Hover Air X1: fliegende Selfie-Kamera
Die Hover Air X1 kann vieles nicht, was normale Drohnen können. Dafür ist sie simpel zu bedienen, superleicht und kommt ohne Fernsteuerung aus. Sie eignet sich vor allem dafür, dich selbst zu filmen.
Abmessungen und Gewicht dieser Mini-Drohne erinnern an ein Spielzeug. Mit 125 Gramm ist sie leichter als ein Smartphone. Sie passt in eine Hosentasche und benötigt keine Fernbedienung.
Spielend leicht ist auch die Bedienung. Die Drohne ist in einer halben Sekunde auseinandergeklappt und betriebsbereit. Nach dem Einschalten ist sie sofort ready. Durch ein weiteres Drücken auf den Einschaltknopf hebt die Drohne aus der Hand ab. Streckst du vor ihr die Hand aus, landet die X1 wieder dort.
Im Vergleich zum üblichen Prozedere beim Starten einer Drohne ist das paradiesisch. Zahlreiche Schritte entfallen:
- Auseinanderklappen der Beine
- Entfernen des Gimbalschutzes
- Suchen eines Start- und Landeplatzes
- Anschrauben der Fernbedienungsgriffe
- Einsetzen des Smartphones in die Fernbedienung
- Verbinden der Fernbedienung mit der Drohne
- Warten auf die GPS-Verbindung
Doch die X1 ist kein Spielzeug. Das merkst du schon am Preis. Er liegt momentan über dem der günstigsten DJI-Drohne, der DJI Mini 2 SE. Glücklicherweise ist es nicht nur der Preis, den das Produkt von einem Spielzeug abhebt. Auch die Funktionen der Drohne haben es in sich.
Automatische Flugmodi
Die Drohne lässt sich mit dem Smartphone steuern. Meistens ist das aber gar nicht nötig. Sie fliegt selbstständig nach einem vorgegebenen Programm. Ein solches ist zum Beispiel der Flugmodus «Verfolgen»: Die Hover Air X1 fliegt dir in einem vorgegebenen Abstand und einer vorher definierten Höhe nach. Dabei nimmt sie automatisch ein Video auf.
Das einfachste Programm ist Schweben. Die Drohne hält sich dabei an Ort und Stelle in der Luft. Wenn du um sie herum gehst, dreht sie sich mit – sie filmt dich also immer. Das tut sie auch in den übrigen Modi. Beim Verfolgen fliegt sie dir nach, bei Dolly Track eilt sie dir voraus und fliegt dabei rückwärts, um dich zu filmen. Die Drohne kann dich auch umkreisen oder von dir weg und wieder zu dir hin fliegen. In jedem Fall erkennt sie dich beim Start als Motiv und richtet ihre Bewegungen danach aus. Es ist eine Selfie-Drohne.
Du kannst die Drohne zwischendurch auch ohne Smartphone benutzen. Der Flugmodus lässt sich an der Drohne selbst wählen. Dadurch geht alles noch etwas schneller und einfacher. Für vieles brauchst du aber die App, etwa um Einstellungen vorzunehmen, Firmware-Updates zu installieren oder für spezielle Flugmodi.
Smart Control und manueller Flugmodus
An der Drohne selbst kannst du zwischen sechs Modi wechseln. Über die App sind noch mehr möglich. Der sechste Modus an der Drohne ist variabel und nennt sich «custom mode». Was dieser tut, definierst du in der App. Das kann zum Beispiel eine Seitwärtsbegleitung sein oder auch «Smart Control»: Hier sagst du der Drohne mit einer Geste, was sie tun soll. Dadurch lassen sich auch mehrere Befehle in einem Flug ausführen.
Die manuelle Kontrolle kannst du nur über die App aktivieren. Das ergibt auch Sinn, da du ja etwas brauchst, womit du die Drohne steuerst. Die App bietet einen virtuellen Controller, mit dem du die Drohne steuern kannst wie jede andere Drohne: rauf, runter, vorwärts, rückwärts, drehen um die eigene Achse und Gimbal neigen. Der manuelle Modus ist der einzige, bei dem es nicht zwingend darum geht, dich selbst aufzunehmen.
Flugverhalten und Sicherheit
Der Akku reicht für etwa zehn Minuten Flugzeit. Bei anderen, selbst kleinen Drohnen sind 30 Minuten üblich. Zwar ist der Akku schnell wieder aufgeladen; trotzdem würde ich auf jeden Fall die Combo-Variante nehmen. Dort sind, im Gegensatz zur Standard-Variante, zwei Reserveakkus mitsamt Ladegerät inbegriffen, der Aufpreis ist relativ gering.
Die Drohne bewegt sich langsam und kann sich nicht allzu weit von dir entfernen. Bei der Vogelperspektive steigt sie auf höchstens 15 Meter. Auch mit der manuellen Steuerung liegt nicht mehr drin. Horizontal kannst du sie ebenfalls nicht viel weiter von dir weg bewegen – laut Spezifikationen sind es 30 Meter. Beim Umkreisen ist der grösste Radius 6 Meter, bei Zoom out liegt das Maximum bei 9 Metern.
Diese Einschränkungen verunmöglichen im manuellen Modus die klassischen Luftaufnahmen, die du von anderen Drohnen kennst. Dafür ist diese Drohne nicht die richtige. Vermutlich liegt dies daran, dass die Drohne nur mit dem Smartphone über Wifi kommuniziert und nicht mit einer richtigen Fernbedienung über ein spezielles Übertragungsprotokoll.
Bei den Flugmodi, in denen du dich selbst filmst, macht es durchaus Sinn, dass die Drohne in der Nähe bleibt. Zudem erhöht dies die Sicherheit. Beim Umkreisen mit einem grossen Radius zum Beispiel können unerfahrene User schon mal einen Crash verursachen, weil vom Boden aus nicht so leicht vorauszusehen ist, ob sich Hindernisse in der Flugbahn befinden.
Überhaupt scheint mir die Drohne sehr sicher. Ein Propellerschutz ist fix an der Drohne montiert. Zusammen mit der Langsamkeit und dem Fliegengewicht sind so kaum grössere Schäden möglich, weder an der Drohne selbst noch an irgendwelchen Gegenständen, die sie berührt.
Zudem weicht die Kamera im Verfolgen-Modus Hindernissen selbständig aus. Zumindest bei langsamem Tempo funktioniert das gut.
Spezielle Sensoren zur Hinderniserkennung hat die Hover Air X1 nicht. Beim Seitwärts- oder Rückwärtsflug funktioniert die Hinderniserkennung nicht, da musst du durch deine Bewegung dafür sorgen, dass es nicht zum Crash kommt. Bei der manuellen Steuerung tut die Drohne, was du ihr befiehlst, auch wenn du direkt in einen Baum fliegst. Allerdings tut sie auch das so langsam, dass keine Schäden entstehen.
Bei Wind wird der Vorteil des geringen Gewichts zum Nachteil. Die Drohne kann sich zwar schwebend in der Luft halten, doch schaukelt sie so stark, dass der Gimbal die Bewegungen nicht ausgleichen kann.
Foto- und Videoqualität
Die X1 nimmt Videos in 2,7K auf, das bedeutet 2704×1520 Pixel. Hierbei sind aber nur 30 Frames pro Sekunde möglich, was etwa bei Kameraschwenks zu Rucklern führen kann. Für 60 Frames pro Sekunde musst du die Auflösung auf Full HD (1920×1080 Pixel) reduzieren.
Schon in den Videos ist zu sehen, dass die Bildqualität nicht die beste ist. Am Rand ist das Bild deutlich weniger scharf als in der Mitte. Auf einem kleinen Bildschirm fällt es nicht auf, aber für grosse Bildschirme ist das nichts.
Bei Fotos werden die Schwächen dann sofort offensichtlich. Zusätzlich zur Randunschärfe fallen hier extrem starke chromatische Aberrationen auf. Das Objektiv passt nicht zum doch recht hohen Preis der Drohne.
Fotos sind immer in JPEG, du bekommst kein RAW-Format. Viele Flugmodi, etwa das Verfolgen, sind zudem «video only»: Es können keine Fotos gemacht werden. Da die Programme automatisch ablaufen, kannst du ohnehin keine Fotos selbst schiessen. In der Vogelperspektive fliegt die Drohne hinauf, schiesst ein Foto und fliegt hinunter. Manuelles Knipsen geht nur im manuellen Modus. Dort steht dann wiederum der HDR-Modus nicht zur Verfügung, den es etwa für die Vogelperspektive gibt. Dieser reduziert die Auflösung auf 2592 x 1940 Pixel, gleicht dafür Licht- und Schattenkontraste besser aus. Die Videos scheinen auch über diese HDR-Funktion zu verfügen – sie kommen relativ gut mit hartem Licht klar.
Einen Vorteil hat die bescheidene Foto- und Videoqualität: Es werden wenig Daten produziert. Die 25 GB interner Speicher halten lange, damit lassen sich schätzungsweise anderthalb bis zwei Stunden Video aufzeichnen. Bei den kurzen Flugzeiten ist der Speicher somit kein Thema, und es stört auch nicht, dass er sich nicht durch microSD erweitern lässt.
Tonaufnahmen
Die meisten Drohnen produzieren ausschliesslich Videos ohne Ton. Bei der Hover Air X1 kannst du mit der App auch den Ton aufzeichnen. Dabei wird das Motorgeräusch der Drohne vollständig herausgefiltert. Selbst, wenn du in einem kleinen geschlossenen Raum direkt daneben stehst und das Motorgeräusch wirklich laut ist.
Allerdings führt diese Filterung dazu, dass der gesamte Ton sehr unnatürlich und teilweise zerstückelt klingt. Leider lässt sich das Filtern nicht ausschalten oder vermindern.
Die Drohne speichert ihre Videos im internen Speicher. Diese sind immer ohne Ton. Um den Ton auf ein Video zu bringen, musst du dieses aufs Smartphone laden. Dort wird automatisch der Ton hinzugefügt. Die Übertragung hat immer zuverlässig und relativ schnell funktioniert.
Die Hover Air X1 kann auch in Innenräumen bedenkenlos eingesetzt werden. Allerdings stört dann das hohe Motorgeräusch sehr. Selbst wenn die Filterung perfekt funktionieren würde, hätte ich keine Lust, auf diese Weise ein Gespräch aufzuzeichnen.
Fazit
Genial einfach, aber eingeschränkt in den Möglichkeiten
Die Hover Air X1 unterscheidet sich von gewöhnlichen Drohnen stark. Sie eignet sich sehr gut für spontane, kurze Aufnahmen von dir selbst. In diesem Punkt ist sie unschlagbar. Extrem schnell in Betrieb genommen, extrem simpel zu bedienen, extrem portabel.
Eine Fernsteuerung braucht es nicht. Die Drohne fliegt selbstständig nach einem vorgegebenen Programm und nimmt auch selbst auf. Nicht mal um eine Speicherkarte musst du dich kümmern.
Allerdings muss die Drohne immer in deiner Nähe bleiben. Mit einer maximalen Flughöhe von 15 Metern und einer maximalen Distanz von 30 Metern ist sie für klassische Landschaftsaufnahmen ungeeignet. Wenig taugt sie auch zum Fotografieren. Es gibt kein RAW, keine ansprechende Bildqualität und in vielen Modi gar keine Möglichkeit für Fotos.
Durch ihr leichtes Gewicht hat die Drohne einen schwachen Akku, was die Flugzeit auf etwa 10 Minuten begrenzt. Bei der Art von Aufnahme, für die die Drohne konzipiert ist, reicht das aber oft aus. Trotzdem: Wenn du eine kaufst, dann solltest du unbedingt die Combo-Variante mit den Reserveakkus nehmen.
Pro
- leicht und kompakt
- kommt ohne Fernbedienung aus
- sehr einfache Bedienung
- eingebauter Speicher
- ungefährlich
Contra
- eingeschränkter Aktionsradius
- schwache Fotofunktion
- kurze Flugzeit
- instabil bei Wind
- teuer (Stand 8. August 2024)
Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.