Im Test: Der neue OLED-TV von LG strebt nach Perfektion
Der neue OLED von LG löst bei mir wahre Begeisterungsstürme aus. Nicht nur dann, wenn ich UHD-Inhalte auf die Glotze kriege. Dank neuem Prozessor sehen auch schwächere Inhalte überraschend gut aus. Und dann kommt da noch der gute Ton. Der 77-Zoll-C8 will Perfektion, und findet sie.
Vor kurzem habe ich mir das 2018er Line-Up der neuen OLEDs bei LG angeschaut. Auch darunter: Der 2018er OLED C8.
Dass ich das Ding testen würde, stand für mich sofort fest. Ohne Hoffnung auf Erfolg habe ich mich getraut und den Key Account Manager von LG ganz frech gefragt:
«Kann ich den mitnehmen?»
Seine Antwort:
«Nein. Das Risiko, dass er beim Transport kaputt geht, ist zu gross.»
Ein Ja hätte mich jetzt auch überrascht. Aber dann legt er nach:
«Wie wär's, wenn wir ihn dir nach Hause bringen?»
Jetzt habe ich den Salat: 77-Zoll = 195,58 Zentimeter
Nun sitze ich da, auf meinem Sofa, mit diesem Ungeheuer von einem Karton vor mir. Echt jetzt, der ist doch verdammt riesig. Was soll das?
Zum Glück bin ich nicht alleine. Zwei Techniker aus dem Hause LG sind so nett, mir die Kartonschachtel vor die Linse zu halten. Dann haben sie sich drangemacht, den Fernseher auf die Kommode zu stellen und in Betrieb zu nehmen. Die Kartonschachtel ist weg, und übrig bleibt eine Schönheit mit einer Bilddiagonalen von 77-Zoll und 195,58 Zentimetern.
Du fragst dich, warum ich bei mir zu Hause teste?
Viele Fernsehtests werden unter Laborbedingungen gemacht. Sprich: In perfekt abgedunkelten Räumen unter sich nie verändernden Bedingungen. Aber was nützt dir das? Die Glotze soll ja in deiner Bude gut aussehen, nicht im Labor. Ich möchte eigene Filme, Games und Sport-Events ausprobieren, und nicht bloss vorgegebene Inhalte, die exakt auf die Stärken des TVs abgestimmt sind. Manchmal scheint die Sonne voll rein, manchmal nicht. Abends mache ich Kino, aber wie sieht’s beim nachmittäglichen Fussball-Event am Wochenende aus?
Deshalb steht der neueste OLED-TV von LG in meinem Wohnzimmer. In all seiner riesengrossen Pracht.
Der Test beginnt.
Das Bild ist eine Wucht
Zuerst will ich das Ding einfach mal einschalten und laufen lassen. Wie die meisten Käufer eben, die sich nicht stundenweise mit Kontrast-, Schärfezeichner- und anderen Bildoptimierungsoptionen quälen. Obwohl, manche finden das insgeheim eben doch super. Ich teste den C8 aber so, als ob ich, und nicht die Techniker, ihn direkt aus der Verpackung genommen und gleich eingeschaltet hätte. In der Branche nennen wir das auch «out of the box».
Ich schalte Netflix ein und wähle die Serie «Lost in Space» aus. Wie die meisten Netflix-Originale liegt es in UHD-Auflösung vor und bietet Dolby Vision – die fortschrittlichere Version vom ansonsten üblichen HDR10.
Die Serie beginnt mit dem fulminanten Absturz des Raumschiffs der Robinson-Familie. Ich ergötze mich an den perfekten Schwarzwerten des Weltalls, wo ich dank gigantischem Kontrast selbst kleinste Details im Raumschiff-Rumpf erkennen kann. Feuerrote Flammen blitzen auf, als das Schiff unkontrolliert in die Atmosphäre des bläulich schimmernden Planeten eindringt. Mit einem grossen Knall stürzt die Familie auf den vermeintlichen Eisplaneten ab. Dort erkenne ich dank feinsten Weiss-Abstufungen jeden Hügel und jede Schneeflocke.
Will Robinson, der jüngste Spross der Familie, guckt genauso baff auf die sich ihm bietende Kulisse, wie ich auf den C8.
Später versuche ich mich an «The Grand Tour», weil ich sehen will, wie der Fernseher sich schlägt, wenn die allgemeine Farbtemperatur wärmer und freundlicher ist, als beim Sience-Fiction-Epos. Abgesehen davon gibt es viele Kameraschwenks bei rasant vorüberzischenden Autos.
Oh Mann. Was ich sehe, ist beinahe perfekt.
Die Farben der aufwendig gestalteten Auto-Geek-Serie sind einfach überragend, wirken jederzeit natürlich und nie künstlich. Auch bei vorbeizischenden Autos entstehen keine Schlieren oder Bewegungsunschärfen. Egal welche Inhalte ich mir anschaue – das Bild vermittelt mir stets den gewissen «Punch». Und obwohl ich relativ nahe am Bildschirm sitze – ungefähr 3,20 Meter – erkenne ich kein einziges Pixel. UHD-Auflösung, also 3840×2160 Pixel, at its finest.
Apropos: Wie verwende ich die Begriffe UHD und 4K? Der Begriff «4K» stammt aus der Kinobranche und wird, obwohl technisch nicht ganz korrekt, umgangssprachlich auch für Fernseher verwendet. Ist in der Branche von einem 4K-Fernseher die Rede, bekommst du eingetlich «nur» UHD-Auflösung. In diesem Artikel werde ich 4K nicht als Synonym verwenden. Ich bleibe konsequent beim technischen Begriff «UHD».
Wie du auf den Bildern sehen kannst, habe ich es dem Fernseher in Punkto Helligkeit nicht leicht gemacht. Die Rollladen beim Fenster hinter meinem Fernseher habe ich standardmässig unten. Muss ja nicht jeder das Füdli meines Schätzelis sehen. Aber von der linken Seite fällt viel Tageslicht ins Wohnzimmer, also nicht unbedingt Idealverhältnisse. Das Bild kommt damit sehr gut zurecht, Spiegelungen sind kaum zu sehen. Das spricht für gute Helligkeitswerte.
Der neue Prozessor macht das Bild auch jenseits von UHD hübsch
Dass UHD-Inhalte mit oder ohne HDR-Unterstützung auf den C8 toll aussehen würden, ist keine Überraschung. Wie sieht’s jenseits von ultra hochaufgelöstem Bildmaterial aus? Zum Glück auch sehr gut, dank dem neuen Alpha-9-Prozessor. Der Prozessor ist übrigens eines der wichtigsten Bestandteile eines Fernsehers – das Gehirn, sozusagen.
Aber der Reihe nach. Worin besteht die Primäraufgabe der Prozessoren?
Bild-Prozessoren sind in erster Linie dazu da, Videosignale vom Tuner oder von Video-Eingangskanälen, zum Beispiel HDMI-Ports, zu berechnen und zu verbessern. Schaust du im Live-TV einen Film, kommt das Signal meistens mit Full-HD-Auflösung. Du hast aber einen UHD-Fernseher. Der Fernseh-Prozessor skaliert nun die Inhalte auf UHD hoch, dann unterdrückt er unschönes Bildrauschen, glättet die Kanten und verstärkt die Farben. Das macht der Prozessor natürlich bei allen Quellen – auch bei UHD und HDR-Material – aber in unterschiedlichem Ausmass. Je leistungsfähiger der Prozessor, desto besser sieht das Endergebnis aus. Und ja, der Alpha-9-Prozessor ist leistungsfähig.
Besonders fällt mir das bei der Serie «the Walking Dead» auf, die Netflix nur in Full HD bereithält. Bei meinem früheren Fernseher ist das Bild aber dermassen voll von Bildrauschen, dass ich mich oft frage, ob Netflix als Quelle bloss SD-Qualität zur Verfügung gestanden hat (Standard Definition – also das, was es vor Full HD gab), und ob sie es dann einfach sehr plump hochskaliert haben. Eigentlich könnte ich genau so gut eine herkömmliche DVD gucken.
Beim C8 sieht’s schon deutlich besser aus. Hier waltet der Prozessor seines Amtes. Er unterdrückt das Bildrauschen effizient, übertreibt es dabei aber nicht. Sprich: Das Bild wirkt jederzeit natürlich und nicht nachbearbeitet. In schnellen Action-Szenen kommt es nicht mehr zu unschönen Bildartefakten. Dazu werden Konturen sauber nachgeglättet, damit das Bild schärfer wirkt.
Wenn ich wollte, könnte ich in den Bildeinstellungen gar den HDR-Modus aktivieren. Damit wirken die Grundfarben Rot, Grün und Blau etwas satter als gewohnt, zudem lässt der OLED helle Bildteile intensiver leuchten. Das kommt mir dann doch etwas unnatürlich rüber. Übrigens auch bei anderem Material, unabhängig von der Auflösung. Deshalb benutze ich den HDR-Modus eigentlich nie. Dennoch, dass sich so viel aus einer derart schwachen Quelle rausholen lässt, hätte ich nicht gedacht. Sony AF8, hier kommt ernstzunehmende Konkurrenz auf dich zu.
Auch abseits von Streaming-Portalen, also zum Beispiel dann, wenn ich mir YouTube-Inhalte auf den Fernseher streame (das solltest du wirklich versuchen, falls du es nicht eh schon tust) oder Live-TV schaue, finde ich nur lobende Worte: Die Farben sind ausgewogen und unschöne Schlieren bei schnellen Kameraschwenks bleiben aus.
Gerade beim Fussball-Gucken habe ich auf etwaige Ruckler und Streifen geachtet. Nix da. Das spricht für eine gute Reaktionszeit des Fernsehers. Fifa habe ich natürlich online gezockt: Auch im Game-Modus bleibt das Bild absolut konsistent. Beim UHD Zocken gibt's laut externen Berichten einen Input-Lag von gerade mal 21 Millisekunden. Das ist ein sehr guter Wert, und Sergio Ramos Blutgrätsche wird immer rechtzeitig sein Ziel finden.
Achso: Das Betriebssystem WebOS wird auf Versionsnummer 4.0 aktualisiert. Erwarte keinen Quantensprung im Vergleich zu WebOS 3.5, aber ein unkompliziert zu bedienendes und wie immer flüssig laufendes Smart-TV mit allen wichtigen Apps wie Netflix, YouTube oder Zattoo.
Der Ton macht die Musik
Ich mag meine Sonos Playbar sehr. Sie hat eine wahnsinnig ausgewogene Dynamik in grossen Action-Szenen. Noch selten habe ich erlebt, dass sich der Bass so angenehm bemerkbar macht, ohne den eigentlichen Ton zu dominieren.
Nun, LG's C8 bereitet mir gerade etwas Bauchschmerzen. Nicht, weil der Ton so schlecht wäre. Sondern, weil der Ton fast so gut ist wie bei meiner Playbar. «Unverschämt», höre ich mich selber murmeln, «kein TV-Lautsprecher dieser Welt hat es mit meiner 700 Franken teuren Soundbar aufzunehmen!»
Zugegeben, ganz so raumfüllend wie bei meiner Sonos Playbar ist der Sound dann doch wieder nicht. Auch das Klangbild hört sich etwas weniger differenziert an, besonders bei der Musikwiedergabe. Dennoch, was der C8 hier leistet, verdient grossen Respekt. Der Bass brummt wohlig, wenn auch nicht allzu dominant. Die Stimmen bleiben klar, und die Geräuschkulisse füllt den Raum ordentlich aus.
Der Grund für den tollen Klang ist Dolby Atmos. Das hochmoderne Audioformat unterstützen übrigens alle OLEDs von LG. Ich hab das im obigen Video einzufangen versucht. Natürlich kann das Video den Eindruck, den du kriegst, wenn du die Lautsprechers des OLED-Fernsehers live hörst, nicht eins-zu-eins nachahmen. Aber eine ungefähre Vorstellung bekommst du dennoch.
Bei den Lautsprechern handelt es sich um ein 2.2-Soundsystem mit 40 Watt Verstärkern. Dafür, dass der OLED so dünn ist, funktionieren sie überraschend gut. Um das für dich nachvollziehbar zu machen, hole ich ein wenig aus.
Ein Lautsprecher erzeugt Ton, in dem er Luft bewegt: Je grösser der Treiber, desto mehr Luft kann es bewegen und desto besser klingt der Ton. Nun, in der Regel ist das TV-Gehäuse eines OLED-TVs extrem dünn – es hat ja keine Hintergrund-LEDs, weil die Pixel der OLEDs organisch sind und von selbst leuchten. Das spart also Platz. Nur wird es dann wiederum schwierig, Lautsprecher ins Gehäuse zu verbauen, die gross genug sind, um einen anständigen Ton hinzukriegen.
Die Physik kann LG nicht ändern. Aber ihr etwas unter die Arme greifen. Dazu ist der Standfuss da, der vom Hersteller aus Seoul «streamlined Alpine stand» genannt wird. Er sieht nicht nur edel aus, sondern erfüllt einen ganz bestimmten Zweck: Die Lautsprecher des Fernsehers sind nach unten gerichtet, und der Standfuss leitet dank seiner Form den Ton direkt nach vorne zum Zuschauer. Es erzeugt eine ausgedehnte Soundkulisse, die jenen von herkömmlichen TV-Lautsprechern überlegen ist. Kein Wunder, klingt der C8 sehr raumfüllend.
Ich probiere nochmals «Lost in Space» aus, denn Netflix bietet die Serie mit einer Dolby-Atmos-Tonspur an. Ich schaue mir nochmals ein paar Action-Szenen an, dann ein paar ruhigere Szenen.
Ich bin immer noch beeindruckt, aber offengestanden fällt mir kein wirklicher Unterschied zu «the Grand Tour» auf, das bloss mit Dolby Surround läuft. Raumfüllend? Ja. Der Bass ist in Ordnung. Aber sowas wie Ton, der von der Decke kommt, wie das bei Atmos üblich ist? Davon merke ich nichts. Vielleicht ist die Weltraum-Adventure-Serie schlecht abgemischt, und allzuviel Dolby-Atmos-Material gibt's da nicht, um einen gross angelegten Test zu machen.
Vielleicht ist es einfach wieder die Physik, die den internen TV-Lautsprechern ihre Grenzen aufweist.
Fazit – hoher Preis, viel Qualität
Egal, welche Zoll-Grösse du dir ins Wohnzimmer stellen möchtest: Der C8 von LG kombiniert das beeindruckendste Bild, das ich je gesehen habe, mit dem attraktiven Standfuss-Design und einem Ton, der in der Branche seinesgleichen sucht. Ein vergleichbar gutes Klangerlebnis, nur auf interne Lautsprecher bezogen, kenne ich eigentlich nur von Sonys OLED A1 beziehungsweise dessen Nachfolgemodell AF8.
Die grösste Neuerung bringt LG aber mit dem Alpha-9-Prozessor: Mit ihm sehen nicht nur UHD-HDR-Bilder zum Dahinschmelzen aus, er rechnet auch herkömmliches Full-HD-Material äusserst effizient hoch, ohne das die Natürlichkeit des Bilds verloren geht.
Ein Wort zur Bildschirmgrösse. Anfangs ist's mir nicht ganz geheuer gewesen. Ich meine, die Bilddiagonale ist gross; etwas mehr als 195 Zentimeter, und damit ungefähr zehn Zentimeter grösser als ich. Die Vorstellung, dass ich einmal quer in meinem Fernseher Platz finden könnte, amüsiert und ängstigt mich zugleich.
Drei Wochen später. An die 77-Zoll habe ich mich längst gewohnt. Und meine Freundin auch. Der C8 gehört praktisch schon zur Familie. Immer mehr stelle ich mir die Frage: Kann ich überhaupt je wieder in eine normale Glotze schauen, ohne klaustrophobisch zu werden?
Ich werde es wohl oder übel herausfinden müssen. Der OLED wird zum Abtransport bereit gemacht, und der Kreis schliesst sich. Porgi geniesst ein letztes mal die frische Bergluft.
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»