Produkttest

Hifi-Kopfhörer-Vergleich: Mit welchem zockt es sich am besten?

Dass Hifi-Kopfhörer besser sind als Gaming-Headsets, habe ich bereits etabliert. Aber welcher ist der allerbeste? Audio Technica, Beyerdynamics, Sennheiser und AKG treten gegeneinander an.

Das Thema Gaming-Kopfhörer wird heiss diskutiert. Auch in meinem Vergleichsartikel zwischen Gaming-Headsets und Hifi-Kopfhörern häuften sich die Kommentare. Aus diesen Inputs sowie Empfehlungen aus dem Internet habe ich mir vier Modelle für den Vergleich rausgesucht. Das Ziel: Den besten Kopfhörer zum Zocken zu finden.

Die Testkandidaten

Beyerdynamic DT 770 Pro (keine Geräuschunterdrückung, Kabelgebunden)
Kopfhörer
EUR149,–

Beyerdynamic DT 770 Pro

keine Geräuschunterdrückung, Kabelgebunden

Sennheiser HD 599 (Kabelgebunden)
Kopfhörer
EUR149,–

Sennheiser HD 599

Kabelgebunden

AKG Pro K712 Pro (keine Geräuschunterdrückung, Kabelgebunden)
Kopfhörer

AKG Pro K712 Pro

keine Geräuschunterdrückung, Kabelgebunden

Audio Technica ATH-ADG1XBeyerdynamics DT 770 ProSennheiser HD 599AKG 712 Pro
BauweiseOffenGeschlossenOffenOffen
Anschluss3.5 mm3.5 mm6.3 mm mit Adapter3.5 mm/mini XLR, abnehmbar
Treibergrösse53 mm45 mm38 mm40 mm
Frequenzbereich5 – 35,000 Hz5 – 35,000 Hz12- 38,500 Hz10 - 39800 Hz
Max. Inputleistung1000 mW100 mW500 mW200 mW
Impedanz48 Ohm80 Ohm50 Ohm62 Ohm
Gewicht285 g270 g250 g235 g
MikrofonKondensatorOhneOhneOhne

Testmethode

Für den Test benutze ich jeden Kopfhörer ausgiebig in verschiedenen Games, für Filme und höre damit Musik. Für den Direktvergleich wechsle ich während der Benutzung zwischen den Kopfhörern hin und her. Ich benutze den Fiio E10k als Kopfhörerverstärker respektive DAC, weil er ohne Treiber funktioniert und so ein unverfälschtes Ergebnis liefert.

Der Fiio E10k ist ein günstiger und zuverlässiger DAC-Amp.
Der Fiio E10k ist ein günstiger und zuverlässiger DAC-Amp.
  • DAC-Amp: Fiio E10k
  • Alle Soundeffekte deaktiviert
  • Game-Einstellung: Stereo-Kopfhörer (falls vorhanden)
  • Abtastrate und Bittiefe: 24 bit, 48 000 Hz
  • Musik: Youtube Music, 256 kbps, AAC
  • Spiele: «Overwatch», «Valorant», «Call of Duty: Modern Warfare», «Doom Infernal» und «Soma»

Tragekomfort

Audio Technica ATH-ADG1X

Der Audio Technica ATH-ADG1X ist wunderbar leicht und auf dem Kopf kaum zu spüren. Dank des sogenannten 3D-Wing-Designs ist der Kopfhörer besonders gut mit VR-Headsets zu benutzen, weil in der Mitte des Kopfes ein Spalt frei bleibt. Leider spüre ich schon nach wenigen Minuten ein leichtes Drücken auf den Ohren. Für mich müssten die Ohrpolster fester oder dicker sein. Ausserdem ist der Sitz zu locker. Mit der Zeit rutschen sie nach unten und da die Grösse fix ist, kann ich nichts dagegen tun. Ich habe einen relativ grossen Kopf und trotzdem immer den Drang, sie weiter nach oben zu setzen. Die ADG1X besitzen eine offenes Bauweise. Damit höre ich alles um mich herum und umgekehrt hören Bürokollegen auch alles, was ich höre.

Sennheiser HD 599

Das komplette Gegenteil von Audio Technica ist der Sennheiser HD 599. Er drückt bereits beim Aufsetzen unangenehm auf den Kopf und wirkt auch sonst eher hart gepolstert. Erstaunlich ist, dass sich die spartanische Trageart nach längeren Zockpartien gar nicht so unbequem anfühlt. Es erinnert mich etwas an Futonbetten: Auch nicht jedermanns Sache, aber diejenigen, denen es gefällt, die lieben es. Durch die offene Bauweise ist der Sound komplett durchlässig nach beiden Seiten.

Beyerdynamics DT 770 Pro

Der Beyerdynamics DT 770 Pro ist das einzige geschlossene Modell im Test. Dadurch isoliert er von allen vier Kopfhörern am besten. Das Velourspolster fühlt sich sehr angenehm an auf den Ohren und obwohl er von allen den stärksten Anpressdruck ausübt, bleibt er auch nach langem Tragen bequem. Der Druck auf den gesamten Kopf dürfte aber nicht allen gefallen. Setze ich ihn direkt nach dem ADG1X auf, ist er definitiv gewöhnungsbedürftig.

AKG 712 Pro

Der AKG 712 Pro setzt auf das gleiche Tragesystem wie Audio Technica. Allerdings rutscht er nicht ständig nach unten. Er ist der leichteste und fühlt sich neben dem DT 770 Pro am angenehmsten an. Auch der AKG ist offen gebaut und lässt Sound ungehindert durch.

Soundqualität

Bei Kopfhörern bevorzuge ich neutralen, klaren Sound mit kräftigem, aber nicht übermässigem Bass. Zuhause müssen sie nicht besonders isolieren, da ich gerne noch etwas von meinem Umfeld mitkriege. Mein Referenzmodell für Musik ist der Sennheiser Momentum Wireless 2 und bei Spielen habe ich lange ein Astro A50 benutzt.

Beyerdynamics DT 770 Pro

Der Beyerdynamics DT 770 Pro gehört zu den beliebtesten Kopfhörern unter anspruchsvollen Gamer-Ohren. Das ist auch kein Wunder. Der Klang ist sehr ausgeglichen und klar. Er ist etwas leiser als die anderen auf der gleichen Lautstärkeeinstellung. Mit 80 Ohm hat er den grössten Widerstand.

Ein typisches Merkmal von Beyerdynamics ist der hohe Treble. Auch beim DT 770 Pro ist das unüberhörbar. Das passt nicht jedem. In gewissen Szenen oder Spielen kann es im Hochfrequenzbereich fast ein bisschen wehtun. Der Treble sorgt aber auch für etwas Aggressives und Spritziges. In «Doom Eternal» darfst du das wörtlich nehmen. Wenn du deine Gegner zum Finisher zersägst und das Blut raussprudelt, wird dir das gurgelnde Geräusch auffallen wie nie zuvor. In «Call of Duty Modern Warfare» wiederum kriegst du einen klaren und wuchtig Waffensound und eine saubere Ortung. Die räumliche Wahrnehmung ist äusserst präzise.

«CS:GO», das mit HRTF 3D-Sound einen besonderen Fokus auf Surround legt, klingt ebenfalls beeindruckend. In «Valorant» sind die Übergänge bei Bildbewegungen von links nach rechts dafür etwas weniger elegant. Da zeigt sich, wie sehr es auf die Abmischung ankommt, wie gut ein Kopfhörer zu einem Spiel passt.

Weniger überraschend glänzt der Beyerdynamics DT 770 Pro auch bei Musik. Über verschiedene Genres hinweg klingt der Kopfhörer ausgewogen und klar. Die Bässe sind angenehm kräftig. Hier kann der geschlossene DT 770 Pro seine Stärken ausspielen. Teilweise klingt der hohe Treble etwas künstlich. Gerade bei Rap sind mir Zischlaute oder Scratch-Geräusche zu aggressiv. Selbiges gilt für Oldschool Hip-Hop. Hier musste ich mit dem Equalizer etwas Treble rausnehmen. Für Rage Against The Machine und auch einige Jazz-Tracks von Takuya Kuroda passt der klare Sound wiederum perfekt.

Audio Technica ATH-ADG1X

Der ADG1X ist laut und wuchtig, aber deutlich dumpfer als der 770 Pro. In Riots Multiplayer-Shooter «Valorant» wirkt der Sound warm, aber nicht so sauber wie bei der Konkurrenz aus dem Hause Beyerdynamics. Als ob der Klang nicht perfekt abgemischt wäre. Ähnlich verhält es sich mit «CS: GO». Dort überzeugt mich dafür der Waffensound, mit dem es richtig Laune macht, im Trainingslevel Bots mit der AK-47 niederzumähen. Die 53 Millimeter Treiber klingen aber insgesamt eindeutig am dumpfsten. Soundeffekte wirken damit weniger dynamisch. Es kommt aber wie immer auf die Quelle an. «Doom Eternal» beispielsweise klingt mit dem ADG1X sehr lebendig und Explosionen fühlen sich besonders kräftig an.

Die offene Bauweise spielt ihre Stärken besonders in der räumlichen Wahrnehmung aus. Das Unterwasser-Horror-Game «Soma», in dem ständig Wasser von rostigen Leitungen tropft und unheimliche Geräusche aus allen Richtungen auf mich eindringen, fühlt es sich angenehm bedrohlich an.

Bei Musik stört mich der dumpfe Sound am meisten. Egal ob Crossover wie Rage Against The Machine oder alte Hip-Hop-Tracks von Gang Starr. Es wirkt, als ob eine Decke über den Lautsprechern liegen würde. Für noch oldschooligere Sachen wie Eric B and Rakims «I know you got soul» mit dem typischen kratzigen Plattensound macht der ADG1X eine gute Falle. Aber selbst dort ziehe ich die Konkurrenz vor.

Sennheiser HD 599

Auch der Sennheiser bietet ein neutrales Klangbild. Er besitzt etwas mehr Treble als der Audio Technica ATH-ADG1X und hat mehr Wucht als der AKG 712 Pro. Von allen Kopfhörer ist er insgesamt der ausgeglichenste. Der Sennheiser HD 599 ergibt die perfekte Kombination mit «Doom Eternal», bei dem das Gewaltballet noch dynamischer und brachialer klingt. Auch in «CS:GO» gibt sich der HD 599 keine Blösse. Besonders bei der Distanzwahrnehmung überzeugt er. Selbiges in «Call of Duty Modern Warfare», in dem die unterschiedlichen Waffen laut und kräftig auf die Ohren hämmern, dass es so richtig Freude macht.

Bei der räumlichen Ortung gefällt mir die Konkurrenz besser. Ich vermisse etwas Volumen. Leicht störend fiel mir auch des Öfteren der Tonwechsel von einem Ohr zum anderen bei schnellen Drehbewegungen auf.

Bei der Musik habe ich einen noch klareren Sound erwartet, wie ich ihn an meinem Sennheiser Momentum schätze. Insgesamt liefert der HD 599 kräftige Bässe und ein akzentuiertes Gesangsbild. Eric B and Rakims «I know you got soul» ist einfach nur ein Genuss. Der Sennheiser versteht sich auch gut mit Jazz. Nur meine Lieblingsband Rage Against The Machine klingt nicht ganz so, wie ich sie kenne. Ich kann nicht genau sagen, was der Grund ist, aber mein Kopfnicken ist nicht so stark wie sonst bei «Bullet in the Head».

AKG 712 Pro

Ich beginne meinen Test mit «Valorant». Genau wie die anderen drei Modelle, liefert der AKG einen angenehm sauberen und gleichzeitig wuchtigen Sound. Beim Wechsel vom Beyerdynamics fällt mir besonders der voluminöse Klang auf – eine Stärke von offenen Kopfhörern. Dasselbe gilt für «Doom Eternal». Wenn das Feuerwerk auf dem Bildschirm losgeht, dann zündet der AKG auf allen Zylindern. Explosionen sind brutal und fetzig, ohne dass sich die einzelnen Geräusche überlagern.

Dafür ist mir auch beim 712 Pro bei schnellen Drehungen der Tonwechsel von einem Ohr zum anderen minimal aufgefallen. Meist überzeugt aber die räumliche Wahrnehmung. Ich konnte mich besonders in Spielen wie «Call of Duty Modern Warfare», bei dem das frühe Erkennen von Gegnern entscheidend ist, darauf verlassen, dass ich leise Fusstritte ziemlich genau orten konnte.

Keine Blösse gibt sich der Studiokopfhörer bei der Musik. Die Bässe sind betont und kräftig. Gang Starrs «Full Clip» ist ein Genuss. Rage Against The Machine klingt genau so fetzig wie es sein muss. Auch Takuya Kurodas Jazz Beats rieseln angenehm mild auf meine Ohren. Wenn ich etwas bemängeln müsste, dann dass der Sound eine Spur zu dumpf klingt. Etwas, das mit kurzem Equalizer-Justieren behoben werden kann.

Mikrofon

Von den vier Kopfhörern besitzt lediglich der Audio Technica ein Mikrofon. Das zeichnet zuverlässig auf und erzeugt eine warme und gut hörbare Stimme. Falls du eines der anderen Modelle als Headset nutzen möchtest, kannst du ein Mikrofon nachrüsten. Ich besitze das Modmic Uni. Meiner Meinung nach klingt es eine Spur klarer als das von Audio Technica. Da wir Modmics nicht mehr anbieten, kannst du aber auch zum ATGM2 von Audio Technica greifen. Für solche Nachrüst-Mics klebst du ganz einfach das magnetische Halterungsstück an die Seite deines Kopfhörers. Das Mikrofon lässt sich anschliessend daran befestigen. Das zusätzliche Kabel kannst du am Kopfhörerkabel entlangführen.

Fazit: Ein subjektiver Doppelsieg

Mein Ziel, den besten Gaming-Kopfhörer zu finden, habe ich verfehlt. Die Empfehlungen der digitec-Community und aus dem Internet haben sich zwar bewährt, für mich sind aber alle vier Kopfhörer Gewinner. Die Soundqualität überzeugt durchs Band. Games werden damit zu einem ganz neuen Erlebnis, falls du davor ein 0815-Gaming-Headset auf hattest. Die Unterschiede zwischen den Testkandidaten finden sich im Detail.

Der Beyerdynamics DT 770 Pro hat beim Bass leicht die Nase vorn, dafür wird der hohe Treble nicht jedem zusagen. Das gleiche gilt für den starken Anpressdruck auf den Kopf. Mir gefällt das. Dafür werde ich mit den harten Polstern des Sennheiser HD 599 nicht warm. Akustisch gibt er kaum Grund zu meckern. In diesem Bereich kritisiere ich eigentlich nur den ATH-ADG1X von Audio Technica. Der klingt mir insgesamt zu dumpf. Ausserdem ist der Sitz zu locker. Dieses Problem hat der AKG 712 Pro nicht, obwohl er auf das gleiche Trageprinzip setzt. Er hat von allen Kandidaten zwar das unauffälligste Soundprofil, aber genau das gefällt mir. Sound ist eben sehr subjektiv. Mit keinem der Probanden kannst du viel falsch machen. Meine persönlichen Favoriten aus Tragekomfort und Klang sind der Beyerdynamics DT 770 Pro und der AKG 712 Pro. Für alle Modelle empfehle ich dir einen anständigen Kopfhörerverstärker beziehungsweise DAC. Erst damit entfalten die Kopfhörer ihr wahres Potential.

Im Verlauf dieses Tests bin ich mehrfach über den Beyerdynamics DT 1990 Pro gestossen. Der spielt eine Preisklasse höher. Vielleicht fallen dir noch weitere Modelle ein, die sich für einen Folgetest anbieten? Dann schreib's in die Kommentare. Und wenn du weitere Ausflüge in die Game-Audiowelt nicht verpassen willst, kannst du auf «Autor folgen» klicken.

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 

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