auf älterer Hardware problemlos.
Visuell hat mich die browser-basierte Web-Oberfläche sofort angesprochen. Dort lassen sich alle Dienste, wie etwa Samba oder NFS, mit simplen Buttons aktivieren oder deaktivieren. Das gilt auch für Plug-ins.
Die Erweiterungen sind zwar Docker-basiert, sind aber dennoch auf Knopfdruck installierbar. So können auch Personen, die sich mit Docker-Containern nicht auskennen, das System erweitern.
Im Vergleich zu meiner Synology DS916+, ist das ein klarer Vorteil. Denn eine unkomplizierte Ein-Klick-Installation hat Synology noch nicht fertiggebracht. In den meisten Fällen musst du danach die Docker-Anwendung noch konfigurieren. Ein kleiner Wermutstropfen: Die Plug-ins kommen als simple Auflistung in der Programmübersicht mit einer kurzen Beschreibung daher. Logos, respektive Icons für die einzelnen Anwendungen wie Plex, Emby, etc. siehst du deshalb nirgends.
Ich kann bei diesem Betriebssystem mit virtuellen Maschinen und Containern arbeiten. Zudem ist der Netzwerkspeicher skalierbar. Damit sind auch diese Anforderungen, die ich an mein Zweitsystem habe, erfüllt.
Die Menüs und Untermenüs sind übersichtlich gestaltet. Hinzu kommt, dass bei den Eingabe-Feldern jeweils eine kurze Mouseover-Erklärung hinterlegt ist. Das hat den Vorteil, dass ich nicht jedes Mal in die Dokumentation wechseln muss. So erhalte ich die wichtigsten Informationen direkt in der Weboberfläche.
Wenn du bei der Einrichtung nicht weiterkommst, kannst du auf eine reaktionsfreudige Community zählen oder auf die ausführliche Dokumentation zurückgreifen. Willst du dir dies genauer anschauen, geht’s hier zu Deep Dive eins und Deep Dive zwei. Für mich ist Rockstor ein Betriebssystem, das ich für mein selbstgebautes NAS ernsthaft in Betracht ziehe.
Unraid
Ist Rockstor Unraid oder umgekehrt? Dies geht mir durch den Kopf, als ich mich nach Rockstor dem Betriebssystem Unraid widme. Die beiden fühlen sich sehr ähnlich an. Unraid setzt stärker auf visuelle Elemente und macht insgesamt einen moderneren Eindruck. So sind hier beispielsweise die zahlreichen Erweiterungen, die bei Unraid Apps heissen, mit einem kleinen Icon versehen.
Auch bei dieser NAS-Verwaltungssoftware sind die Plug-ins Docker-basiert. Somit lassen sich Apps direkt und unkompliziert installieren. Ich fühle mich auf Anhieb vertraut mit Unraid. Woran das liegt? Ich kann es nicht sagen. Vollends überzeugt mich am Ende der Vergleich von Digital Spaceport:
Das sind die Mindestanforderungen:
- CPU: 64-Bit-fähiger Prozessor mit 1GHz
- RAM: 4 GB
- Laufwerk fürs Betriebssystem: USB-Stick mit 2 GB Speicherkapazität
Das System ist flexibel und skalierbar, bootet allerdings nur ab einem USB-Stick. Das ist nicht zwingend ein Nachteil, da das System beim Start in den Arbeitsspeicher geladen wird und somit schnell läuft. Nur Änderungen der Konfiguration werden auf den USB-Stick geschrieben. So lassen sich Arrays (Speicherpools) mit Festplatten unterschiedlicher Grösse und Art simpel erstellen oder erweitern. Komme ich einmal nicht weiter, sind bei den Eingabefeldern kurze Mouseover-Informationen hinterlegt. Hilft dies nicht, gibt es eine gut gepflegte Dokumentation, die gerade überarbeitet wird.
Und last but not least: Die Unraid-Community ist hilfsbereit. Sie beantwortet meine Fragen rasch und kompetent. Die Software ist nicht kostenlos. Das Preismodell beruht auf der Anzahl der verbauten Festplatten. Meiner Meinung nach sind die Preise aber fair, zumal es sich um eine Einmalzahlung handelt:
- Basic für 59.- Dollar: Bis zu sechs Festplatten
- Plus für 89.- Dollar: Bis zu zwölf Festplatten
- Pro für 129.- Dollar: Unlimitierte Anzahl Festplatten
Für diese Benutzerfreundlichkeit und die Erweiterungsmöglichkeiten greife ich gerne in die Tasche. Letztlich kommt mein Geld der Weiterentwicklung von Unraid zugute.
Weiterer Pluspunkt: Du kannst alles in Ruhe testen und anschauen. Dafür hast du 30 Tage Zeit. Wenn du mehr über Unraid erfahren möchtest, empfehle ich dir den Artikel von elefacts.
Nach all meiner Recherche weiss ich: Unraid wird das Betriebssystem für mein Spielwiesen-NAS. Ich werde das teuerste Preismodell wählen. Dann muss ich mir nie Sorgen über die Anzahl der verbauten Festplatten machen. Nachdem ich mich für das Betriebssystem entschieden habe, werde ich mich im nächsten Beitrag mit der Wahl der Hardware auseinandersetzen.
Da draussen gibt es viele, die sich ähnliche Gedanken machen wie ich. Welche Deep Dives kannst du empfehlen? Welches NAS-Betriebssystem überzeugt dich am meisten und weshalb? Schreib es in die Kommentare.
Titelbild: Richie MüllerJournalist mit mehr als 20 Jahren Erfahrung – mehrheitlich im Online-Journalismus in verschiedenen Positionen. Mein Hauptarbeitsinstrument? Ein Notebook – am besten mit Internetverbindung. Diese Geräte haben es mir so sehr angetan, dass ich Notebooks und Computer immer wieder auch gerne auseinanderschraube, repariere und neu aufsetze. Warum? Weil es Spass macht!