Push, Pull und Push/Pull: WTF?
AIOs – All-in-One-Wasserkühlungen – sind der Einstieg in wassergekühlte PCs: Sie sind schnell montiert und brauchen wenig Pflege. Obwohl sie im Vergleich zu Custom-Wasserkühlungen simpel sind, haben sie einige Gemeinsamkeiten. Eine davon ist der Einfluss der Lüfterplatzierung auf die Kühlleistung.
User khrys_neotk hat sich die Kraken x62 zugelegt, eine AIO von NZXT. In seiner Bewertung schreibt er, dass er eine Push/Pull-Konfiguration eingerichtet hat. Damit hat er die Durchschnittstemperatur um durchschnittlich neun Grad gesenkt. Falls dir das alles nichts sagt: Nicht schlimm, ich erklär’s gleich.
Mit seinem Kommentar hat es khrys_neotk in unsere Community-Kampagne geschafft. Ich will selbst wissen, welchen Einfluss die Lüfterplatzierung auf die Kühlleistung von AIOs hat.
Push, Pull oder doch Push/Pull?
Lüfter lassen sich auf beiden Seiten des Radiators anbringen. Wenn die Lüfter vor dem Radiator platziert sind und Luft durch ihn durch drücken, wird das «Push» genannt. Sind die Lüfter hinter dem Radiator platziert und ziehen die Luft durch ihn hindurch, wird das «Pull» genannt. Wenn die Lüfter hinter und vor dem Radiator platziert sind – die vorderen Lüfter also die Luft durch den Radiator drücken und die hinteren gleichzeitig ziehen –, ist das eine Push/Pull-Konfiguration.
Je mehr Luft durch die Lamellen des Radiators dringt, desto besser kühlt dieser wiederum die Flüssigkeit der Wasserkühlung. Eine Push/Pull-Konfiguration ist auf dem Papier also am effizientesten. Das trifft bei dickeren Radiatoren und/oder solchen mit dicht beieinander liegenden Lamellen umso mehr zu: Hier ist mehr statischer Druck nötig, um frische Luft durch den Radiator zu transportieren. Selbstverständlich ist das nicht der einzige Faktor, der die Kühleffizienz einer Wasserkühlung beeinflusst. So spielt die Grösse des Radiators eine erhebliche Rolle: Breitere und dickere Radiatoren bieten mehr Oberfläche und können daher besser kühlen. Grösser ist also doch besser.
Bei einer pfannenfertigen AIO sind die Möglichkeiten begrenzt – einfach so erweitern kannst du sie nicht. Du steckst bei der Grösse, die du dir gekauft hast, fest. Wenn du die Kühleffizienz einer AIO verbessern willst, bleibt dir nichts anderes übrig, als eine Push/Pull-Konfiguration zu wählen – wenn du denn Platz in deinem Gehäuse dafür hast. Aber wieviel hilft dir ein Push/Pull-Setting tatsächlich?
Das Testszenario
Um zu testen, wie sich die Lüfterkonfiguration auf die Kühlleistung auswirkt, habe ich alle drei Konfigurationen am Streamer-PC von Kollege Philipp Rüegg getestet. Bei diesem wird ein Ryzen 7 2700X mit der Kraken x52 – die kleine Schwester der Kraken x62 – gekühlt. Hier findest du alle Komponenten des Systems. Die Kraken x52 kommt mit einem 240 Radiator und zwei 120 mm Lüftern. Die Kraken x62 hat hingegen einen 280 Radiator mit zwei 140 mm Lüftern. Mehr Oberfläche trifft bei der x62 auf mehr Luftzug im Gegensatz zur x52.
Dieser Unterschied ist für den Test jedoch unerheblich. Du kannst davon ausgehen, dass die Resultate beim x62 ähnlich sind – einfach mit tieferen Temperaturen. Für den Test verwende ich den Stresstest Heavyload. Dabei wähle ich nur die Option, den Prozessor an seine Leistungsgrenzen zu bringen. Alle acht Kerne des Ryzen 7 2700X sind so während zehn Minuten, im 23 Grad warmen Büro, zu 100 Prozent ausgelastet. Ich wähle zehn Minuten, weil sich die Temperatur nach etwa fünf Minuten einpendelt und nicht mehr steigt. Die zwei 120 mm Lüfter am Radiator laufen mit 1000 von 1500 möglichen rpm.
Bei den Push- und Pull-Tests setze ich auf die mitgelieferten Lüfter von NZXT. Da ich nur zwei Lüfter von NZXT zur Verfügung habe, verwende ich bei der Push/Pull-Konfiguration zwei zusätzliche LL120-Lüfter von Corsair.
Der Airflow wird immer durch das Gehäuse begrenzt. Deshalb stelle ich den Radiator mitsamt Lüftern neben das Gehäuse. So eliminiere ich das Gehäuse als beschränkenden Faktor für den Airflow. Würde ich den Test im Gehäuse machen, könnte dieses die Resultate beeinflussen. Je nach Gehäuse kann eine Push- oder Pull-Konfiguration besser für die Kühlleistung der Wasserkühlung sein. Ich will unabhängig vom Gehäuse testen.
Die Testergebnisse
Der Test liefert die erwarteten Ergebnisse: Die Push/Pull-Konfiguration kühlt den Ryzen 7 2700X am effizientesten. Die Push- und Pull-Konfigurationen liegen drei Grad auseinander:
Pull: 58 °C
Push: 55 °C
Push/Pull: 53 °C
Je nach Gehäuse können die Temperaturunterschiede aber noch grösser sein. User khrys_neotk meint, dass er neun Grad tiefere Temperaturen mit Push/Pull erreicht hat. Ich kann mir vorstellen, dass es auch an seinem Gehäuse liegt, eventuell können die Lüfter nicht genug Luft anziehen.
Dass Push effizienter ist als Pull, leuchtet mir ein: Die Lüfter können aus allen Richtungen Luft anziehen, bei Pull können sie nur von vorne durch den Radiator anziehen.
Ich teste auch noch kurz, wie die Temperaturen beim Testszenario mit verbautem Radiator im Gehäuse in der Push-Konfiguration sind. Das Gehäuse spielt tatsächlich eine grosse Rolle: Die Temperatur ist mit 62 °C um sieben Grad höher als bei der Push-Konfiguration ausserhalb des Gehäuses.
Übrigens: In seiner Bewertung schreibt User khrys_neotk auch, dass er von einer Montage des Radiators vorne im Gehäuse abrät. Dies, weil er meint, dass die heisse Luft des Radiators das Gehäuse noch zusätzlich erhitzt. Das stimmt nicht in jedem Fall. In den meisten Fällen ist es sogar besser, den Radiator vorne zu montieren.
In einem Youtube-Video testet Kyle Hansen von Bitwit, was für einen Einfluss der Montageort von Radiatoren auf die Temperatur hat. Er findet heraus, dass die Abwärme des Radiators bei front-montierten Radiatoren keinen grossen Einfluss hat. Die Temperatur, die so ins Innere dringt, ist immer noch tiefer als die Temperatur im Inneren des Gehäuses, die durch Abwärme der Komponenten entsteht. Seine Resultate zeigen, dass oben montierte Radiatoren sogar weniger effizient kühlen können als vorne montierte.
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.