Nintendo verklagt Emulator-Entwickler Yuzu: Was das für Emulatoren bedeuten könnte
Hintergrund

Nintendo verklagt Emulator-Entwickler Yuzu: Was das für Emulatoren bedeuten könnte

Nintendo hat eine Klage gegen das Unternehmen Tropic Haze LLC eingereicht. Dabei handelt es sich um die Entwickler von Yuzu, einer Emulationssoftware für Switch-Games. Es geht aber nicht nur um Schadensersatz – Yuzu soll den Betrieb generell einstellen. Das könnte wegweisend sein.

Nintendo verklagt den Hersteller eines bekannten Emulators: Der japanische Spielehersteller hat beim Bezirksgericht im US-Bundesstaat Rhode Island eine Klage gegen Tropic Haze LLC eingereicht. Das Unternehmen Tropic Haze LLC begehe mit ihrer Software Yuzu Urheberrechtsverletzungen gemäss Digital Millenium Copyright Act (DMCA). Dies verursacht bei Nintendo finanziellen Schaden.

Was ist Yuzu?

Yuzu ist eine Software, die Games von Nintendos Switch-Konsole emuliert. Damit laufen Games auf Windows- und Android-basierter Hardware. Zudem kannst du Switch-Games mit Yuzu kopieren und auf deiner Switch zocken, ohne das Game tatsächlich zu kaufen. Letzteres funktioniert aber nur auf älteren Modellen. Es basiert auf einer Sicherheitslücke, die Nintendo mittlerweile ausgebessert hat.

Yuzu wird verklagt und sieht sich einer düsteren Zukunft ausgesetzt.
Yuzu wird verklagt und sieht sich einer düsteren Zukunft ausgesetzt.
Quelle: Wikimedia

Was wirft Nintendo Yuzu konkret vor?

Nintendo behauptet, dass Tropic Haze LLC «Piraterie in kolossalem Ausmass ermöglicht». Dies, indem sie mit Yuzu eine Software entwickelt haben, die «allgemeine Computergeräte in Werkzeuge für massive Verletzungen des geistigen Eigentums von Nintendo und anderen urheberrechtlich geschützten Werken verwandelt». Das heisst, mit ihrer Software lässt sich Software-Piraterie betreiben. Mit den Anleitungen, die Tropic Haze zur Verfügung stellt, rufen sie gemäss Nintendo zudem aktiv dazu auf, dies auch zu tun.

So begründet Nintendo die Vorwürfe

Nintendo argumentiert, dass mit Yuzu Verschlüsselungsebenen von Switch-Software geknackt werden können. So ist es möglich, Switch-Software zu kopieren und abzuspielen, ohne dass du dazu berechtigt bist. Eine Berechtigung erlangst du nur durch den ordentlichen Erwerb der Software. Aber auch wenn du das Spiel ordnungsgemäss gekauft hast, geniesst du keine Narrenfreiheit. Nintendo sagt, dass auch nach dem Kauf lediglich die Berechtigung vorliege, ein solches Spiel auf einer «nicht modifizierten» Switch-Konsole zu spielen. Nur Nintendo, als geistiger Eigentümer der Software, darf entscheiden, ob und wann die Spiele auf einer anderen Plattform gespielt werden dürfen.

Anders als bei bisherigen Fällen geht es nicht um die Emulationstechnik an sich. Nintendo behauptet, Yuzu sei in erster Linie dazu gedacht, Switch-Games zu entschlüsseln. «Eine grosse Mehrheit» nutze den Emulator genau dafür, auch wenn es theoretisch legale Anwendungsmöglichkeiten gäbe. Dabei stützt sich Nintendo auf den Abschnitt 1201(a)(2) des DMCA.

Was will Nintendo jetzt?

Nintendo will einerseits Geld. Schadensersatz für die entgangenen Einnahmen. Das Anrecht auf finanziellen Schadensersatz begründet der Spielehersteller zum Beispiel damit, dass sich die Patreon-Mitgliedschaften bei Yuzu im Mai 2023 verdoppelten. Just zu der Zeit, als «The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom» veröffentlicht wurde. Auf yuzu-emu.org wird auch bestätigt, dass dieses Game über den Emulator gezockt wird – es sei gar einer der beliebtesten Titel überhaupt. Gemäss Nintendo gab es schon vor dem Launch eine Million illegale Downloads des Games.

Nintendo will, dass du ihre Games nur auf der Switch spielst – und sie wollen von Yuzu Schadensersatz.
Nintendo will, dass du ihre Games nur auf der Switch spielst – und sie wollen von Yuzu Schadensersatz.
Quelle: Shutterstock

Nintendo belässt es aber nicht dabei. Zusätzlich fordern sie das Gericht auf, Tropic Haze LLC die Weiterentwicklung, das Bewerben und das Vertreiben des Emulators zu untersagen. Was im Klartext heisst: Der Emulator soll gänzlich verschwinden.

Diese Argumente sprechen für Yuzu

Es gibt auch eine Reihe von Argumenten, mit denen sich Yuzu verteidigen könnte. Auf der rechtlichen, aber auch auf der technischen Ebene. Der Open-Source-Emulator liefert entgegen der Klageschrift keine sogenannten prod.keys, welche benötigt werden, um Switch-Games zu entschlüsseln und zum Laufen zu bringen. Anders als etwa beim Emulator «Dolphin» liegt hier keine Umgehung von Schutzmassnahmen vor. Dort bringt der Emulator diese «prod.keys» mit. Allerdings liefert Yuzu auf seiner Website umfangreiche Anleitungen dazu, wie du diese Schutzmassnahmen selber umgehen kannst. Auch die Software, die dazu nötig ist, findest du dort.

Weiter erlaubt das US-Urheberrechtsamt grundsätzlich, Backups von Software zu machen, die rechtmässig erworben wurde. Die grosse Frage ist, ob diese Backups auch auf anderen Plattformen ausgeführt werden dürfen. Die von Nintendo geltend gemachten Lizenzbedingungen, die dies verbieten (siehe oben), könnten durch Artikel 201.40 des Urheberrechts eingeschränkt werden. Etwa zum Zweck der Archivierung oder um die Barrierefreiheit zu gewährleisten, wie die DMCA-Ausnahmeregelungen von 2021 dies vorsehen. Dort ist geregelt, dass es Personen mit Behinderungen ermöglicht werden muss, alternative Eingabegeräte zum Spielen von Games zu verwenden. Allerdings müsste Yuzu in einem Gerichtsverfahren konkrete Beispiele vorweisen können, in denen das der Fall ist.

Zu guter Letzt gibt es auch eine Vielzahl von Software, die mit Yuzu legal betrieben werden kann. Zum Beispiel Weather and Moon.

Wie geht es nun weiter?

Es ist nicht die erste Klage, die Nintendo im Zusammenhang mit Emulatoren anstrengt. Bis anhin betrafen die Klagen jedoch eher Betreiber von ROM-Webseiten oder Hardware-Modder. Denn prinzipiell gibt es in den USA einige Präzedenzfälle, in denen Emulatoren als legal eingestuft wurden. Dies werden sie wohl auch bleiben, sagt etwa Anwalt Jon Loiterman zu Ars Technica. Höchstens die Techniken, die es für die Entschlüsselung von Software braucht, könnten verboten werden.

Das Yuzu verschwindet, ist unwahrscheinlich. Aber vielleicht wird es nicht mehr weiterentwickelt.
Das Yuzu verschwindet, ist unwahrscheinlich. Aber vielleicht wird es nicht mehr weiterentwickelt.
Quelle: Reddit

Allerdings: Sollte Nintendo im jetzigen Fall recht bekommen, könnte dies einen neuen Präzedenzfall ergeben, führt Loiterman gegenüber dem Portal weiter aus. Dann würden wohl weitere Konsolenhersteller vor Gericht ziehen. Er halte es allerdings für wenig wahrscheinlich, dass der Fall tatsächlich zur Verhandlung komme. Aus Angst vor einem hohen Schadensersatz werde Yuzu wohl eher vom Netz genommen und nicht mehr zentral vertrieben.

Titelbild: Reddit / r/SteamDeckModded

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Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.


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