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Huawei Matepad 11 im Test: Das erste Tablet mit HarmonyOS
Harmony statt Android: Das Huawei Matepad 11 hat das neue Betriebssystem an Bord. Die Eingewöhnung fällt mir leichter als erwartet, aber der komplette Verzicht auf die gewohnte Google-Welt gestaltet sich schwieriger.
Schickes Display, guter Sound, genug Leistung und passendes Zubehör zur Auswahl – das Huawei Matepad 11 könnte ein sehr gutes Tablet sein. Allerdings kann das von den Chinesen selbst entwickelte Betriebssystem eine Einschränkung sein – aber nur, wenn du auf bestimmte Apps nicht verzichten kannst.
Der unfreiwillige Systemwechsel
HarmonyOS heißt das neue Betriebssystem von Huawei. Das Matepad 11 ist neben dem Matepad Pro 12.6 das erste Gerät mit ihm. Geht es nach dem Hersteller, folgen weitere Smartphones, Fernseher, Smartwatches oder sogar Autos. Nötig wird der Wechsel, weil die USA die chinesische Firma als Gefahr für ihre nationale Sicherheit betrachten und auf eine Boykottliste gesetzt haben. In der Folge darf Huawei keine Google-Dienste mehr auf seinen Geräten benutzen: kein Play Store, keine App für Gmail oder Google Maps.
Bei den Smartphones setzt Huawei vorerst noch auf Android ohne Google-Dienste, treibt aber gleichzeitig die Entwicklung von HarmonyOS voran. Das Matepad 11 hat die Version 2.0 an Bord – und es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis erste Smartphones mit HarmonyOS erscheinen. Das Betriebssystem steht wie Android unter einer Open-Source-Lizenz und basiert ebenfalls auf Linux. Die Geekbench-App meint sogar, dass Android 10 auf dem Matepad installiert wäre. Die enge Verwandtschaft erweist sich für dich als vorteilhaft – zumindest wenn es um die zur Verfügung stehenden Apps geht.
Die große App-Auswahl: Android-Apps laufen auf HarmonyOS
Obwohl HarmonyOS ein neues Betriebssystem ist, vermittelt mir das Matepad 11 direkt nach dem Start ein vertrautes Gefühl. Das liegt daran, dass Huawei mit EMUI seit Jahren eine eigene Benutzeroberfläche für Android verwendet. Ihre Design-Richtlinien und optischen Elemente leben im neuen Betriebssystem fort. Die Apps, die Widgets und die Bediengesten: Das Matepad 11 könnte als Android-Tablet durchgehen. Würden nicht gewohnte Apps fehlen. Der Play Store und die Google-Dienste fehlen. Aber Huawei hat sich um Ersatz gekümmert.

Mit der «AppGallery» ist ein eigener App-Store vorhanden. Sollte sich eine Anwendung dort nicht finden lassen, hilft die «Petal Search» weiter. Sie durchsucht weitere Stores und Download-Portale nach passenden Android-Apps, die du auf dem Matepad 11 installieren kannst – inklusive Anwendungen von Google. Allerdings mit mehr Klicks als im Play Store.
So schafft es Huawei trotz eines neuen Betriebssystems eine große Auswahl an Apps anzubieten. Das Angebot deckt sich nicht komplett mit dem Play Store, ist aber vor allem bei weit verbreiteten Apps fast identisch. Eine Ausnahme ist z.B. Youtube. Petal Search findet keine App und verweist dich auf die Webseite. Youtube Music steht wiederum in der AppGallery zur Installation bereit.

Eine Eigenart von Huawei, die mich stört, bleibt mit HarmonyOS bestehen. Der Hersteller installiert mir zu viele Apps auf dem Tablet vor. Im Vergleich zu Tablets oder Smartphones manch anderer Hersteller bewegt sich die Menge im üblichen Rahmen. Aber bei Samsung und Co stören sie mich auch. Allerdings schießt Huawei den Vogel mit einer Unmenge an App-Vorschlägen ab. Da habe ich einmal bei der Einrichtung nicht aufgepasst und dem «AppAdvisor» zugestimmt. Die Folge: Fünf Ordner mit insgesamt 29 App-Symbolen erscheinen auf dem zweiten Homescreen. Klicke ich darauf, startet die Installation. Ich kann meinen Fehler aber rückgängig machen und jede vorgeschlagene App wieder entfernen. Einzeln.
HarmonyOS, bzw. die EMUI bietet aber auch Funktionen, die unter Android nicht Standard sind. Dazu gehört zum Beispiel «Multi-Window». Damit kannst du bis zu vier Apps nebeneinander im Kleinformat auf den Touchscreen holen und in ihnen arbeiten. Das funktioniert zwar nicht mit jeder App, kann aber sehr praktisch sein, wenn du in zwei Apps gleichzeitig arbeiten und nicht ständig zwischen ihnen im Vollbild hin und her wechseln willst.

Das schöne Bild und der gute Ton
Disney+ suche ich zwar vergeblich über Petal Search, aber dafür finden sich alle anderen wichtigen Streamingdienste als App für das Matepad 11. Als Notlösung gibt es für das Disney-Angebot den Browser. Mit 10,95 Zoll ist der Bildschirm des Tablets zwar nicht riesig, aber er eignet sich wunderbar, um Videos auf ihm zu schauen. Das IPS-Display hat mit 2560×1600 Pixel eine hohe Auflösung. Das gestochen scharfe Bild, mit kräftigen Farben, schaue ich gerne an. Die Bildwiederholrate von 120 Hertz macht sich vor allem bei Spielen oder der Bedienung bemerkbar. Nur die automatische Regelung der Helligkeit bereitet mir Kopfzerbrechen. Für meinen Geschmack entscheidet sie sich oft für ein zu dunkles Bild, oder sie erhöht die Helligkeit erst mit einiger Verzögerung auf ein angenehmes Niveau.

Pluspunkte beim Streaming sammelt das Matepad 11 mit seinen vier Lautsprechern. Jeweils zwei Stück befinden sich rechts und links vom Bildschirm und sorgen für einen guten Stereoklang. Bei der Soundqualität kann kaum ein Smartphone mithalten, und selbst Notebooks haben meistens das Nachsehen. Mit den Lautsprechern an zwei Seiten fällt es dem Tablet leicht, guten Stereosound zu erzeugen. Der Bass hat ordentlich Volumen, überdeckt aber die Höhen und Mitten nicht. Alle klanglichen Nuancen sind selbst bei hoher Lautstärke gut zu hören.
Die liebe Spielerei
Das Matepad 11 eignet sich mit seinem Display und den Lautsprechern wunderbar für Spiele. Der verbaute Snapdragon 865 und sechs Gigabyte Arbeitsspeicher sorgen dafür, dass alle in App-Form verfügbaren Spiele problemlos laufen. Geekbench 5 misst 915 und 3382 Punkte im Single- und Multi-Core-Benchmarktest. Zum Vergleich: Beim ähnlich teurenSurface Go 3 sind es 850 und 1608 Punkte, beim deutlich teurerem Surface Pro 8 1562 und 5920 Punkte.
Spannend bleibt die Frage, ob deine Spiele alle in der AppGallery oder über die Petal Search zu finden sind. Platz für Spiele ist je nach Modellvariante genug vorhanden. Den 64, 128 oder 256 Gigabyte großen internen Speicher kannst du mit einer microSD-Karte erweitern.

Der Akku des Matepad 11 verfügt über eine Kapazität von 7250 mAh und soll Huawei zufolge zwölf Stunden durchhalten. Bei aktiver Nutzung schaffe ich das nicht ganz, finde aber zehn bis elf Stunden ganz ordentlich. Geladen wird die Batterie über den USB-C-Anschluss mit dem mitgelieferten Netzteil mit bis zu 22,5 Watt. Das ist zügig, aber nicht superschnell. Angesichts der großen Kapazität des Akkus musst du – je nach Ladestand – mit bis zu drei Stunden Ladezeit rechnen.
Mit Tastatur wird das Tablet zum Arbeitsgerät
Huawei hat mir zusammen mit dem Matepad 11 noch eine Tastatur-Hülle und einen M-Pencil ausgeliehen. Beide machen aus einem Unterhaltungsgerät für die Freizeit ein Hilfsmittel zum produktiven Arbeiten. Mein Notebook würde ich zwar nicht komplett eintauschen – aber wenn ich wenig Gepäck dabeihaben will, ist das Tablet mit der Tastatur-Hülle eine gute Alternative.

Zusammen wiegen Tablet und Tastatur 812 Gramm, von denen das Matepad alleine 490 Gramm auf die Waage bringt. Das ist deutlich leichter als der durchschnittliche Laptop. Die Hülle hält magnetisch an der Rückseite des Tablets. Nach dem Aufklappen hast du zwei Neigungswinkel zum Aufstellen des Touchscreens zur Auswahl. Hier sorgen ebenfalls Magnete für einen festen Halt. Die Verbindung ist so stabil, dass ich mit der Kombi aus Tablet und Tastatur auf dem Schoß gut arbeiten kann.
Die Tasten fallen klein aus, der Tastenhub ist kurz und die Druckpunkte nicht besonders prägnant. Trotzdem lässt sich auf der Tastatur besser tippen als mit einer Touchscreen-Tastatur.

Falls du zeichnen oder handschriftliche Notizen verfassen willst, bietet sich der M-Pencil von Huawei als Eingabegerät an. Kommt er in die Nähe des Matepad, erkennt ihn das Tablet und fragt, ob es eine Verbindung zum Stift herstellen soll. Geladen wird der M-Pencil drahtlos über das Matepad, wenn er an dessen Rand magnetisch haftet. Dort hält er gut, solange du das Tablet in der Hand hältst. In der Tasche löst er sich dagegen leicht, sobald er mit anderen Sachen in Kontakt kommt.
In der Hand fühlt sich der M-Pencil sehr schön an. Ich könnte stundenlang mit ihm zwischen meinen Fingern spielen. Aber dafür ist er nicht gedacht. Meine Handschrift und Zeichenkünste sind beide verbesserungswürdig, aber das liegt nicht am M-Pencil. Er bringt ziemlich gut das aufs Display, was ich mit einem Stift auf Papier hinbekomme. Es mag bessere Stifte geben, aber in der Kombi sind Matepad und M-Pencil ein großartiges Team.

Willst du noch mehr Laptop-Feeling mit dem Tablet haben, kannst du per Bluetooth eine Maus koppeln. Im Zusammenspiel mit einigen Huawei-Laptops kannst du das Matepad außerdem als zweiten Bildschirm verwenden. Hilfreich, einfach einzurichten, aber leider auf wenige Notebooks begrenzt.
Die Frontkamera reicht mit ihrer Auflösung von acht Megapixeln bei Fotos und Full-HD bei Videos völlig für Videocalls aus. Du musst nur daran denken, das Tablet etwas erhöht hinzustellen. Die übliche Perspektive vom Tisch ist nicht die beste für dein Gesicht. Wissen nicht nur Influencer und Selfie Queens inzwischen.
Hast du keine Kopfhörer per Bluetooth verbunden – ein Klinkenanschluss ist nicht vorhanden –, sorgen insgesamt vier Mikrofone dafür, dass du für andere Teilnehmende im Call gut zu verstehen bist. Die Rückkamera verfügt über eine Auflösung von 13 Megapixel und ist damit gut zum Einscannen von Dokumenten geeignet. Videos sind bis zu einer 4K-Auflösung möglich.

Mit dem passenden Zubehör eignet sich das Matepad 11 also auch als Arbeitsgerät. Aber auch hier gilt die Einschränkung: Sind alle Apps verfügbar, die du benötigst?
Das Fazit
Das Huawei Matepad 11 überzeugt als Tablet, problematisch bleibt die Software. Das Display sieht schick aus, die Lautsprecher klingen schön und die Hardware kann locker mit teureren Tablets mithalten. Mit dem passenden Zubehör eignet es sich sogar zum Arbeiten. HarmonyOS als neues Betriebssystem ist allerdings eine Herausforderung. Nicht unbedingt wegen der Umstellung, sondern falls für dich wichtige Apps fehlen.
Der große Bruder
Falls dir das Matepad 11 zusagt, aber zu klein ist, bietet Huawei es auch eine Nummer größer an. Das Matepad Pro 12.6 verfügt über einen 12,6 Zoll großen Bildschirm. Das OLED-Display finde ich sogar noch etwas schöner als das IPS-Display des Matepad 11. Akustisch erwarten dich keine Nachteile und der verbaute Kirin 9000E steht dem Snapdragon 865 in keiner Weise nach, sondern schneidet bei Geekbench sogar etwas besser ab. Aber sonst dürfte das Tablet ja auch nicht den Namenszusatz «Pro» tragen.

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Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Galaxus.de.