
Panasonic GH5s: Die Kamera für Videoproduzenten

An der CES 2018 Anfang Januar in Las Vegas stellte Panasonic die GH5s vor: eine neue, speziell für Filmschaffende entwickelte Kamera. Ich habe mir das rund 3000 Franken teure Gerät die vergangenen Wochen genauer angesehen.
Ein Schwatz mit den Produktmanagern im Bereich Foto und Video rund um Denny Phan ist immer bereichernd. Gesprochen wird meist über neue Produkte wie Drohnen und Kameras oder was in der Gerüchteküche gerade brodelt. Dieses Mal drückt mir Denny eine Kamera, die neue Panasonic GH5s, in die Hand und fragt mich, ob ich damit was anfangen kann. Natürlich! Anfang Januar noch in Las Vegas an der CES vorgestellt und jetzt bereits in meinen Händen.

Aufnahmemodi, die in dieser Preisklasse ihresgleichen suchen
Das Alleinstellungsmerkmal der GH5s ist die Möglichkeit, mit 4k 422 10 bit und 400 Mbps zu filmen. Keine andere Kamera in dieser Preisklasse und dieser Grösse kann da mithalten. Mit dem zusätzlichen V-Log Picture Profile um den Dynamikumfang zu erweitern, kann die Kamera auch mit viel teureren Modellen mithalten oder auf einem professionellen Set als B-Kamera dienen.
Kathrin, in einem Café arbeitend und Latte Art übend, hat mich zufälligerweise kurz nach dem erhalt der GH5s gebeten, sie beim ausüben ihrer Kunst zu filmen, um sich damit bei einer Schule zu bewerben. Natürlich sage ich zu. Kurz nach der Zusage dann der Geistesblitz meinerseits – ich filme mit der GH5s und kann sie so auch gleich in realer Umgebung testen. Das meiste habe ich aus der Hand oder mit einem Zhiyun Crane 2 gedreht. Wegen des fehlenden Stabilisators rate ich dir dringend, auf einen Gimbal, Slider oder ein Stativ zurückzugreifen.
Farbbearbeitung mit 10-bit-Videomaterial macht definitiv mehr Spass und die Möglichkeiten sind dank einem viel grösseren Farbspektrum um ein vielfaches grösser. Gegradet hab ich mit dem frei zum Download verfügbaren Programm Davinci Resolve. Mit dem Tool werden auch professionelle Filme farbbearbeitet (Eine Kaufversion erweitert den sonst schon sehr grossen Funktionsumfang zusätzlich). Und sogar Videoschnitt kannst du damit – wenn du nicht monatlich Geld für eine Adobe Cloud ausgeben möchtest, kann ich dir definitiv empfehlen, das Programm mal genauer anzusehen. Ein Bericht dazu folgt.
Während du beim Schwestermodell GH5 noch 100 Franken für ein V-Log Update hinblättern musstest, ist V-Log jetzt bereits im Preis inbegriffen. Um auf dem Bildschirm ein Bild zu sehen, das etwas mehr der Realität entspricht, kann bei Bedarf auch gleich ein LUT (Look Up Table) zugeschaltet werden. Ebenfalls kannst du entweder die Waveform oder ein Vectorscope einblenden. Angesichts der Displaygrösse ist das aber nur empfehlenswert, wenn du einen externen Bildschirm zur Verfügung hast.
Ein Low-Light Monster

Einer der grossen Unterschiede zur GH5 ist die kleinere Anzahl Megapixel. Waren es bei der fast halb so teuren Kamera noch 20.3 Megapixel, sind es jetzt noch 10.2. Somit ist jedes einzelne Pixel auf dem Sensor ungefähr doppelt so gross. Daraus resultiert eine weit bessere Low-Light Performance. Davon machst du dir am besten gleich selber ein Bild. Natürlich habe ich auch das bisherige Low-Light Monster, die Sony A7Sii, mit den beiden Panasonic Kameras verglichen. Den Thron muss Sony meiner Meinung nach aber nicht räumen (YouTube komprimiert die Files ziemlich stark - hier kannst du das Original Low-Light Video downloaden um die Unterschiede besser zu sehen)
Das Rauschverhalten der GH5 ist gegenüber der GH5s um Welten schlechter. Schon bei einem ISO Wert von 3200 ist das Bild kaum noch brauchbar. Bei diesen Werten sind sowohl die GH5s sowie die A7Sii noch ohne sichtbares Rauschen.


Ohne Stabilisator – aber nicht ohne Grund
Als ich gehört habe, dass die GH5s ohne stabilisierten Sensor auskommen muss, reagierte ich mit Unverständnis. Doch es gibt einen Grund dafür: Die Kamera wurde in erster Linie für Profis und nicht für Vlogger oder YouTuber designt. Ein Profi will genau wissen, was der Sensor anstellt, denn ein ausgeschalteter Stabilisator heisst noch nicht, dass der Sensor zu 100 Prozent immer an der selben Stelle liegt. Er kann sich bei Erschütterungen und Vibrationen weiterhin bewegen. Mit einem fest eingebauten Sensor ist die komplette Kontrolle über die Kamera möglich, ohne dass irgendwelche Elektronik oder ein ausgeschalteter und in der Luft hängender Sensor Dinge anstellen, die nicht erwünscht sind.
Um den Unterschied zwischen den Kameras zu demonstrieren, bin ich durch unsere Büros gegangen und habe die Aufnahmen nebeneinander gelegt. Die Resultate überraschen mich. Die GH5 macht einen ausgezeichneten Job und der Gang durchs Office wirkt schon fast wie eine Fahrt auf Schienen. Die A7Sii aber, die ebenfalls einen stabilisierten Sensor hat, wackelt stark. Annähernd so stark wie die GH5s ohne stabilisierten Sensor.
Leser fragen – ich versuche, zu antworten
Vor einigen Wochen habe ich diesen Artikel angekündigt und gefragt, was du über die Kamera wissen möchtest. Dabei sind einige Fragen aufgetaucht, die jetzt bestimmt schon geklärt sind. Folgend versuche ich die restlichen Fragen zu beantworten.
Für User "Lfg" hab ich die Akkulaufzeit, den Schärfenunterschied (Hier ein Link zum Download von einem FullHD sowie 4k File mit der GH5s gefilmt) zwischen GH5 und GH5s sowie Moiré verglichen. Die Sony-Akkulaufzeit ist nicht als die beste auf dem Markt bekannt. Kein Wunder bei 7.2 V und 1020 mAh. Die Panasonic-Kameras haben bei gleicher Spannung 1860 mAh Kapazität und sind dadurch um einiges grösser. In der Praxis resultiert dies in einer um über einer Stunde längerer Laufzeit. Das Video zeigt die sehr deutlichen Unterschiede auf.
Beim Test der Akkulaufzeit finde ich auch gleich meinen grössten Kritikpunkt. Filmst du länger als 30 Sekunden ohne einen Knopf zu drücken oder den Bildschirm zu berühren, reduziert die Kamera die Bildschirmhelligkeit automatisch. Gerade bei längeren Takes und direkter Sonneneinstrahlung eine absolut mühsame Geschichte. Leider gibt es keinen Punkt im Menü um dieses Dimmen auszuschalten oder wenigstens zu verzögern. Wer mir das Gegenteil beweisen kann, bitte melden.
Update 24.04.2018: User Christoph hat mir soeben das Gegenteil bewiesen. Hier und ab 9.40 wirds erklärt.
Moiré teste ich, indem ich mit jeder Kamera einen schwarzweissen Kreis auf dem Bildschirm abfilme. Moiré definiert Wikipedia folgendermassen:
Der Moiré-Effekt bezeichnet ein scheinbares grobes Raster, das aufgrund der Überlagerung von regelmässigen, feineren Rastern entsteht. Das sich ergebende Muster, dessen Aussehen den Mustern aus Interferenzen ähnlich ist, ist ein Spezialfall des Alias-Effekts durch Unterabtastung.

Moiré ist mit der GH5s eindeutig weniger klar sichtbar als mit der GH5 gefilmt. GH5s sowie Sony liegen in einem ähnlichen Rahmen.
Leser «Günterholz» wollte wissen, wie sich der Dynamikumfang gegenüber der Schwesterkamera verändert hat. Leider ist das nur sehr schwer zu testen. Laborbedinungen wären von Vorteil. Was ich aber sagen kann: Bei beiden Kameras kann mit dem Fotoprofil V-Log der Dynamikumfang um einige Blendenstufen erweitert werden. Diese sollten auch wegen des selben Profils in ähnlichem Rahmen liegen.
Die Fragen von “MakeAppsNotWar” und “[Anonymous]” müssten weiter oben beantwortet worden sein.
Soll ich mir jetzt die GH5 oder die GH5s kaufen?
Bist du mehr als ein ambitionierter Filmemacher und hast vor, auch grössere, professionelle Projekte umzusetzen? Dann bist du mit der GH5s definitiv besser bedient als mit der GH5. Dann allerdings reicht die Kamera alleine nicht. Slider, Gimbal, ein Cage für weiteres Zubehör wie Bildschirm sind zumindest nicht verkehrt.
Hast du vor, auch mal Fotos zu schiessen oder was aus der Hand zu filmen, sei dies eine kurze Reportage, eine Hochzeit oder ein Vlog für deinen YouTube Kanal, dann bist du mit der GH5 besser bedient. Der einzige grosse Negativpunkt dabei ist die eher dürftige Low Light Performance. Sei dir bewusst, dass alles über ISO 1600 kaum noch brauchbar ist.
Fakt ist aber: Die Panasonic GH5 sowie auch die GH5s sind grossartige Kameras.


Als Multimedia-Produzent ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, Inhalte auf vielfältige Art und Weise aufzubereiten. In meiner Freizeit zieht es mich in die Berge, sei es zum Skifahren, Mountainbiken oder Wandern. Und natürlich habe ich meine Kamera immer griffbereit, genauso wie meine FPV-Drohne.