Legenden der Leidenschaft: Sex-Mythen von und über Männer
Hintergrund

Legenden der Leidenschaft: Sex-Mythen von und über Männer

Der Mann, ein Mythos: Samenstau, Impotenz durch Hitze oder gar ein Penisbruch – was steckt hinter den Schlagworten, die für sexuelles Unbehagen sorgen?

Verändert sich wirklich der Geschmack von Sperma, je nachdem was Mann zuvor gegessen oder getrunken hat? Jeder Teenager hat diesen Mythos mindestens gehört – und viele auch mit Kollegen darüber gewerweisst. Eine Hamburger Sexualtherapeutin fand bei einer Testreihe mit 50 Paaren bereits 2017 heraus: Vor allem Bier, Knoblauch und Aspirin können den Appetit auf orale Liebe gründlich verderben. An die 1,5 Liter Ananassaft hingegen verleihen dem Ejakulat eine fruchtige Geschmacksnote. An diesem Mythos ist also tatsächlich etwas dran. Um die restlichen Legenden der Leidenschaft auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, habe ich mir allerdings Rat geholt. Gemeinsam mit Volker Wittkamp habe ich mir die größten Männer-Mythen näher angesehen und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft.

Der Urologe, Autor und Sexperte klärt die Welt via Social Media auf – fundiert, aber immer humorvoll und sensibel. So hat er deutlich mehr Möglichkeiten, sogar Tabu-Themen auf eine lockere Art und Weise zu kommunizieren. Seine Accounts zeigen, dass diese Strategie klappt: Auf «Tiktok« hat er zusammen mit der Star-Gynäkologin Sheila de Liz mehr als 900 000 Follower. Seinem Instagram-Kanal folgen mehr als 20 000 Menschen.

Das macht sich bezahlt: Wittkamp berät auch «Arcwave«, einen Pleasure-Brand für Männer, dem das erotische Wohlbefinden der Kundschaft nachvollziehbarerweise am Herzen liegt. Das erste Produkt wurde 2020 nach mehr als zwei Jahren Entwicklungszeit auf den Markt gebracht – der «Ion« stimuliert den Penis mit pulsierenden Luftwellen.

Sex-Mythos 1: Kann ein Penis brechen?

Unter einem Bruch versteht man eine Fraktur am Knochen. Da der Penis keinen Knochen hat, möchte man meinen: Dieser Mythos kann gar nicht stimmen. Volker Wittkamp verrät jedoch, dass er sehr wohl brechen kann. «Nur ist das eher ein Einreißen des Schwellkörpers als ein klassischer Bruch. Doch egal, wie das Wort dafür auch lautet, angenehm ist das Ganze nicht. Kommt es dazu – meistens, wenn man beim Sex abrutscht – sieht das beste Stück übrigens aus wie eine Aubergine und man sollte schleunigst ins Krankenhaus», empfiehlt er.

Sex-Mythos 2: Gibt es einen Samenstau?

Dieses Gerücht hält sich hartnäckig und wird gerne auch mal als Druckmittel bzw. Ausrede verwendet: Wenn Männer keinen Sex haben oder masturbieren, droht die Gefahr eines schmerzenden Samenstaus, heißt es. Der Mythos ist jedoch falsch, denn Samen kann sich nicht anstauen. Der menschliche Körper ist bestens vorbereitet, baut das Ejakulat ab oder spült es mit dem Urin aus. Wittkamp weist trotzdem darauf hin, dass «es zu spontanen Entladungen in der Nacht kommen kann, wenn längere Zeit nicht ejakuliert wurde. Schmerzen bekommt man davon aber keine.»

Nicht gleichzusetzen ist dieser Mythos mit den sogenannten «Kavaliersschmerzen». Diese können auftreten, wenn ein Mann beim Geschlechtsverkehr die Ejakulation bewusst hinauszögert oder ganz unterdrückt. Dadurch können Schmerzen im Unterleib entstehen, die von der anhaltenden Verkrampfung der Muskulatur der Samenwege herrührt. Die Schmerzen haben also nichts mit einem Samenstau oder -überschuss in den Hoden zu tun, sondern mit über längere Zeit angespannter und schliesslich verkrampfter Muskulatur.

Sex-Mythos 3: Macht Hitze impotent?

Die Sitzheizung im Auto, Sauna-Besuche oder ein zu heißes Bad machen impotent – dieser Mythos rührt vor allem daher, dass das Wort «Impotenz» noch immer falsch verstanden wird. Impotenz bedeutet nämlich eine Erektionsstörung, also: Dass die Erektion ausbleibt oder nicht lange genug anhält, um penetrativen Sex haben zu können. «Wärme fördert die Durchblutung und ist somit sogar ganz gut für die Erektion», sagt der «Arcwave»-Experte. Allerdings ist dieser Mythos nicht ganz so weit hergeholt, denn tatsächlich hat Wärme negative Auswirkungen auf die Spermien – sowohl hinsichtlich der Zahl als auch der Qualität der Spermien. Wer also an der Familienplanung bastelt, bleibt besser cool.

Sex-Mythos 4: Keine Erektion, keine Erregung?

Eine fehlende Erektion wird gerne als Zeichen für fehlende Lust angesehen. Dass dies aber nicht ganz der Wahrheit entspricht, erklärt Volker Wittkamp wie folgt: «Wann es zur Erektion kommt, ist von Person zu Person sehr unterschiedlich, hängt auch sehr von der Situation und dem Alter ab. Je jünger der Mann ist, desto schneller wird er steif.» Stress, Müdigkeit und Sorgen können auch Faktoren für einen ausbleibende Ständer sein, ausreichend Erholung und eine gesunde Ernährung bewirken viel Positives. Am hilfreichsten ist immer noch die klare Kommunikation mit dem Partner oder der Partnerin über Wünsche und Erwartungen. Aber auch umgekehrt kann es sein, dass Männer eine Erektion bekommen, ohne sexuell erregt zu sein. «Manchmal reicht da schon eine zufällige Berührung, ein komischer Gedanke oder es kommt sogar zu paradoxen Erektionen bei Stress oder Angst. Außerdem versteift sich der Penis auch in der Nacht regelmäßig. Im Prinzip trainiert er dann – wacht man während des Workouts auf, ist das die berühmte Morgenlatte», sagt Wittkamp.

Sex-Mythos 5: Männer haben keinen G-Punkt

Diesem Mythos könnte man glatt einen ganzen Beitrag widmen. Und ob der Mann einen G-Punkt besitzt: die Prostata! Laut einer globalen Studie weiß aber mehr als ein Drittel der Befragten weltweit nicht, dass die Prostata eine erogene Zone ist. Die repräsentative Umfrage wurde von «Arcwave» im Mai 2022 in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut «Lucid» durchgeführt, über 22 300 Teilnehmer aus 15 Ländern (darunter auch Deutschland, Österreich und die Schweiz) nahmen teil.

Traurig, aber wahr: 33 Prozent der befragten Männer wussten zwar von dieser erotischen Region, haben aber noch keine Erfahrung mit dieser gemacht. Nur einer von sechs stimuliert sie regelmäßig. «Die Stimulation der Prostata ist gerade in heterosexuellen Beziehungen oft ein Tabuthema. Wir müssen also mit einigen Vorurteilen aufräumen, meint der Sexual-Wellness-Experte: «Die Prostata kann man getrost als das männliche Pendant zum weiblichen G-Punkt beschreiben. Sie kann über den Anus oder aber auch von außen über das Perineum stimuliert werden. So lässt sich sogar ein Orgasmus auslösen, und viele sagen, nicht unbedingt der schlechteste.»

Update: Im Text zu Mythos 2 «Samenstau», wurde nachträglich ein Absatz zu den sogenannten «Kavaliersschmerzen» ergänzt, die zunächst fälschlicherweise mit dem Begriff Samenstau gleichgesetzt worden waren. Danke für die entsprechenden Hinweise in den Kommentaren. Immer schön zu sehen, wenn unsere Texte gründlich gelesen werden.

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Janina Lebiszczak
Autorin von customize mediahouse

Lebe lieber ungewöhnlich: Ob Gesundheit, Sexualität, Sport oder Nachhaltigkeit, jedes Thema will entspannt, aber aufmerksam entdeckt werden. Mit einer gehörigen Portion Selbstironie und niemals ohne Augenzwinkern.


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