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Meditation: Die negativen Seiten der Achtsamkeit

Achtsamkeitsübungen sollen den Geist beruhigen und Stress lindern. Eine Studie zeigt nun, wie oft Meditierende auch negative Effekte erleben.

Achtsamkeitsmeditation ist in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden. Studien deuten darauf hin, dass das bewusste Verharren im Hier und Jetzt Stress lindert und sogar gegen bestimmte psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen hilft. Doch können die Übungen auch negative Auswirkungen haben? Das zu untersuchen, gestaltete sich bislang schwierig. Denn Teilnehmer von Achtsamkeitskursen sind oft zurückhaltend, wenn es darum geht, von Schwierigkeiten beim Meditieren zu berichten oder dem Lehrer gegenüber negative Erfahrungen einzugestehen.

Ein Team um Willoughby Britton von der Brown University hat sich die Vor- und Nachteile der Meditationstechnik deshalb nun im therapeutischen Kontext noch einmal genauer angeschaut. Die Forschungsgruppe rekrutierte für ihren Versuch 96 Versuchspersonen, die eine achtwöchige achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie absolvierten. Diese kombiniert Elemente der achtsamkeitsbasierten Stressreduktion (MBSR, von «Mindfulness Based Stress Reduction») nach Jon Kabat-Zinn mit denen einer kognitiven Verhaltenstherapie. Die Teilnehmer der Studie waren überwiegend Frauen mittleren Alters, die nach Wegen suchten, leichte bis mittlere Stress-, Angst- oder Depressionssymptome zu lindern. Damit entsprachen sie in etwa dem Publikum, das sich auch klassischerweise zu Achtsamkeitskursen anmeldet.

Im Anschluss befragten Britton und sein Team die Probanden detailliert zu ihren Erfahrungen mit dem Meditationsprogramm. Dabei berichteten etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmer (58 Prozent) von mindestens einem negativen Effekt, den die Meditationsübungen auf sie gehabt hatten. Die Beschwerden reichten von einer andauernden Überempfindlichkeit über Albträume bis hin zu traumatischen Ereignissen, die den Probanden durch die Übungen wieder ins Gedächtnis gerufen wurden. Andere Teilnehmer fühlten sich ängstlich oder emotional ermattet nach dem Meditieren. Rund 37 Prozent der Versuchspersonen berichteten von negativen Effekten, die sie in ihrem Alltag beeinträchtigten, und rund 6 Prozent erlebten anhaltende Beschwerden, die länger als einen Monat bestehen blieben.

Insgesamt würden negative Effekte bei der Achtsamkeitsmeditation damit ähnlich häufig auftreten wie bei anderen psychologischen Behandlungsverfahren auch, schreiben die Autoren. In vielen Fällen würden sie mit den positiven Auswirkungen Hand in Hand gehen. So berichteten viele Teilnehmer, dass sich ihre Symptome auch trotz negativer Erfahrungen durch die Meditation besserten. Am Ende käme es wie bei Medikamenten und anderen Interventionen darauf an, beide Seiten miteinander ins Verhältnis zu setzen, schlussfolgern die Forscher.

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