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Phone ohne Charger: Sparen Apple und Samsung bei den kommenden Flaggschiffen?
Nach Apple soll auch Samsung darauf verzichten, einen Charger der Box beizulegen. Wirtschaftlich mag das sinnvoll sein, Kundenservice geht aber anders. Doch Apple und Samsung beachten nicht nur die Umwelt sondern auch die Realität in deinem Haushalt.
Die Gerüchteküche brodelt für einmal nicht mit «besserer Kamera für horrendes Geld» oder «Bildschirm mit grösserer Auflösung». Diesmal behauptet der Welt genauester Leaker, Ming-Chi Kuo, dass die iPhones ab dem iPhone 12 keine Kopfhörer mehr in der Box haben werden. Und keinen Charger mehr. Ob da noch ein Kabel sein wird, oder nicht, ist nicht bekannt. Samsung ziehe mit, berichtet die südkoreanische Nachrichtenseite ETNews.

Charger sollen künftig nur noch separat erhältlich sein. Für Geld, das du ausgeben sollst.
Geldmache oder Umweltschutz?
Geldmache, behaupten Kritiker. Wirtschaft und Umweltschutz, sagen Samsung und Apple. Denn Ming-Chi Kuo schreibt auf dem Apple-Portal 9to5Mac, dass Apple das Zubehör aus der Kiste entfernt, da die 5G-Komponenten teuer sind. Damit Apple den Preis für ein iPhone 12 – es soll in etwa so viel kosten wie das iPhone 11 – möglichst tief halten kann, verzichtet der Konzern auf die Beilage des Chargers. Wenn du einen neuen Charger willst, dann musst du zusätzlich Geld liegen lassen, schlimmstenfalls sogar ein Kabel dazu kaufen.
Sprich: Rund 55 Franken extra für dein iPhone, nur damit du dein Phone aufladen kannst?
Die Kopfhörer sollen verschwinden, damit die Verkäufe von AirPods zusätzlich angekurbelt werden. Nochmal 150 Franken mehr. Mindestens.
Bei Samsung sieht die Rechnung ähnlich aus:
Beim Charger ist zwar sogar ein Kabel dabei, aber trotzdem, zum S21 (oder S30?) sollst du nochmal 180 Franken ausgeben. Nur damit du minimalen Funktionen erhältst.
Samsung zuckt mit den Schultern und hat Recht
Smartphones gehören seit über zehn Jahren zum Alltag. Wenn du dein Phone, wie der Schnitt in der Schweiz, alle zwei Jahre wechselst, dann hast du bis dato fünf Smartphones gehabt. Samsung hat das erkannt und gibt im Artikel ET News an, dass einer der Gründe, dass der südkoreanische Gigant den Charger entfernt, der sei, dass du ohnehin schon einen hast. Dasselbe gilt für Kabel und Kopfhörer. Denn wie hörst du jeden Tag Musik in der S14?
Denn eines wird oft ausser Acht gelassen, wenn ich nach einem «iPhone-Ladegerät» oder einem «Samsung-Kabel» gefragt werde: Der USB-Standard. USB steht für «Universal Serial Bus» und bei Chargern bedeutet das, dass jedes Phone von jedem Charger aufgeladen werden kann. Sprich: Du kannst ein Samsung Phone mit einem Nokia Charger aufladen. Das USB-Kabel, das mit deinem Oppo Phone geliefert wurde, kann auch dein Macbook laden, wenn du es an den Apple Powerbrick anschliesst. Die grosse Ausnahme ist da das iPhone, aber wenn du ein Lightning-Kabel hast, dann kannst du einen beliebigen USB Charger verwenden, um deinen Akku aufzuladen.

Das Ganze kommt mit einem «Aber». Aufladen geht, die Frage ist nur wie schnell. Apples schnellster, separat erhältlicher Charger liefert dir Geschwindigkeiten von bis zu 20 Watt. Ich weiss, dass Watt keine Geschwindigkeit ist, aber im Kontext der Smartphone Charger wird die Geschwindigkeit, mit der ein Gerät maximal geladen werden kann, in Watt angegeben. Oppo führt das Feld derzeit mit 65 Watt an.
Was passiert, wenn du ein iPhone, das vom Hersteller mit bis zu 20 Watt geladen wird, an einen 65 Watt Charger hängst. Explodiert es dann? Hast du freilaufenden Strom in deiner Wohnung? Nichts passiert. Das System-on-a-Chip (SoC) blockiert die vorigen 45 Watt, die nicht gebraucht werden. Das iPhone lädt normal auf. Wenn du ein Natel auflädst, das mit bis zu 65 Watt geladen werden kann und mit einem 5 Watt Charger lädt, dann dauert das einfach länger. Ausnahmen sind bisher noch Laptops, die über USB-C geladen werden können. Sie brauchen etwas mehr Saft und daher einen anderen Charger.

Ich empfehle ohnehin, den Charger des Smartphones in der Box zu lassen und der Ladegeschwindigkeit zuliebe einen Extra-Charger zu kaufen. Das kann ein Reisecharger sein oder ein 40-Watt-Charger aus dem Hause Huawei.
Der Grund für diesen Rat: Hersteller legen in der Regel deinem neuen Phone keinen teuren schnellen Charger bei. Apples iPhone 11 Pro Max verträgt bis zu 20 Watt, der Charger in der Box liefert aber maximal 5 Watt. Damit ist Apple nicht allein.
Das Geschäft mit den Chargern, übrigens, rentiert. Hersteller dürften an einem Charger mehr Geld verdienen als an einem Smartphone. Denn der Smartphone-Markt ist hart umkämpft und du kaufst dir eines alle paar Jahre. Da müssen Preise attraktiver sein, vor allem wenn sie sich nördlich von 1000 Franken bewegen. Was sind da schon 40 Stutz einmal im Jahr, wenn du deinen Charger verlierst? Oder noch praktischer: Ein Charger beim Bett, einer im Wohnzimmer, einer im Büro?
Daher: Die Charger-Diskussion ist müssig. Die Entfernung des Chargers aus der Box ist vernünftig, da der mitgelieferte Charger oft sowieso schwächer ist, als das, was du dir dazukaufen kannst. Dazu hast du ohnehin eine Handvoll Charger zu Hause rumliegen. Und wenn, dann bist du besser dran, wenn du dir einen guten Charger dazukaufst. Dasselbe gilt für Kopfhörer: Extra gekaufte sind in der Regel besser.
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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.