Knosti Disco-Antistat
Plattenspieler Reinigung
Ich leihe mir einen alten Plattenspieler aus den Siebzigerjahren aus. Er wirkt altersschwach, doch das Problem lässt sich erstaunlich leicht beseitigen.
Auf meinen Beitrag zum revidierten Revox-Tonbandgerät habe ich viel Feedback erhalten. Unter anderem hat mir ein Leser eine Langspielplatte von Che&Ray geschickt. Dies, weil meine Kopie auf Band nur noch schlecht hörbar ist und es das Album nicht auf Spotify gibt. Super cool!
Es gibt nur ein ganz kleines Problem dabei: Ich habe keinen Plattenspieler.
Das «kleine Problem» ist tatsächlich nicht gross. Denn in meinem Elternhaus steht ein Plattenspieler und den leihe ich mir aus.
Bei dem fossilen Gerät handelt es sich um einen Lenco L90. Gemäss Hifi-Wiki wurde er zwischen 1975 und 1978 produziert und kostete in Deutschland 900 Mark. Das ist mehr als alle anderen Lenco-Plattenspieler. Inflationsbereinigt wären das heute mindestens 1200 Franken oder Euro.
Vielleicht war das Gerät hauptsächlich so teuer, weil es in der Schweiz hergestellt wurde, wie darauf gut sichtbar vermerkt ist. Lenco war ein Schweizer Betrieb.
Der Markenname taucht bis heute auf, doch die neueren Geräte haben mit der Schweizer Lenco AG nichts zu tun. Etwas verwirrend: 2013 kam ein Plattenspieler heraus, der ebenfalls Lenco L90 hiess. Aber das hier ist «the real deal».
Das Teil ist uralt, funktioniert aber noch. Allerdings braucht der Oldtimer auffällig lange, bis er auf Touren ist. Die beleuchteten Vierecke zeigen an, ob die richtige Geschwindigkeit erreicht ist. Das hat früher nie so lange gedauert. Zudem bringt die kleinste Berührung den Teller zum Stillstand, etwa wenn ich versuche, die Platte mit einer Antistatikbürste zu reinigen.
Was ist hier los? Schwächelt der Motor?
Das zu prüfen, ist viel einfacher, als ich erwartet habe. Der Plattenteller lässt sich wie eine Platte einfach abheben und darunter kommt die Antriebsmechanik zum Vorschein. Auch ich als Plattenspieler-Noob sehe sofort, wo das Problem liegt.
Der Gummiriemen, der die Antriebswelle mit dem Plattenteller verbindet, ist ausgeleiert. Erstaunt mich nicht. Gummiriemen sind in vielen alten Geräten die Schwachstelle Nummer eins.
Das ist eine gute Nachricht. Es ist kinderleicht, den Riemen zu ersetzen. Beim Motor wäre eine Reparatur wohl wesentlich schwieriger geworden.
Die Originalriemen werden nicht mehr hergestellt, aber es gibt Nachbildungen. Ich werde auf Ricardo fündig. Gemäss Verkäufer handelt es sich um eine originalgetreue Nachbildung. Das sei wichtig, denn bei zu starkem Zug bestehe die Gefahr, dass die Lagerung des Motors zerstört würde.
Nun funktioniert alles, wie es soll. Die richtige Geschwindigkeit ist sehr schnell erreicht, und ein leichter Widerstand bringt den Plattenteller nicht zum Stillstand. Beim Ausschalten hält der Teller schneller an.
Der zweite Teil der Revision ist sogar noch einfacher. Beim Plattenspieler liegt ungeöffnet eine Ersatznadel. Diese setze ich in den Tonabnehmer ein. Einfach die alte Nadel herausziehen und die neue reinschieben – fertig.
Ich schätze, das war höchste Zeit. Laut Verpackung ist eine neue Nadel pro Jahr ideal – wobei es sicher drauf ankommt, wie oft das Gerät benutzt wird. So wie die Verpackung aussieht, wartet die Ersatznadel schon seit Jahrzehnten auf ihren Einsatz. Für mich sieht das nach 80er-Jahren aus.
Zugleich habe ich beim Plattenspieler das Gewicht des Tonarms und das Anti-Skating korrekt eingestellt. Davon hatte ich ebenfalls keine Ahnung, aber im Youtube-Zeitalter kann ich mich problemlos schlaumachen.
Ich könnte sogar den ganzen Tonabnehmer austauschen. Der Anschluss ist genormt und das Ganze geht sehr einfach mit einem Schraubmechanismus, ohne Werkzeug.
Doch das scheint mir in meinem Fall nicht sinnvoll. Ich habe gerade eine neue Nadel eingesetzt. Die Platte knistert trotz gutem Zustand ein wenig, aber gehört das nicht zum Retro-Feeling? Vielleicht würde eine gründliche Reinigung im Plattenbad noch etwas besseren Sound bringen.
Aber vielleicht auch nicht. Ich hab mir sagen lassen, dass es bei den Pressungen grosse Unterschiede gibt. Ob Ex Libris wirklich die Top-Adresse für qualitativ hochwertige Pressungen war, wage ich zu bezweifeln.
Das sind letztlich nur Details. Wichtig ist: Ich habe mit minimalem Aufwand und ohne Vorkenntnisse einen 45-jährigen Plattenspieler revidiert. Und nun kann ich die Musik von Che&Ray neu auf Band aufzeichnen.
Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.