In Keramiktellern steckt mehr, als du denkst
Teller sind nicht mehr nur zum Essen da. Sie punkten auch ohne Speisen. Aufgehängt werden sie zum kunstvollen Wandschmuck.
Meine Augen zucken zusammen. Als ich sie wieder öffne, schaue ich auf Scherben. Schon wieder ein Teller, der mir aus den Händen geglitten ist. Wie ärgerlich, vor allem jetzt, wo ich die Platten als Kunst sehe.
Farbige und gemusterte Teller waren schon immer beliebt, um den Esstisch zum Hingucker zu machen. Dass wir sie wie ein Bild an die Wand hängen, ist auch nichts Neues. Bei meinen Grosseltern hingen bereits bemalte Teller in der Küche, die sie auf Reisen gesammelt haben. Dann verschwand der Wandschmuck weitestgehend, bis er dieses Jahr in leicht abgewandelter Form wieder aufgetaucht ist.
Vor Kurzem noch hätte ich den Teller-Trend altbacken genannt. Nun revidiere ich meine Meinung. Auf Pinterest oder in den Frühjahrskollektion-Katalogen von Marken wie Bloomingville oder HK Living gibt es zahlreiche aktuelle Beispiele, die mich überzeugen. Sie zeigen, wie vielseitig und reizvoll die Arrangements aussehen können. Im Unterschied zu kantigen Bilderrahmen bringen Teller durch ihre Form und Haptik Abwechslung ins Spiel. Sie kreieren auch Schattenspiele.
Dass Teller als Wanddeko gerade aufflammen, hat vielleicht etwas mit einem der grossen Pinterest-Trends zu tun: Küchenregale sind in diesem Jahr die neue Kunstgalerie. Sie werden wie ein Galeriesockel sorgfältig kuratiert und mit dem schönsten Geschirr versehen. Vom Kunstobjekt im Regal an die Wand ist es nur noch ein kleiner Schritt...
Aber wie hängt der Teller dort eigentlich sicher? Klar kannst du ihm mit einem Fliesen- und Keramikbohrer oder Diamantbohrer einige Löcher verpassen, um ihn am Wandhaken befestigen. Doch meine Angst vor einem Bruch wäre dabei zu gross. Es genügt, dass ich Teller für den Gebrauch andauernd (versehentlich natürlich) zerbreche.
Also habe ich nach Alternativen ohne Bohren gesucht und bin fündig geworden: Der Wandplattenaufhänger von House Doctor besitzt eine Feder, die das Einspannen unterschiedlich grosser Teller ermöglicht.
Und wer sich trotzdem nicht traut, das edle Geschirr aufzuhängen, kann auf Körbe ausweichen. Sie machen zumindest von Weitem den Eindruck, ein Teller zu sein, und sind garantiert scherbenfrei.
Ob als One-Man-Show oder Gruppe – die Teller an den Wänden sind selten einfach nur weiss. Sollte ich dem Trend folgen, brauche ich auffällige Designs. Die Arrangements bestehen entweder aus einem kunterbunten Set oder sind bunt zusammengewürfelt. Manchmal sind sie symmetrisch angeordnet oder manchmal im drunter und drüber. Es wird auch mit unterschiedlichen Formen und Grössen gespielt. Hauptsache, die Tellerfläche kommt optimal zur Geltung. Deshalb suche ich erst einmal nach passenden Tellern, die ich zur Schau stellen kann.
Sollte ich im Verlauf meine Meinung zu Tellern an der Wand ändern, macht das nichts. Schliesslich wird sich der Trend so schnell wie er gekommen ist, weiterentwickeln oder in Luft auflösen. Er zeigt, dass die Welt der Wohnkultur zunehmend der Modewelt gleicht. Ein bestimmter Stil oder eine bestimmte Form poppen irgendwo auf Pinterest oder Instagram auf und Schwupps nehmen angesagte Interior-Brands den Trend auf. Sobald sich der durchsetzt, kommt schon wieder der nächste. Es ist ein bisschen wie mit meinen zerbrochenen Tellern. Entgleitet mir der eine, wartet schon der nächste.
Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.