JBL Live 770NC im Test: Günstiger Over-Ear-Kopfhörer mit vielen Optionen
Produkttest

JBL Live 770NC im Test: Günstiger Over-Ear-Kopfhörer mit vielen Optionen

Die Live 770NC von JBL klingen gut, haben eine aktive Geräuschunterdrückung, eine App mit vielen Einstellungen und kosten nicht die Welt.

Preislich bewegt sich JBL mit den Live 770NC deutlich unter der Over-Ear-Spitzenklasse. Die Einschränkungen gegenüber den Top-Kopfhörern sind aber so gering, dass sich ein sehr attraktives Angebot ergibt. Dazu gehören eine lange Akkulaufzeit, eine gute Geräuschunterdrückung und ein schöner Sound.

Aktuelles Bluetooth mit Potenzial für die Zukunft

Egal ob mit Smartphone oder Notebook, die Kopplung über Bluetooth 5.3 klappt mit den JBL Live 770 NC ohne Probleme. Mit Bluetooth LE Audio wird sich ihr Funktionsumfang noch erweitern. Im Testzeitraum war das aber noch nicht verfügbar – es soll per Firmware-Update nachgeliefert werden. Die neue Technologie bringt für Abspielgeräte die Unterstützung von Hörgeräten und für Kopfhörer Auracast. Damit sollst du deine Soundquellen mit Freunden teilen können oder dich in Übertragungen in der Öffentlichkeit einklinken können. Die Beispiele reichen von öffentlichen Fernsehern bis zu Kopfhörerkonzerten.

Die JBL Live 770NC sind zu gut, um sie in der Landschaft hängenzulassen.
Die JBL Live 770NC sind zu gut, um sie in der Landschaft hängenzulassen.
Quelle: Jan Johannsen

Schon nutzbar ist dagegen die Multipoint-Verbindung. Das bedeutet, ich kann die Live 770NC mit mehreren Geräten verbinden. Sie wechseln dann sogar in der Regel automatisch zwischen den Geräten hin und her, wenn eine Audio-Wiedergabe startet. Bei mir funktioniert das zwischen Android-Smartphone und Windows-Rechner wunderbar.

Eine App voller Funktionen

Die Headphones-App von JBL (Android/iOS) installiere ich mir ebenfalls auf mein Smartphone und bin im ersten Moment vom Funktionsumfang erschlagen.

Ich kann:

  • die Geräuschunterdrückung einstellen und anpassen.
  • zwischen sechs voreingestellten Equalizern wählen und eigene definieren – auf zehn Frequenzbändern mit jeweils +/- 6 dB, wobei die Schritte feiner als 1 dB sind.
  • einen dynamischen Equalizer aktivieren, der bei geringer Lautstärke Höhen und Tiefen verstärkt.
  • beim Raumsound, aka JBL Spatial Sound, zwischen Film, Musik und Gaming wählen.
  • bei Smart Audio&Video zwischen besserem Sound oder genauerer Lippensynchronisation bei Videos wählen.
  • die Balance zwischen dem rechten und linken Kanal in +/- 16 Stufen anpassen.
  • meine Soundeinstellungen mit einem Test anpassen.
  • eine persönliche Sound-Verstärkung aktivieren, um die Umgebung besser zu hören.
  • die Gestensteuerung anpassen.
  • eine automatische Wiedergabe und Pause beim Auf- und Absetzen aktivieren.
  • einen Sprachassistenten auswählen, wobei nur der Google Assistent und Alexa zur Wahl stehen.
  • die Sprache für Ansagen im Kopfhörer wählen.
  • die maximale Lautstärke begrenzen.
  • eine automatische Abschaltung der Kopfhörer nach 30, 60 oder 120 Minuten Nicht-Benutzung festlegen.
  • Software-Updates installieren.

Nach dem ersten Schreck wird die App aber übersichtlich und längst nicht alles davon benötige ich ständig. Nachdem ich die wichtigsten Anpassungen vorgenommen habe, benutze ich die Live 770NC in der Regel, ohne die App zu öffnen.

Nur wenige Hersteller bieten so umfangreiche Einstellungsoptionen in den Apps zu ihren Kopfhörern.
Nur wenige Hersteller bieten so umfangreiche Einstellungsoptionen in den Apps zu ihren Kopfhörern.
Quelle: Jan Johannsen

Bedienung über Tasten und Touch-Feld

Zur Bedienung ohne App verfügen die JBL Live 770NC über mehrere Bedienelemente an der rechten Ohrmuschel. Einen Schieber zum Ein- und Ausschalten, eine Taste für die Bluetooth-Kopplung sowie zwei Tasten für die Lautstärke. Dazu kommt noch die sogenannte Aktionstaste. Mit ihr wechsle ich zwischen aktiver Geräuschunterdrückung, Umgebungswahrnehmung und der Verstärkung von Gesprächen. Nachdem ich mir eingeprägt habe, wo welche Taste liegt, erreiche ich sie problemlos, wenn ich den Kopfhörer trage. Klare Druckpunkte erleichtern die Bedienung.

Die Tasten an der rechten Ohrmuschel.
Die Tasten an der rechten Ohrmuschel.
Quelle: Jan Johannsen

Außen auf der rechten Ohrmuschel befindet sich ein Touch-Feld. Es reagiert auf Berührungen und stellt mich nicht restlos zufrieden. Ich habe mehrfach aus Versehen eine Wiedergabe gestartet oder pausiert. Das sind die Aktionen, für die ich das Touch-Feld nur einmal berühre. Doppeltes Antippen springt zum nächsten Titel oder nimmt einen Anruf an. Dreifaches Tippen bringt mich zum vorherigen Titel. Halte ich die Sensorfläche gedrückt, starte ich den Sprachassistenten, lehne einen Anruf ab oder schalte einen Anruf stumm.

Bequem zu tragen

Ich finde die 256 Gramm schweren JBL Live 770NC angenehm zu tragen. Sie sitzen fest, ohne zu drücken. Der gepolsterte Bügel fühlt sich auf der Kopfhaut bequem an. Wie gut er sich mit Haaren versteht, kann ich nicht beurteilen. Die Ohrmuscheln kann ich herausziehen, um die Größe an meinen Kopf anzupassen.

Die JBL Live 770NC drücken nicht auf den Bügeln der Brille.
Die JBL Live 770NC drücken nicht auf den Bügeln der Brille.
Quelle: Jan Johannsen

Die Muscheln umschließen meine Ohren komplett und drücken auch nach ein, zwei Stunden nicht auf den Bügel meiner Brille. Meine Ohren werden dabei nicht zu warm. Mit ihrer Stoffpolsterung sind die Live 770NC für mich keine Sportkopfhörer und entsprechend habe ich sie auch nicht schwitzend ausprobiert.

Guter Sound mit Luft nach oben

40 Millimeter große Lautsprecher befinden sich in den Ohrmuscheln der Live NC770. JBL preist zudem seinen hauseigenen «Signature Sound» an. Für die Bewertung habe ich den Studio-Equalizer gewählt und den Sound mit Personi-Fi an mich angepasst. Der Hörtest für individuelle Soundeinstellungen steht für vier Zielgruppen bereit. Ich gebe mich als Laie mit etwas Erfahrung aus.

Links mein Testbericht von Personi-Fi, rechts die Auswahl an voreingestellten Equalizern sowie die Bandbreite der Frequenzen.
Links mein Testbericht von Personi-Fi, rechts die Auswahl an voreingestellten Equalizern sowie die Bandbreite der Frequenzen.
Quelle: Jan Johannsen

Nach Abfrage von Alter und Geschlecht sowie Prüfung des Sitzes der Kopfhörer startet der eigentliche Test. Für jeweils neun Töne pro Ohr halte ich so lange eine Taste gedrückt, wie ich sie höre. Das ist die Grundlage für die Anpassungen. Im direkten Vergleich sorgen die auf mich angepassten Einstellungen dafür, dass der Sound auf beiden Ohren ebenbürtig klingt. Ohne ist er für mich auf dem rechten Ohr dominanter.

Für die Bewertung habe ich drei Songs aus unterschiedlichen Musikrichtungen herausgesucht.

Bei «Here´s to you» von Ennio Morricone beweisen die JBL Live 770NC anfangs, dass sie Stereo beherrschen. Die Orgel höre ich nur auf meinem rechten Ohr. Das nach etwa 15 Sekunden einsetzende Klavier vor allem auf dem linken Ohr. Es ist aber auch auf dem rechten Ohr zu vernehmen. Der Gesang von Joan Baez, Schlagzeug und die Gitarre sowie der später einsetzende Chor ergeben ein großes Ensemble. Die Kopfhörer verfügen über genug Klarheit, um mich auf die verschiedenen Elemente konzentrieren zu können. Bei dem ausgewogenen Klangbild kann ich sowohl die Stimme der Solisten als auch den Chor im Hintergrund gut verstehen. Außerdem fühle ich mich vom Sound umgeben. Der Raumklang leistet ganze Arbeit und gibt mir das Gefühl, in einem Konzertsaal zu sitzen.

Es wird Zeit für Bass. Den begleiten bei «Hinter Palmen» von Neonschwarz zwar auch Gitarren, aber die Beats stehen im Vordergrund. Begleitung gibt es von drei Rap-Stimmen und gesungenen Parts. Mir fällt vor allem auf, dass der Bass weniger stark drückt, als ich bei Over-Ears erwarte. Die voreingestellten Equalizer schaffen aber Abhilfe. Mit «Bass» und «Extreme Bass» werden die Tiefern stärken, aber noch nicht zu dominant. Die Stimmen sowie Höhen und Mitten werden aber trotzdem nicht übertönt.

Ich mag Punk, aber mit Bläsern klingt er noch besser. Deswegen fiel die Wahl beim dritten Stück auf «Pogo & Polka» von 100 Kilo Herz. Hier mischen sich nach dem ruhigen Intro Trompeten und dezente Gitarre mit lautem Schlagzeug und Bass. Für den rauen Gesang pausieren die Bläser, nur um im Refrain mit einzustimmen. Der Song bestätigt das ausgewogene Klangbild. Kein Bereich dominiert. Mir gefällt das.

Die Ohrmuscheln sind gekennzeichnet.
Die Ohrmuscheln sind gekennzeichnet.
Quelle: Jan Johannsen

Trotzdem bin ich mit dem Sound der JBL Live 770NC insgesamt angesichts ihres Preises zufrieden. Sie klingen klar, haben Volumen und vermitteln ein Gefühl von räumlichem Stereosound. Entgegen meiner Einstellungen für den Hörvergleich neige ich aber dazu, den Bass mit dem Equalizer zu verstärken.

Setze ich dann die über zwei Jahre alten und immer noch deutlich teureren B&O Beoplay HX auf, wirken die JBL gar nicht mehr so klar. Im Vergleich klingen sie dumpfer. Mir fällt zudem ein leichtes Scheppern auf, dass ich vorher nicht wahrgenommen habe. Dafür bieten die Live 770NC einen kräftigeren Bass und kosten weniger als die Hälfte. Dafür sind die leichten Qualitätseinbußen völlig in Ordnung.

Aktive Geräuschunterdrückung fängt nicht jedes Geräusch ein

JBL verbaut vier Mikrofone mit Geräuscherkennung in den Live 770NC. Diese sollen dafür sorgen, dass das «True Adaptive Noise Cancelling» Umgebungsgeräusche von dir fernhält. Das klappt bei den Geräuschen der Stadt oder Kollegen im Büro sehr gut. Aber die Kopfhörer sperren nicht jede Lärmquelle spürbar aus. Bei einzelnen Geräuschen kann ich das verzeihen, aber beim Staubsauger bin ich von der Intensität der Dämpfung enttäuscht. Da schaffen andere Kopfhörer mehr. Und trotzdem reicht es, um beim Wohnungsputz Hörspiele oder Podcasts hören zu können, ohne die Lautstärke zu erhöhen.

Mit «Smart Ambient» können die JBL-Kopfhörer aber auch das Gegenteil: dich die Umgebung trotz aufgesetzter Ohrmuscheln ungedämpft hören lassen.

Lange Akkulaufzeit

Der Akku der JBL Live 770NC hält eine gefühlte Ewigkeit durch. Mit aktiver Geräuschunterdrückung sind es etwa 50 Stunden. Das ist für Bügel-Kopfhörer ein ordentlicher, aber kein herausragender Wert. Ohne Geräuschunterdrückung werden immerhin etwa 65 Stunden draus – aber andere bieten eben 80 Stunden.

Die JBL Live 770NC werden über USB-C geladen.
Die JBL Live 770NC werden über USB-C geladen.
Quelle: Jan Johannsen

Eine volle Ladung des Akkus über ein USB-C-Kabel dauert etwa zwei Stunden. Aber bereits fünf Minuten sollen für vier Stunden Musikwiedergabe genügen − falls die Zeit knapp sein sollte.

Fazit: Für den Preis sehr gut

Die JBL Live 770NC sind ein klassischer Fall von «gut, aber es gibt bessere». Wobei die besseren Kopfhörer in der Regel auch mehr kosten. Auch nach Jahren und mit einem Nachfolger – wie etwa der Sony WH-1000XM4 zeigt. Das bedeutet wiederum: Für ihren Preis sind die Live 770NC sehr gut klingende Over-Ear-Kopfhörer. Einzig mit der räumlichen Wirkung bin ich nicht immer zufrieden.

JBL Live 770NC (ANC, 50 h, Kabelgebunden)
Kopfhörer

JBL Live 770NC

ANC, 50 h, Kabelgebunden

JBL Live 770NC (ANC, 50 h, Kabelgebunden)
Kopfhörer

JBL Live 770NC

ANC, 50 h, Kabelgebunden

JBL Live 770NC (ANC, 50 h, Kabellos, Kabelgebunden)
Kopfhörer

JBL Live 770NC

ANC, 50 h, Kabellos, Kabelgebunden

In der App kannst du den Klang durch viele Einstellungs- und Anpassungsmöglichkeiten an deine Vorstellungen anpassen. Die aktive Geräuschunterdrückung arbeitet meistens hervorragend, lässt sich aber von einzelnen Geräuschen überlisten.

Die JBL Live 770NC sitzen auch nach Stunden noch bequem auf meinem Kopf. Für den Transport lassen sie sich zusammenfalten. Dazu kommt noch eine lange Akkulaufzeit.

Titelfoto: Jan Johannsen

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Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Digitec und Galaxus. 


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