Produkttest

Im Test: Die Polar «Grid X2 Pro» – zwischen Lifestyle- und Sportuhr

Mit ihrem robusten Aussehen sowie den Sport- und Lifestyle-Features will sich die Polar «Grid X2 Pro» eine Top-Platzierung bei den Smartwatches sichern. Warum das nicht ganz gelingt, erfährst du hier.

In der Vergangenheit gab es eine ziemlich klare Trennung zwischen Sport- und Lifestyle-Uhren. Sportuhren trumpften mit genauen physiologischen Daten wie Herzfrequenz, Trainingsintensität, Erholung und sportbezogenen Features wie Navigation, Geschwindigkeitsmessung und Sportprofilen auf. Durch lange Akkulaufzeiten, eine robuste Bauweise und ein helles, grosses Display waren sie auch für mehrtägige Outdoor-Abenteuer, Ultraläufe und Bergtouren geeignet.

Lifestyle-Uhren waren dagegen kleiner und unauffälliger, hatten Gesundheitsfunktionen wie Schrittzähler, Herzfrequenzmesser und Zyklustracker. Zudem punkteten sie mit einem internen Musikspeicher, Bezahlfunktionen und Bewegungserinnerungen.

Inzwischen sind die Grenzen zwischen den beiden Kategorien verwischt. Sportuhren integrieren immer mehr Lifestyle-Funktionen und Lifestyle-Uhren weisen typische Sportuhr-Features auf. An dieser Schnittstelle positioniert sich die Polar Grid X2 Pro.

Bauweise und Akkulaufzeit

Wer eine toughe Sportuhr sucht, wird sich zur Grid X2 Pro hingezogen fühlen. Die Uhr ist solide gebaut, das Amoled-Display hell und auch bei Sonnenlicht gut lesbar. Die Uhr ist bis 100 Meter wasserdicht und soll Temperaturen von -20 bis +50 Grad verkraften.

Die Tasten lassen sich gut bedienen und sind gross genug, dass ich sie auch mit Handschuhen drücken kann. Zusätzlich zu den Bedienungstasten verfügt die Uhr über einen Touchscreen, der alternativ zu den Tasten genutzt werden kann. Die Bedienung übers Display funktioniert unter Normalbedingungen einwandfrei. Wenn ich allerdings nasse Hände habe oder Handschuhe trage, greife ich gern auf die Tasten zurück.

Die Kombi aus Tasten und Touchscreen ermöglicht eine einfache Bedienung.
Die Kombi aus Tasten und Touchscreen ermöglicht eine einfache Bedienung.
Quelle: Davide Arizzoli

Mit einer Akkulaufzeit von rund 40 Stunden im GPS-Modus und etwa 140 Stunden im Eco-Modus ist die Polar Grid X2 Pro auch für längere Outdoor-Abenteuer geeignet. Im Vergleich zur Suunto Race, die ich zum Test parallel ebenfalls im GPS-Modus trug, war der Akku aber deutlich schneller leer.

Sport- und Outdoor-Features

Hier bietet die Polar Grid X2 Pro eine Menge Nützliches. Von 120 möglichen Sportprofilen kann ich 20 auf die Uhr laden. Darunter neben Laufen, Schwimmen, Biken, Krafttraining auch Randsportarten wie Skateboarden, Kajakfahren und Indoor-Klettern.

Polar bietet 120 Sportprofile für die Grid X2 Pro, 20 davon kann ich auf die Uhr laden.
Polar bietet 120 Sportprofile für die Grid X2 Pro, 20 davon kann ich auf die Uhr laden.
Quelle: Davide Arizzoli

Eine wichtige Neuerung gegenüber den Vorgängermodellen: die Offline-Karten zum Herunterladen. Allerdings geht das nicht über Wlan, wie bei anderen Uhren, sondern nur über die App am Computer. Die Karten haben keine Strassennamen oder Ortsbezeichnungen. Gerade bei längeren Touren in ländlichen Gebieten wäre das sinnvoll.

Navigation

Dank der GPS/GNSS-Antenne klappt die Navigation sehr gut und die Routen sind auf dem Display gut sichtbar. Nur den Kompass musste ich während meines mehrwöchigen Tests immer wieder kalibrieren, selbst während der Läufe. Das nervt und schränkt den Nutzen der ansonsten guten Funktion ein.

Die Offline-Karten erleichtern die Navigation, eine Rerouting-Funktion gibt es allerdings nicht.
Die Offline-Karten erleichtern die Navigation, eine Rerouting-Funktion gibt es allerdings nicht.
Quelle: Davide Arizzoli

Ein Plus ist, dass ich Routen von Komoot und Strava importieren kann. Negativ fällt dagegen auf, dass es kein aktives Rerouting gibt. Wähle ich einen anderen Weg, weil der angezeigte überschwemmt oder blockiert ist, schlägt mir die Navigation keine neue Route vor. Ich muss selbst schauen, wie ich wieder auf die ursprünglich geplante Strecke zurückkomme.

Herzfrequenzmessung und Fitnesstests

Die Herzfrequenzmessung funktioniert gut und zeigt im Vergleich mit der Handgelenkmessung anderer Uhren keine Abweichungen. Beim Training sagt mir die Uhr per Sprachfeedback, in welcher Herzfrequenz-Zone ich mich befinde. Das ist vor allem dann, wenn ich zwischen zwei Zonen laufe, zu viel des Guten, weil die Uhr dann ständig redet. Einen Podcast oder ein Hörbuch zu hören ist dabei unmöglich. Besser wäre es, maximal alle fünf Minuten eine Ansage zu machen, wenn sich etwas an der Zone geändert hat. So wie das Sprachfeedback jetzt ist, stört es mich und treibt mir deshalb den Puls in die Höhe.

Die Uhr bietet eine Reihe von Fitnesstests an – unter anderem einen Test der maximalen Sauerstoffaufnahme (Vo2 max.) im Liegen. Die Werte stimmen nicht mit denen, die im Labor gemessen wurden, überein. Das ist aber keine spezifische Schwäche der Polar Grid X2 Pro – auch andere Uhren sind hier ungenau.

Trainingspläne und -vorschläge

In der Polar «Flow App» (so heisst sie) kann ich einzelne Trainings planen und mir auch Trainingspläne über mehrere Wochen und Monate erstellen lassen. Für Sportlerinnen und Sportler, die sich auf ihren ersten Wettkampf vorbereiten oder keinen Coach haben, ist das super.

Viele erfahrenere Athletinnen und Athleten nutzen die App «Training Peaks», die mit einer ganzen Reihe von Sportuhren wie denen von Garmin, Suunto oder Apple funktioniert. Die Training-Peaks-Trainingspläne lassen sich aber nicht auf die Polar-Uhr laden. Das sehe ich als Nachteil an, weil auch bereits gekaufte Trainingspläne von Training Peaks nicht mehr nutzbar sind. Wer die App nur zur Leistungsüberwachung nutzt, kann sich dagegen freuen. Die Sessions lassen sich mit der App synchronisieren.

Ein Pluspunkt sind die Trainingsvorschläge, die mir die Grid X2 Pro zeigt. Hier bin ich wirklich begeistert. Denn statt nur anzuzeigen, dass ich beispielsweise 15 Minuten lang an meiner Mobilität arbeiten soll, macht sie mir konkrete Übungsvorschläge. Die digitale Person auf dem Display macht sogar vor, wie die Bewegung aussehen soll und leitet mich durch die Session. Das motiviert und hat mein Repertoire an Mobilitätsübungen erweitert.

Die Uhr macht Trainingsvorschläge und zeigt sogar Übungen vor.
Die Uhr macht Trainingsvorschläge und zeigt sogar Übungen vor.
Quelle: Davide Arizzoli

Gesundheits- und Erholungs-Features

Einige der Gesundheits-Features stiften Verwirrung. Zum Beispiel das EKG. Es kann zwar den Herzschlag aufzeichnen, aber keine Herzrhythmusstörungen (genauer gesagt arterielle Affibrillation, Afib) erkennen. Deshalb frage ich mich, wozu das EKG gut sein soll. Meinen Puls bekomme ich bereits über die Herzfrequenzmessung angezeigt. Ich habe den Verdacht, dass diese Funktion eingebaut wurde, weil sie die Konkurrenz ebenfalls bietet. Nur ist beispielsweise bei der Apple Watch die Erkennung der Herzrhythmusstörungen dabei.

Auch bei der nächtlichen Temperaturmessung bleibt die Polar Grid X2 Pro hinter dem, was andere Uhren bieten, zurück. Zwar kann die Uhr leichtes Fieber beispielsweise durch einen grippalen Infekt anzeigen, aber die alltagstauglichere Funktion, das Zyklustracking für Frauen, fehlt. Obwohl die automatische Temperaturmessung dabei sehr nützlich wäre.

Einige der Gesundheits-Funktionen bleiben hinter denen der Konkurrenz zurück.
Einige der Gesundheits-Funktionen bleiben hinter denen der Konkurrenz zurück.
Quelle: Davide Arizzoli

Nicht ideal gelöst ist die Erholungsfunktion. Hier wird allein die Trainingserholung angezeigt. Andere Faktoren wie Schlafqualität und Aktivität im Alltag werden zwar gemessen, aber scheinen sich nicht auf die Berechnung des Erholungszustandes auszuwirken. Das löst Garmin besser: Nach gutem Schlaf oder einem Tag ohne viel Bewegung verkürzt sich die verbleibende Erholungsdauer.

Gut funktioniert dagegen die Berechnung des Kalorienbedarfs bei der Uhr von Polar. Hier wird auch die Aktivität im Alltag mit einbezogen. Die Werte entsprechen etwa denen, die ein Ernährungsberater nach der Messung im Labor für mich erzielte.

Lifestyle-Features

Schrittzähler und Signale, sich regelmässig zu bewegen, sind inzwischen bei fast allen Uhren Standard und auch bei der Polar-Uhr vorhanden.

Allerdings hat der Schrittzähler seine Eigenheiten. Er wandelt jede Aktivität in ein Schritt-Äquivalent um. Einerseits ist das von Vorteil, weil der Schrittzähler dann zeigt, wie aktiv ich an einem bestimmten Tag war, auch wenn ich statt zu laufen Velo gefahren bin oder beim Schwimmen war. Andererseits zeigt die Uhr mir teilweise extrem hohe Werte an, so dass ich an der Genauigkeit zweifle.

Was bei den Lifestyle-Features fehlt, sind eine Bezahlfunktion und ein Musikspeicher. Wenn ich beim Sport das Smartphone dabei habe, kann ich das Abspielen von Musik und Podcasts zwar über die Uhr steuern, aber ohne Handy geht nichts.

Fazit

Der grosse Wurf ist die Polar Grid X2 Pro nicht

Gegenüber der Konkurrenz von Garmin, Suunto und Apple kann Polar mit der Grid X2 Pro nicht auftrumpfen. Sie bietet zwar viele Features – vielleicht sogar zu viele – aber bleibt mit ihnen oft hinter der Konkurrenz zurück. Es scheint, als wolle sie gleichzeitig Sport- und Lifestyle-Uhr sein. Und dieser Spagat gelingt Polar mit der Grid X2 Pro nicht.

Pro

  • robuste Bauweise
  • helles Amoled-Display
  • mehr als 40 Stunden Akkulaufzeit (mit GPS)
  • Trainingsvorschläge mit Anleitungen
  • genaue Navigation
  • Offline-Karten
  • Trainingsplanung in der Flow App
  • Routen von Strava und Komoot auf der Uhr nutzbar

Contra

  • zu schnell getaktetes Sprachfeedback
  • EKG ohne Afib-Messung
  • kein Zyklustracker, Bezahlfunktion und Musikspeicher
  • Trainingspläne von Training Peaks nicht nutzbar
  • kein aktives Rerouting bei Strecken aus Strava und Komoot
  • Erholungsmessung ohne Berücksichtigung von Schlaf und Aktivität

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Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.


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