Nagelprobe: Was deine Fingernägel über deine Gesundheit verraten
Glänzende Nägel, glänzende Gesundheit. Doch was, wenn sich deine Fingernägel auffällig verändern? Unschöne Rillen oder Verfärbungen können harmlos sein. Oder ein Warnzeichen für eine Erkrankung.
Zeit für eine kleine Nagelschau. Was siehst du, wenn du auf deine unlackierten Fingernägel blickst? Wenn sie leicht rosa glänzen, sich sanft nach oben wölben, gleichmäßig und glatt wachsen, einen erkennbaren Mond haben und nicht bei jedem kleinen Handgriff gleich abbrechen, darfst du dich freuen: Denn so definiert Dr. Sabine Schwarz, Fachärztin für Dermatologie und Leiterin des renommierten Hautzentrum Wien, gesunde Fingernägel. Doch leider fällt die Blickdiagnose oft nicht ganz so positiv aus. Es zeigen sich Rillen auf den Nägeln, Flecken, Verfärbungen, Risse oder sogar Verformungen.
Klar kannst du den Veränderungen jetzt mit Maniküreset, Lack und Pflegetipps entgegentreten. Aber dann entgeht dir vielleicht eine (lebens-)wichtige Botschaft, die dir dein Körper senden möchte. Denn Veränderungen hinsichtlich Nagelfarbe, Form und Oberfläche können ein Warnsignal sein für Mangelerscheinungen, Durchblutungsstörungen und hormonelle Veränderungen, aber auch für ernsthafte Erkrankungen der Organe.
Gestörtes Nagelwachstum
Der Hintergrund: Deine Nägel bestehen aus Keratin. Diese Hornsubstanz wird von den Hautzellen ständig neu gebildet. Fehlt es dir jedoch an Vitaminen, Nähr- und Mineralstoffen, ist die Durchblutung gestört oder bist du durch eine Krankheit geschwächt, kann dies das Nagelwachstum stören. «Während Zeiten starker Belastung versucht der Körper, gut mit seinen Ressourcen zu haushalten. Er bremst daher vorübergehend das Nagelwachstum und bildet stattdessen nur eine dünnere Hornschicht aus, die sich zum Beispiel rillt. Ist die Erkrankung dann überstanden, kommt es zu einem Wachstumsschub. Bis die entsprechenden Stellen wieder herausgewachsen sind, können jedoch bis zu sechs Monate vergehen», sagt Sabine Schwarz.
Weil Nägel nur sehr langsam wachsen – im Schnitt sind es 0,8 Millimeter pro Woche –, zeigen sich Veränderungen also erst, wenn du wieder gesund bist. Oder aber dann, wenn schon längere Zeit gesundheitlich etwas nicht stimmt. Gerade deshalb solltest du Veränderungen der Nägel auch ernst nehmen. «Wenn sich Nägel dauerhaft, auf- und augenfällig stark verändern und keinen vorangegangenen Verletzungen, dem Lifestyle oder bekannten Vorerkrankungen zugeordnet werden können, sollten die Ursachen ärztlich abgeklärt werden», betont Dr. Schwarz.
Nicht immer weisen die Veränderungen eindeutig auf nur eine bestimmte Ursache oder Krankheit hin. «Ein Blutbild, mit dem zum Beispiel auch Vitamin- und Hormonmängel aufgedeckt werden, schafft aber in 80 Prozent der Fälle rasch Klarheit und man kann mit entsprechenden Präparaten gegensteuern.»
Probleme mit Stoffwechsel oder Organen
«Es gibt zahlreiche Stoffwechsel- und Organerkrankungen, die zu Nagelveränderungen führen können. Dazu gehören neben Diabetes mellitus zum Beispiel auch Schilddrüsen-, Nieren- oder Lebererkrankungen», sagt Expertin Schwarz. Fehlt etwa der Nagelmond oder treten Milchglasnägel auf, kann das ein Hinweis auf eine Leberzirrhose sein. Auch bei Diabetes können Milchglasnägel, sogenannte Terry Nails, vorkommen. Sie sind trüb und fast komplett weißlich verfärbt. Außerdem berichteten Betroffene von Splitterblutungen und Nagelablösungen.
Bei Schilddrüsenerkrankungen kann sich der Nagel ebenfalls vom Bett lösen. Oft gehen sie auch mit einer Verdickung oder Verdünnung der Nagelplatte einher. Eine Überfunktion zeigt sich durch brüchige Nägel und graue Verfärbungen. Bei chronischen Nierenerkrankungen kommt es hingegen charakteristischerweise zu Lindsay-Nägeln oder Halb-und-halb-Nägeln. Hier verläuft ein rosafarbenes, rotes oder braunes Band auf dem Nagelbett in Richtung der Fingerspitzen.
Oh Schreck, ein Fleck
Du hast einen blauen oder schwarzen Fleck unterm Nagel entdeckt? Auch hier gilt: Ab zum Arzt oder zur Ärztin, sofern es sich nicht um einen Bluterguss handelt. Denn hast du keine schmerzhafte Erinnerung an eine Verletzung und wächst der Fleck nicht heraus, «können dunkle Flecken oder ein schmaler, schwarzer Streifen, der auf dem Nagel zu sehen ist und bis an die Fingerkuppe reicht, aufgrund eines Melanoms auftreten», sagt die Dermatologin.
Bis zu 3,5 Prozent der bösartigen Geschwülste, die bei Hautkrebsbetroffenen auftreten, befinden sich unter einem Nagel, hat eine Studie ergeben. Am häufigsten sind Daumen oder Großzehe betroffen.
Uhrglas- oder Löffelform
Eher selten kommen so genannte Uhrglasnägel vor, bei denen sich die Nägel stark nach oben wölben und rundlich verformen. «Sie treten zum Beispiel bei Erkrankungen des Herzens, der Lunge, des Darms oder der Leber auf oder bei Mukoviszidose», sagt die Expertin. Zum Glück sind die meisten Betroffenen aber bereits wegen anderen Symptome in Behandlung, bevor sich Uhrglasnägel zeigen.
Bei Eisenmangel und anderen Mangelerscheinungen, Schuppenflechte und Infektionen zeigt sich hingegen statt einer Wölbung nach oben oft das Gegenteil: Die Nagelplatte ist in der Mitte flacher als an den Seiten. Man spricht dann von Löffelnägeln. Auch sie sind ein Fall für Arzt oder Ärztin.
Kranke Haut, kranke Nägel
Nicht alle Nagelveränderungen weisen auf Krankheiten hin, die sich irgendwo in deinem Körper manifestieren. Manchmal sind auch die Nägel selbst von einem Tumor betroffen, häufig steckt auch eine Entzündung oder Hauterkrankung dahinter. Die Liste der möglichen Diagnosen, die mit Nagelveränderungen einhergehen, ist lang.
«Unsere Nägel gehören als Hautanhangsgebilde zur Haut dazu. Deswegen können die Nägel auch bei Hauterkrankungen wie etwa Ekzemen oder auch Schuppenflechte ihr Aussehen verändern», sagt Sabine Schwarz. Ein Beispiel: Bei vielen Patientinnen und Patienten, die von einer Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris) betroffen sind, zeigen sich kleine Eindellungen in der Nagelplatte, sogenannte Pits. Außerdem können runde, gelbe bis bräunliche Flecken unter der Nagelplatte auftreten, die man Ölflecken nennt. In selteneren Fällen zeigen sich auch weiß-gräuliche Schuppenmassen unterm Nagel.
Nagelpilz ernst nehmen
Die häufigste Nagelerkrankung ist eine Pilzinfektion. Sie betrifft meist die Füße, die Fingernägel sind eher selten befallen. Wenn du eine gelbliche bis grünliche Verfärbung, keil- oder streifenförmige Verdickungen in Längsrichtung oder aber weiße, raue Erhebungen am äußeren, oberen xNagelende entdeckst, solltest du sie untersuchen lassen.
Denn ein möglicher Nagelpilz kann sich auf deine anderen Fingernägel ausbreiten und in die tiefste Schicht der Nagelplatte vorarbeiten. Schreitet der Pilzbefall voran, werden die Nägel erst brüchig und zerfallen dann nach und nach. Das sieht unschön aus, kann außerdem schmerzen und so die Funktionsfähigkeit der betroffenen Finger stark einschränken.
«Das Befallsmuster kann erste Hinweise liefern, um welche Pilzart es sich handelt. In der Regel muss aber ein Stückchen des befallenen Nagels im Labor untersucht werden, weil die unterschiedlichen Erreger jeweils unterschiedlich bekämpft werden müssen», sagt Schwarz. Wichtig ist, dann eine regelmäßige und vor allem ausreichend lange Bekämpfung, um die Nägel auch dauerhaft pilzfrei zu bekommen. Bei manchen äußerlich anzuwendenden Mitteln kann das bis zu einem Jahr dauern, mit Tabletten oder Kapseln in der Regel drei Monate.
Ursachen für Nagelverfärbungen
Manche gelblichen Verfärbungen sind nicht dem Nagelpilz geschuldet, sondern schlicht «hausgemacht». Wenn du etwa rauchst, brauchst du dich über gelbe Nägel nicht wundern. Gleiches gilt für häufiges Lackieren mit dunklen Tönen. Nagelaufhellender Lack oder Hausmittel wie Zitrone können gegen die Verfärbungen helfen.
Andere Farbveränderungen sind hingegen nicht bloße kosmetische Probleme, sondern sollten ernstgenommen werden. «So können etwa blasse, weißliche Nägel zum Beispiel auf Eisenmangel oder Durchblutungsstörungen hindeuten und bläuliche Färbungen auf Erkrankungen des Herzens oder der Lunge», sagt Dr. Schwarz.
Du siehst Grün? Möglich, dass es sich um eine bakterielle Nagelinfektion handelt, ausgelöst durch kleine Verletzungen, die entstehen, wenn etwa die Nägel zu scharf gefeilt oder die Nagelhaut extensiv gezupft oder grob zurückgeschoben wird. Auch Daumenlutschen oder Arbeiten in verunreinigtem Wasser gelten hier als Risikofaktoren, denn so können über Minimaltraumata Bakterien eindringen.
Nagelbettinfektionen rasch behandeln lassen
Apropos Infektion: Akute, bakterielle Entzündungen des Nagelbetts werden oft verschleppt, obwohl sie sich recht schnell bemerkbar machen. Ist deine Fingerspitze heiß, angeschwollen, hart und kommt es zu starken, klopfenden Schmerzen, «sollte das rasch mit Antibiotika behandelt werden, damit sich Entzündungen nicht ausbreiten», mahnt Schwarz. Die Eitertasche, die sich in der Fingerspitze bildet, kann nämlich auch auf das umliegende Gewebe drücken, sodass es abstirbt. Und auch darunterliegende Knochen, Gelenke oder Sehnen können angegriffen werden.
Entwarnung für Wölkchen
Zum Glück sind nicht alle Nagelveränderungen bedenklich. Als harmlos gelten zum Beispiel kleine, weiße Verfärbungen, die Wölkchen ähneln. «Sie zeigen sich dann, wenn es winzige Hohlräume zwischen Nagel und Nagelbett gibt», so Sabine Schwarz. Meist entstehen sie durch kleine Stöße auf die Nagelwurzel oder zu intensive Manipulation am Nagelhäutchen. Schön sind die Wölkchen dennoch nicht. Daher solltest du deine Nagelhaut immer nur vorsichtig mit einem Hufstäbchen oder speziellen Schieber zurückschieben.
Längsrillen
Entwarnung gibt es von der Expertin auch für Längsrillen. Sie sind in der Regel eine Frage der Veranlagung. Mit zunehmendem Alter treten sie häufiger oder stärker hervor, mitunter begünstigt durch konstanten Flüssigkeitsmangel. Ausreichend Wasser zu trinken, kann den Rillen ein bisschen entgegenwirken. Wenn dich die Längsrillen optisch sehr stören, kannst du sie wegpolieren, mit Hilfe eines so genannten Nail Buffers. Wenn die Längsrillen im Vergleich zu gleichaltrigen Personen deutlich tiefer ausfallen, können sie allerdings auf Durchblutungsstörungen oder rheumatoide Arthritis hinweisen.
Querrillen
Bei Querrillen musst du dir laut Dr. Schwarz ebenfalls wenig Sorgen machen. Denn die horizontalen Dellen verraten mehr über deine Vergangenheit als über deinen aktuellen Gesundheitszustand. Sie treten auf, wenn zu viel Kraft auf den Nagel eingewirkt hat, bei einer Verletzung zum Beispiel. Oder sie kommen nach Phasen mit extremem Stress oder in Folge von Krankheiten vor, etwa nach Magen-Darm-Infekten oder hohem Fieber.
Du warst nicht krank, gestresst oder verletzt? Dann kann auch ein Zinkmangel hinter den Querrillen stecken, den du gegebenenfalls mit Zinkpräparaten oder einer zinkreichen Ernährung beheben kannst. Gute Quellen sind Rindfleisch, Eier, Milch und Käse oder Vollkornprodukte.
Andere Ursachen von Nagelveränderungen
Grundsätzlich kommen Nagelveränderungen häufig vor, unabhängig vom Alter. Die Ursachen sind vielfältig und haben nicht immer mit Krankheiten oder Mangelerscheinungen zu tun. Oft sind es auch dein Lebensstil und deine Gewohnheiten, die die «Tut dir gut»-Nagelprobe nicht bestehen. «Neben dem Kontakt mit Reinigungsmitteln und Chemikalien, der regelmäßigen Nutzung von Nagellack und Nagellackentfernern oder der Verwendung von künstlichen Nägeln kann sogar der Jahreszeitenwechsel die Nagelstruktur beeinflussen», so Schwarz. Denn wenn es draußen kalt ist, zieht sich die Nagelplatte zusammen und die Durchblutung findet nicht mehr richtig statt. In all diesen Fällen sind «schlechte» Nägel nur ein ästhetisches Problem, dem du mit Maniküre entgegnen kannst.
Titelfoto: shutterstockGäbe es meinen Job nicht, würde ich ihn erfinden wollen. Schreiben ist die Möglichkeit, ein paar Leben parallel zu führen. Heute stehe ich mit einer Wissenschaftlerin im Labor, morgen gehe ich mit einem Forscher auf Südpolexpedition. Täglich entdecke ich die Welt, erfahre Neues und treffe spannende Menschen. Aber nur kein Neid: Das Gleiche gilt fürs Lesen!
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