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Spotify und Mozilla einig: Apples neue EU-Regeln seien bewusst «so unangenehm wie möglich»

Jan Johannsen
29.1.2024

Spotify kritisiert Apples neue Downloadgebühr von 50 Cent. Mozilla ist nicht zufrieden damit, künftig zwei Versionen von Firefox für iOS entwickeln zu müssen.

Mit dem Digital Markets Act (DMA) will die EU die Macht von Digitalkonzernen brechen. Dadurch sollen Nutzer und Nutzerinnen mehr Alternativen haben und kleineren Unternehmen soll eine Chance gegeben werden, auf dem Markt mitmischen zu können. Als sogenannter Gatekeeper, also «Türsteher», der Bereiche mit großen Nutzerzahlen dominiert, ist unter anderem Apple genannt worden. Bis zum 6. März muss der Konzern die neuen EU-Vorgaben einhalten. Dafür hat Apple erst kürzlich seine Pläne für iOS vorgestellt.

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    Alternative App Stores und Zahlungsmethoden: Apples radikale Änderungen in der EU

    von Jan Johannsen

Zufrieden sind aber längst nicht alle. Die lauteste Kritik erntet Apple vom Musik-Streamingdienst Spotify und Internetbrowser-Anbieter Mozilla, die eigentlich von den Änderungen profitieren sollten. Denn es scheint, als hätte es der iPhone-Konzern geschafft, die EU-Vorgaben zu erfüllen, ohne seinen Einfluss einschränken zu müssen.

50 Cent pro App-Download

Spotify wirft Apple vor, mit den neuen Regeln dafür zu sorgen, dass alles beim Alten bleibt. Stein des Anstoßes ist eine Gebühr von 50 Cent pro App-Download.

Bisher kassiert Apple von Drittanbietern wie etwa Spotify eine Provision von 30 Prozent bei allen Zahlungen, die von Kundinnen und Kunden für oder in iOS-Apps abgewickelt werden. Um die DMA-Regeln zu erfüllen, erlaubt Apple nun alternative Zahlungsmethoden, die nicht über Apple laufen. Zum Beispiel in Form eines eigenen Shops innerhalb der App, der nicht nur Apple Pay anbietet. 2020 versuchte Epic Games in der Mobile-Version von «Fortnite», mit so einem Shop die unbeliebten Provisionen Apples zu umgehen – und wurde dafür prompt von Apple aus dem App Store verbannt. Die daraufhin entfachten Gerichtsverhandlungen, wer im Recht oder Unrecht ist, führten unter anderem zum DMA der EU, die entschied, dass Apple als Gatekeeper zu viel Macht ausgeübt hat.

Ab dem März 2024 erlaubt Apple solche alternative Zahlungsformen in der EU. Wer diese für seine Apps nutzt, zahlt zwar nur noch 17 Prozent Provision, aber zusätzlich besagte Gebühr von 50 Cent pro App-Download: die sogenannte «Core Technology Fee». Die erste Million Downloads pro Jahr ist noch kostenlos, aber danach sorgen die 50 Cent dafür, dass es sich für Spotify nach eigenen Angaben finanziell nicht lohnt, Apples derzeitiges Provisions-System zu verlassen.

The only conclusion is: Apple is forcing developers to stay with the status quo.
Spotify in einem Statement zu Apples-Umsetzung der DMA-Regeln.

Die Gebühr wird zwar nur alle zwölf Monate fällig und nur einmal pro Account, aber dabei spielt es keine Rolle, ob der Download auf ein neues Gerät erfolgt, ein Update der App ist oder eine Neu-Installation. Spotify spricht davon, in der EU 100 Millionen Nutzer und Nutzerinnen unter iOS zu haben. Der Musik-Streamingdienst würde somit etwa 50 Millionen Euro Downloadgebühr jährlich an Apple zahlen. Wie viel es bisher mit der 30-Prozent-Regel sind, verrät Spotify allerdings nicht.

Der obere Absatz ist korrigiert worden. Anders als zuerst angenommen, kassiert Apple die Downloadgebühr pro App nur einmal alle 12 Monate pro Apple-Account und nicht mehrfach.

Die ab März theoretisch möglichen alternativen App-Stores für iOS, die nicht von Apple betrieben werden, sind für Spotify auch keine Lösung. Denn auch von diesen verlangt Apple 50 Cent. Dass Spotify seine ganze Community zu einem anderen App-Store unter iOS mitnehmen kann, bleibt aber fraglich.

Microsoft schließt sich der Kritik an - Ergänzung vom 30. Januar 2024

«Apples neue Richtlinie ist ein Schritt in die falsche Richtung.» Mit dieser Feststellung schließt sich Sarah Bond auf X (Ex-Twitter) der Kritik von Spotify. Da sie die Xbox-Chefin ist und von «wir» spricht, dürfte diese Aussage stellvertretend für Microsoft stehen.

Mehraufwand für Browser-Anbieter

Bisher müssen alle Browser unter iOS den gleichen technischen Unterbau nutzen. Diese sogenannte Engine heißt Webkit und gehört zum Safari-Browser von Apple. Ab März sollen Drittanbieter von iOS-Browser in der EU eine andere Engine als Webkit benutzen dürfen. Chrome, Firefox und Co. könnten dann auch unter iOS ihre eigenen Engines verwenden. Damit erhalten sie weitere Möglichkeiten, sich durch Leistung, Funktionen oder Erweiterungen von Safari zu unterscheiden.

Gegenüber «The Verge» zeigt sich Mozilla-Sprecher Damiano DeMonte trotzdem «sehr enttäuscht von den Entwicklungen. Noch sei man zwar dabei, die technischen Details zu prüfen, so DeMonte, aber es sei bereits jetzt klar, dass die Lockerungen nur für die EU gelten.

Sollte Mozilla nun den Schritt gehen und die eigene Engine Gecko für Firefox unter iOS nutzen, entsteht dadurch ein Mehraufwand bei der Programmierung: Anders als Apple, die weiterhin Webkit für Safari weltweit nutzen, müsste Mozilla zwei Varianten seines Browsers programmieren – eine für die EU und eine für den Rest der Welt.

Bereits Anfang 2023 gab es zwar Berichte, dass Google und Mozilla an iOS-Browsern ohne Webkit arbeiten. Aber anders als Google dürfte Mozilla als Non-Profit-Organisation über weniger finanzielle Mittel verfügen, um zwei Versionen eines Browsers zu pflegen.

Mozilla-Sprecher DeMonte sieht Apples Entscheidung als weiteres Beispiel dafür, wie der Konzern Hürden schafft, um einen echten Browser-Wettbewerb in iOS zu verhindern.

Zustimmung der EU steht noch aus

Das letzte Wort ist bei Apples neuen Regelungen noch nicht gesprochen. Die EU muss noch entscheiden, ob sie den Anforderungen des DMA genügen oder nicht. Es könnte also noch Nachbesserungen geben, die Mozilla, Spotify und Co. zufriedener machen. Die Aussicht, noch etwas verändern zu können, dürfte mit ein Grund für Spotify sein, sich so zügig und ausführlich zu Apples Plänen zu äußern. Es könnte aber sein, dass Apples Rechtsabteilung es geschafft hat, die juristischen Anforderungen zu erfüllen und trotzdem Änderungen am Status Quo nahezu unmöglich zu machen.

Titelfoto: Jan Johannsen

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Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Digitec und Galaxus. 

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