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Klinikaufenthalt lindert Schlafstörungen

Eine wenig erholsame Nachtruhe ist typisch für viele psychische Störungen. Während der Behandlung in einer psychosomatischen Klinik schlafen die Betroffenen besser als zuvor. Eine Gruppe profitiert allerdings nur wenig.

Viele Menschen mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen schlafen schlecht. Eine stationäre Therapie in einer psychosomatischen Klinik könne diese Schlafstörungen lindern, berichtet ein deutsches Forschungsteam im «Journal of Sleep Research». Die Gruppe wertete Angaben von mehr als 11 000 Patientinnen und Patienten aus, die sich bis 2020 in der Schön Klinik Roseneck am Chiemsee behandeln liessen. Vor dem Aufenthalt und bei der Entlassung beantworteten sie Fragen zu ihrer Nachtruhe: Wie oft sie Schlafmittel nahmen oder schlecht schliefen, weil sie lange wach lagen, Albträume hatten oder nachts aufwachten.

Die drei Forscher, darunter der ärztliche Direktor der Klinik, Ulrich Voderholzer, wollten herausfinden, wie sich die Schlafqualität am Ende der Behandlung verändert hatte und welche Rolle die Diagnose dabei spielte. Sie unterschieden nach Depressionen, Phobien und anderen Angststörungen, Zwangs-, Ess- und somatoformen Störungen, traumabezogenen Störungen, darunter vor allem die posttraumatische Belastungsstörung, sowie Persönlichkeitsstörungen, überwiegend die emotional instabile Persönlichkeitsstörung, auch als «Borderline» bekannt.

Bei sämtlichen Diagnosen war der Schlaf gestört, gemessen am Durchschnittswert im verwendeten Fragebogen zur Schlafqualität. Auf Platz eins des nächtlichen Leidens: die posttraumatische Belastungsstörung, für die Schlafstörungen und quälende Albträume besonders typisch sind. Bei diesen Patienten und Patientinnen besserten sich die Beschwerden im Mittel nur wenig. Am zweitstärksten betroffen waren Menschen mit wiederkehrenden Depressionen. Auch sie litten nach dem Klinikaufenthalt weiterhin unter Schlafstörungen, aber in merklich milderem Ausmass. Am wenigsten beeinträchtigt war die Schlafqualität bei Zwangsstörungen und Phobien. Was der Studie leider fehlt, ist eine Wartekontrollgruppe, die es erlauben würde, die beobachteten Effekte zu vergleichen.

Quelle

Dass eine stationäre Behandlung die Schlafqualität bessert, sei unabhängig von Alter, Geschlecht und Behandlungsdauer, schreiben die Autoren. Sie beschränken ihre Aussagen aber auf psychosomatische Kliniken. Denn diese nehmen, anders als Psychiatrien, keine Patientinnen oder Patienten auf, die suizidal oder psychotisch sind oder gegen ihren Willen eingewiesen werden. In der Schön Klinik Roseneck bekomme ausserdem nur eine Minderheit Psychopharmaka, die Behandlung habe einen kognitiv-verhaltenstherapeutischem Schwerpunkt.

Schlaftherapeutische Massnahmen für Kliniken würden derzeit schon erprobt, berichten die Forscher weiter. Sie heben das an der Universität Bern entwickelte Programm «SLEEPexpert» hervor, das auf zwei Methoden setzt: Schlafentzug und Anpassung des Schlafrhythmus an den individuellen Chronotyp. Für die Schlafstörungen, die bei posttraumatischen Belastungsstörungen auftreten, halten sie jedoch weitere spezifische Interventionen für erforderlich.

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Titelbild: © LittleCityLifestylePhotography / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell) (Ausschnitt)

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