Keycap Kevin: Ich spiele auf meinen Tastaturen «Jingle Bells»
Du stehst auf den Klang mechanischer Tastaturen? Ich auch. Deshalb wollte ich deinen Ohren zu Weihnachten mit «Jingle Bells» schmeicheln, gespielt auf meinen Keyboards. Ob ich erfolgreich war, kannst du selber beurteilen.
Als waschechter Grinch stehe ich nicht auf Weihnachten. Aber dieses Jahr haben mir meine Kinder «Jingle Bells» ins Ohr gesetzt und ich bekomme den Song nicht mehr aus meinem Hirn raus. Deshalb beschliesse ich in einer überstürzten wohlüberlegten Aktion, den Klassiker auf meinen Tastaturen nachzuspielen. Dabei muss ich erwähnen, dass ich das musikalische Talent eines Regenwurms habe.
Live-Session
Als erstes versuche ich es mit dem mir Logischsten: Ich lege mir mehrere Tastaturen parat und versuche mit ihnen eine Tonleiter zu erstellen. Am Schluss liegen fünf Tastaturen vor mir, von denen ich je nur eine bis zwei Tasten brauche. Damit Musik zu machen ist äusserst umständlich. Mein talentfreies Gehirn bekommt das nicht auf die Reihe. Ich vertippe mich ständig.
Auch die Aufzeichnung des Tons ist schwierig. Mein Mikrofon erfasst die Klänge nicht gleich laut. Nach ein paar Versuchen lasse ich die Idee fallen. Ich entschliesse mich, einzelne Tastentöne aufzuzeichnen und die Melodie dann mit dem Computer zu spielen.
Qual der Wahl
Aber wie? Das letzte Mal habe ich vor 20 Jahren ein Lied am PC gemacht. Ich bin nicht mehr auf dem neuesten Stand in Sachen Software – und vor allem deren Funktionsweise. Geld will ich keines ausgeben, weshalb ich nach einer Gratis Digital Audio Workstation (DAW) suche. Ich meine, sie in Waveform gefunden zu haben. Doch das stellt sich als Irrtum heraus. Nach mehreren Tutorials raucht mir der Schädel.
Auf Raten von Kollege Simon schaue ich mir Ableton Live an. Hierfür gibt es deutlich mehr Tutorials – vor allem solche, die ich verstehe. Ich bin überzeugt und kaufe mir eine Lizenz. 63 Franken ärmer mache ich mich an die Arbeit.
Drei Versuche bis zum Scheitern
Zuerst zeichne ich meine Tonleiter mit dem Mikrofon auf. Eigentlich sind es nur sechs Töne. H vergesse ich aufzuzeichnen. Egal, für meine Version von «Jingle Bells» brauche ich das auch nicht.
In Ableton muss ich mein eigenes Instrument erstellen, wenn ich mit meinen Tastaturen musizieren will. Dazu importiere ich die aufgezeichneten Tastentöne. Danach spiele ich «Jingle Bells» gemäss Notenblatt nach. Das klingt so:
Naja, die Melodie ist zwar erkennbar, aber da fehlt noch etwas. Ich meine, die Lösung zu kennen: das Glöckchen, das immerzu bimmelt. Nur, wie kann ich diesen Ton erzeugen? Ich muss von meinem Plan, nur Tastentöne zu verwenden, abkommen. Ich zeichne nochmal zwei Töne auf:
- Ich drehe den Drehknopf einer meiner Tastaturen
- Ich schlage mit dem Fingernagel auf die Rückseite meiner Glastastatur
Diese zwei Töne importiere ich wieder in Ableton und spiele sie leicht versetzt zueinander. Meine zweite Version klingt so:
Richtig zufrieden bin ich damit nicht. Das Problem dürfte darin liegen, dass meine Tasten nicht nachhallen.Es klingt, als ob ich «Jingle Bells» mit einem Schlagzeug spielen würde.
So leicht will ich mich nicht geschlagen geben und beschliesse, es mit Effekten zu versuchen. Vielleicht kann ich meine Tastentöne so verändern, dass sie sich mehr wie ein Instrument anhören? Ich experimentiere etwas herum und komme zu folgendem Ergebnis:
Die Tastendrücke hören sich jetzt zwar mehr nach einem Instrument an, aber durch die Effekte klingen alle Tasten gleich. Insbesondere haben alle die gleiche Tonhöhe.
Verzweifelt wende ich mich an Kollege David, der im Gegensatz zu mir ein Instrument spielen kann. Mit seinen Gitarrenkünsten hat er mich bereits bei einem früheren Projekt unterstützt.
Er meint auch, dass das Problem darin liege, dass meine Tastentöne nicht nachhallen. Ich schicke ihm meine Töne. Kurz darauf zeigt er mir seine in Garage Band gebastelte Lösung:
Kannst du es besser?
Damit beende ich meine Versuche. Mein Fazit: Tastentöne dürften sich als Schlagzeug oder für andere Genres als Weihnachtslieder besser eignen. Zum Beispiel für elektronische Musik. Das probiere ich als nächstes aus, aber lieber in meinem stillen Kämmerlein. Dann muss mir mein mangelndes musikalisches Talent auch nicht peinlich sein.
Davids «Jingle Bells»-Vorschlag bringt mich aber auf eine Idee: Ich stelle dir meine Beinahe-Tonleiter und weitere Klänge, die ich aufgezeichnet habe, zur Verfügung. Falls du Bock hast, mach eine eigene Version von «Jingle Bells» und schick sie mir per Mail. Die Adresse findest du unter meinem Autorenprofil. Wenn mindestens drei Vorschläge zustande kommen, lasse ich für den besten in einem weiteren Artikel abstimmen. Die Person mit den meisten Stimmen erhält einen 30 Franken Gutschein. Hier findest du die Töne.
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.