OnePlus 9 Pro im Test: Die beste Weitwinkelkamera auf dieser Seite des Mondes
OnePlus ist eine Kooperation mit dem legendären Kamerahersteller Hasselblad eingegangen. Die Zusammenarbeit startet bei der Software und nebenbei kommt die Weitwinkelkamera der Neuner-Serie von OnePlus qualitativ der Hauptkamera ganz nah.
Falls dir der Name Hasselblad nichts sagt: Das Unternehmen hat sich mit analogen Mittelformatkameras im 20. Jahrhundert einen Namen in der Modebranche, aber auch in der Kunst und Werbung sowie der Porträtfotografie, verdient. Aber nicht nur Karl Lagerfeld hatte eine Hasselblad in der Hand, sondern auch die ersten Astronauten auf dem Mond. Die Zielgruppe hat sich mit den digitalen Hasselblad-Kameras nicht verändert, aber die Besitzverhältnisse. Die Firma ist kein Familienunternehmen mehr, sitzt aber immer noch in Göteborg und gehört inzwischen aber zu DJI. Ja, die mit den Drohnen.
Von der Mittelformatkamera zum Smartphone
Kooperationen zwischen Smartphone-Herstellern und Firmen aus der Kamerabranche sind nichts Neues. Nokia arbeitet mit Zeiss zusammen und Sony ist in beiden Feldern aktiv und liefert auch die Sensoren für das OnePlus 9 (Pro). Die Zusammenarbeit von OnePlus und Hasselblad ist momentan auf drei Jahre angelegt. Im ersten Schritt haben beide die 9er-Serie zusammen an der Farbabstimmung und der Kalibrierung von Sensoren gearbeitet. Das Ergebnis soll eine natürliche Farbkalibrierung sein. In Zukunft soll die Zusammenarbeit aber nicht nur die Software betreffen, sondern auch Hardware wie etwa die Linsen umfassen.
Bis es so weit ist, halten dich OnePlus und Hasselblad mit Gimmicks bei Laune. So ist die Kamera-App optisch an die Benutzeroberfläche einer Hasselblad-Kamera angepasst worden – inklusive dem markanten orangenen Auslöser. Wenn du den Auslöseton einschaltest, hörst du das typische Auslösegeräusch einer Hasselblad-Kamera. Es klingt auf jeden Fall mehr nach Kamera als nach Smartphone, aber ich hatte noch nie eine Hasselblad in der Hand und fotografiere eh lieber ohne extra Töne.
Für meinen Test habe ich das OnePlus 9 und das OnePlus 9 Pro zur Hand. Deswegen hier der Überblick über die Kameras:
OnePlus 9 Pro | OnePlus 9 | |
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Hauptkamera | Sony IMX789, 48 Megapixel, f/1.8 (entspricht einer KB-Brennweite von 23 mm) | Sony IMX689, 48 Megapixel, f/1,8 (entspricht einer KB-Brennweite von 23 mm) |
Weitwinkelkamera | Sony IMX766, 50 Megapixel, f/2.2 (entspricht einer KB-Brennweite von 14 mm) | Sony IMX766, 50 Megapixel, f/2.2 (entspricht einer KB-Brennweite von 14 mm) |
Telekamera | 8 Megapixel, f/2.4 | - |
Monochrome Kamera | 2 Megapixel | 2 Megapixel |
Frontkamera | Sony IMX471, 16 Megapixel, f/2.4 | Sony IMX471, 16 Megapixel, f/2.4 |
Die Sensornamen bei der Hauptkamera sind kein Schreibfehler. Es sind zwei verschiedene, wenn auch mit den gleichen Daten. Dafür sind die Weitwinkel-, die Front- und die Monochrome-Kamera identisch. Eine Telelinse gibt es nur in der Pro-Version, aber einen Zoom hat das Nicht-Pro ebenfalls. Die Frontkamera ist übrigens die gleiche wie beim OnePlus 8T.
OnePlus sagt, sie haben nach Rückmeldungen aus ihrer Community und einen Blick auf die Nutzungszahlen entschieden, vor allem die Weitwinkelkamera zu verbessern und qualitativ näher an die Hauptkamera zu bringen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es dort, vor allem bei schlechtem Licht, bei vielen Smartphones einen großen Qualitätsunterschied gibt.
Farben und Kontraste
Die Farbwiedergabe der OnePlus 9-Serie gefällt mir. Die Farben sind intensiv, wirken aber weiterhin natürlich. Falsch macht Hasselblad mit der «Natural Colour Calibration» nichts. Den Vergleich mit anderen Smartphones ziehe ich noch in einem eigenen Artikel.
Die Hauptkamera hat mit starken Kontrasten kein Problem, bei der Weitwinkelkamera kommt es dagegen schon eher zu Überbelichtungen.
OnePlus zufolge soll der Sensor der Hauptkamera des 9 Pro etwas besser sein. Mir gefallen allerdings die Aufnahmen des OnePlus 9 ein klein wenig besser. Das gilt allerdings auch für die Aufnahmen der Weitwinkelkamera, die ja bei beiden Smartphones identisch ist. Liegt es also an der Software?
Nachtrag: Kurz vor Veröffentlichung des Tests trudelt auf dem OnePlus 9 Pro ein Software-Update ein, dass unter anderen an der Kamera etwas verbessern soll. Das OnePlus 9 hatte diese Aktualisierung bereits ein paar Tage vorher erhalten. Das werde ich mir in den nächsten Tagen anschauen, gehe aber davon aus, dass die kleinen Nachteile der Pro-Version damit verschwinden.
Davon abgesehen bin von der Weitwinkelkamera begeistert. Sie ist gleichwertig mit der Hauptkamera. Willst du mehr aufs Bild bekommen, kannst du das ohne Nachteile für die Bildqualität den Blickwinkel vergrößern. Das gilt sogar bei schlechter Beleuchtung. Der Nachtmodus funktioniert auch in der Weitwinkelkamera.
Und es werde Licht
Den Zoom solltest du in der Nacht allerdings nicht benutzen. Er hat keinen Nachtmodus und bei wenig Licht deutliche Qualitätsverluste. Die Haupt- und Weitwinkelkamera liefern dagegen schon in der Automatik Fotos, die das Restlicht gut ausnutzen und viele Details festhalten – wobei die Weitwinkelkamera etwas schlechter abschneidet. Mit dem Nachtmodus und etwas längeren Belichtungszeiten werden ihre Aufnahmen aber besser und auch die Hauptkamera bekommt noch eine Verbesserung bei den Details.
Monochrome Linse für Schwarz-Weiß-Fotos
Die dritte Linse der OnePlus-9-Serie hat einen monochromen Sensor. Dieser versorgt die Hauptkamera mit Informationen, damit diese ein richtiges Schwarz-Weiß-Foto hinbekommt und nicht nur mit einem Filter die Farben entfernt. Versteckt ist das Ganze trotzdem in den Farbfiltern, die dir die Kamera-App anbietet. Magst du Schwarz-Weiß-Fotos, lohnt es sich, ans Ende der Filtereffekte zu gehen.
Näher ran mit Tele-Linse
Die Tele-Linse ist der große Unterschied zwischen den Kamerasystemen des OnePlus 9 und 9 Pro. Nur die Pro-Variante hat eine. Du kannst zwar auch mit dem OnePlus 9 zoomen, aber nur maximal mit einer zehnfachen Vergrößerung und deutlichen Qualitätseinbußen. Die zehnfache Vergrößerung beim OnePlus 9 Pro sieht dagegen deutlich besser aus und ist nutzbar. Hier wird es qualitativ erst kritisch, wenn du dich an das Maximum der 30-fachen Vergrößerung näherst.
Selfie
Wenig überraschend gibt es bei den Selfies keine Unterschiede. Beide OnePlus 9 haben die gleiche Kamera und die liefert ordentliche Selbstporträts. Viele Details und ordentliche Farben sorgen dafür, dass du die dich gerne fotografierst. Falls der Hintergrund nicht ablenken soll, kannst du zudem den Porträt-Modus nutzen, um ihn unscharf zu machen.
Alles Fotos in Originalauflösung findest du hier.
Ein Display schöner als das andere
Das Display des OnePlus 9 Pro ist nicht nur größer, sondern durch einen technischen Kniff stromsparender als der Touchscreen des OnePlus 9. Mit dem Zusammenspiel von LTPO-Technologie – Low-Temperature Polycrystalline Oxide, verwendet Apple bereits seit der Apple Watch Series 4 und gerüchteweise ab dem Herbst im iPhone 13 – und einer flexiblen Anpassung der Bildwiederholrate soll das Amoled-Display des 9 Pro bis zu 50 Prozent weniger Energie verbrauchen als das des OnePlus 9. Das klingt verlockend, konnte ich aber in einem Versuch nicht nachvollziehen. Smartphones auf 100 Prozent aufladen, Youtube-Video bei maximaler Helligkeit starten und nach 102 Minuten den Akkustand ablesen. Das OnePlus 9 steht mit 93 Prozent besser da als das 9 Pro mit 88 Prozent. Es ist zwar nur ein Szenario, zeigt aber, dass die theoretische Energieeinsparung in der Praxis nicht immer eintritt.
Eine Bildwiederholrate von bis zu 120 Hertz bieten beide Displays. Dies gilt ebenfalls für die Unterstützung des sRGB-Farbraums und die Verwendung der P3-Technologie, um blaues Licht zu reduzieren. Farbliche Unterschiede zwischen den Displays fallen mir nur auf, wenn der Bildschirm sehr dunkel ist. Dann wirkt das Schwarz beim OnePlus 9 Pro etwas dunkler und schwärzer. Dadurch wirkt auch das Weiß etwas heller. Dieser Effekt geht allerdings für das bloße Auge verloren, wenn Schwarz den Bildschirm nicht dominiert.
Die Auflösungen – 3215×1440 Pixel und eine Pixeldichte 525 ppi beim OnePlus 9 Pro und 2400×1080 Pixel sowie 402 ppi beim OnePlus 9 – sind auf dem Papier ein deutlicher Unterschied. Für das menschliche Auge spielen sie aber keine Rolle. Zumindest nicht, wenn es um Schärfe und Detailgenauigkeit geht. Da ist für deine Sehnerven ab etwa 300 ppi kein Unterschied mehr zu erkennen. Die höhere Auflösung sorgt beim 9 Pro nur dafür, dass etwas mehr Inhalt auf den Bildschirm passt.
Einen weiteren Unterschied gibt es noch: Beim OnePlus 9 Pro sind die Kanten des Displays an den langen Seiten abgerundet – aber weniger als beim OnePlus 8 Pro. Beim OnePlus 9 ist das Display dagegen eine gerade Fläche. Eine Folge: Beim 9 Pro spürst du die Kante der Display-Schutzfolie deutlicher als beim OnePlus 9.
Beim OnePlus 9 Pro besteht der Rahmen zwischen Vorder- und Rückseite aus Aluminium, beim OnePlus 9 aus einem Glasfaser-Polymer – lässt sich auch als Kunststoff generalisieren. In der Haptik aber auch optisch macht das für mich keinen Unterschied. Es gibt aber einen nicht direkt sichtbaren: Nur das OnePlus 9 Pro hat eine IP68-Zertifizierung erhalten und ist damit gesichert vor Wasser und Staub gut geschützt. Immerhin der Fingerabdrucksensor unter dem Display arbeitet bei beiden Smartphones gleich zügig und zuverlässig.
Mehr Leistung und noch schneller aufladen
Haupt- und Telekamera, das Display und damit verbunden die Größe sowie das Material des Rahmens, sind die sichtbaren Unterschiede zwischen dem OnePlus 9 und OnePlus 9 Pro. Die übrige Ausstattung ist nahezu identisch. Dazu gehören mit dem Snapdragon 888 der derzeit leistungsstärkste Chipsatz Qualcomms sowie 8 oder 12 Gigabyte Arbeitsspeicher. Ich habe die 12-GB-Versionen hier und die erreichen bei Geekbench 5 1127 und 3742 Punkte im Single- und Multi-Core-Benchmark. In den Alltag übersetzt: Um zu wenig Leistung musst du dir keine Sorgen machen. Sollten die Ladezeiten mal länger sein, liegt es an der App und nicht an der Hardware.
Der interne Speicher ist 128 oder 256 Gigabyte groß. Du kannst ihn nicht mit einer microSD-Karte erweitern. Dafür passen immerhin zwei SIM-Karten ins OnePlus 9 (Pro). Es gibt allerdings nicht jede Kombination aus Arbeitsspeicher und internem Speicher in jeder Farbe. Apropos Farben: Morning Mist und Winter Mist (OnePlus 9) taugen auch als Spiegel. Dezenter geht es mit Pine Green und Stellar Black oder Blue Sky und Astral Black (OnePlus 9) zu.
Wie schon beim OnePlus 8T verbaut der Hersteller auch in seiner Neuner-Serie zwei 2250-mAh-Akkus. Sprich: Die Akkukapazität pro Smartphone liegt bei 4500 mAh. Das reicht aus, um mich gut über den Tag zu bringen. Sollte ich das Smartphone doch mal intensiver nutzen, hat der zweigeteilte Akku einen weiteren Vorteil: Er lässt sich schneller laden. Die Schnellladetechnologie von OnePlus heißt Warp Charge 65T und arbeitet mit einer Leistung von 65 Watt. Mit dem mitgelieferten Netzteil bekommst du das Smartphone in 30 Minuten fast komplett aufgeladen. Komm also gar nicht erst auf die Idee, es über Nacht aufladen zu wollen.
Drahtlos kannst du die OnePlus 9-Serie ebenfalls aufladen. Das OnePlus 9 Pro mit Warp Charge 50 Wireless sogar sehr schnell, sofern du ein 50-Watt-Ladepad hast. OnePlus bietet selber eins an, das auf dem Schreibtisch schlicht aussieht und auch andere Smartphones drahtlos lädt. Allerdings geht seine Lüftung an, sobald ich das 9 Pro drauf stelle. Laut genug, um als Hintergrundgeräusch zu nerven, wenn ich am Schreibtisch sitze. Das passiert auch beim OnePlus 9, obwohl es nur eine drahtlose Ladung mit 15 Watt nach dem Qi-Standard unterstützt und gar nicht die volle Leistung des Ladepads abrufen kann.
Als Betriebssystem installiert OnePlus sein hauseigenes OxygenOS, dessen neueste Version auf Android 11 basiert. Streng genommen ist es kein eigenes Betriebssystem, sondern Android mit einer anderen Benutzeroberfläche und der einen oder anderen Anpassung und Ergänzung. Im Vergleich mit anderen Herstellern hält sich OnePlus mit der Vorinstallation zusätzlicher Apps zurück. Aber die einzige nicht deinstallierbare Drittanbieter-App muss natürlich Netflix sein – der einzige Streaming-Dienst, dem ich bisher entkommen konnte.
Schon lange kein Geheimtipp mehr
OnePlus hat als Geheimtipp angefangen, ist es aber nicht mehr. Jahr für Jahr liefert der Hersteller sehr gute Smartphones, bei denen es nur an kleinen Details etwas zu bemängeln gibt. Preislich ist Aggressivität verloren gegangen, aber vierstellige Preise musst du immer noch nicht bezahlen.
Flotte Hardware, schickes Display, langlebiger und schnell zu ladender Akku, sehr gutes Kamerasystem: Das OnePlus 9 Pro ist ein hervorragendes Smartphone. Diese Eigenschaft teilt es aber mit einigen anderen Top-Smartphones anderer Hersteller. Mit dem OnePlus 9 Pro machst du auf jeden Fall nichts falsch und kannst auch guten Gewissens etwas Geld sparen und das OnePlus 9 nehmen. Wenn dir die Weitwinkelkamera wichtig ist, führt allerdings kaum ein Weg an der Neuner-Serie vorbei.
Zusammen mit der Neuner-Serie hat OnePlus eine Smartwatch vorgestellt, die allerdings noch etwas auf sich warten lässt. Die Infos dazu hat Kollege Martin zusammengetragen.
Ich habe sicherlich noch nicht alle Tiefen der Kamera des OnePlus 9 Pro erkundet. Ich plane sie noch weiter zu benutzen. Was würde dich da besonders interessieren?
Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Galaxus.de.